Judaswiege: Thriller
Raum, sondern Susan tippt ihn für sämtliche Truthleaks-Mitarbeiter auf der ganzen Welt in ein Chatprogramm. Am Ende deines Berichts schauen wir uns die Filme gemeinsam an, und dann entscheiden wir, was das Richtige ist, einverstanden?«
Adam nickte.
»Gut, dann fang am besten ganz von vorne an. Wann hast du zum ersten Mal von den Gopher-Tapes gehört?«
Adam räusperte sich und bemühte sich sichtlich um eine möglichst präzise Wiedergabe der Ereignisse: »Das erste Mal gehört habe ich von den Gopher-Tapes im Sommer letzten Jahres. In der Szene gingen Gerüchte um, dass es einen neuen Prozenten …«
»Sorry, Adam, hätte ich sagen sollen. Fang doch bitte kurz mit deinem persönlichen Background an, damit wir das besser einordnen können«, bat Vittorio und hoffte, seinem Freund damit nicht auf den Schlips zu treten.
»Okay, klar. Die Sache ist neu für mich.«
Vittorio konnte kein Zeichen von Verstimmung erkennen und nickte ihm aufmunternd zu.
»Mein Name ist Adam Spillane, und ich bin Besitzer des O-Store, eines Privatclubs hier in San Francisco.«
Vittorio blieb der Mund offen stehen. Er hatte nicht gewusst, dass seinem Freund der Laden gehörte. Zumindest Susan schien den Namen schon einmal gehört zu haben, bei den beiden Jungs war er sich nicht so sicher. Ob Susan ahnte, dass er mit Virginia diese Partys besuchte? Wahrscheinlich. Ist aber egal, wir sind ja hier schließlich nicht in einem regulären Büro, entschied Vittorio und konzentrierte sich wieder auf Adams Vortrag.
»Der O-Store ist eine Mischung aus Disco, Privatclub und Folsom Street Festival. Eine Art Mekka der Lack-und-Leder-Community, obwohl bei uns jeder willkommen ist, der weltoffen und wenig bis gar nicht verklemmt durchs Leben geht. Bei uns kannst du einen Abend einfach nur tanzen. Oder auch mehr. Was du tust, stört niemand, und der Club garantiert, dass wir unter uns bleiben … Aber Verzeihung, ich schweife ab. Zurück zum Thema: Das erste Mal gehört habe ich von den Gopher-Tapes im Sommer letzten Jahres. Etwa im Juni gab es Gerüchte in der Szene über einen neuen Filmproduzenten, der besonders realistische Rollenspiele aus der Sado-Maso-Ecke inszenierte.«
Jetzt sehen sie alle drei aus wie erschrockene Gäste einer Dauerwerbesendung, stellte Vittorio fest. Er hoffte, dass keiner umkippte, wenn sie die Filme sahen. Er hatte sie heute Morgen beim Kaffee angeschaut und sich danach geweigert, das Croissant aufzuessen, ohne es Virginia gegenüber zu begründen. Das, was Adam hier als »eventuell zu realistisches Rollenspiel« verklausulierte, ging weit über seine persönliche Toleranzgrenze hinaus. Aber die war bei Menschen ja bekanntermaßen sehr unterschiedlich gesteckt, und die Sequenzen, die über Adams Schmerzgrenze lagen, hatte er noch nicht angeschaut. Vielleicht würde er mit Adam einen Drink nehmen müssen, bevor er mit diesen Eindrücken nach Hause gehen konnte.
»Die kurzen Sequenzen vom letzten Jahr sahen absolut vielversprechend aus. Ein sehr natürliches Model, keine Ballontitten, keine aufgespritzten Lippen, eine Handlung, die aussah, als wäre sie über Wochen gedreht worden. Alles sehr aufwändig, sehr teuer, obwohl die Kameraführung alles andere als professionell war, aber vielleicht war das gerade Teil des Reizes. Kurzum: Die Szene war begeistert, alle wollten mehr davon. Und es begann eine regelrechte Jagd, um herauszufinden, wer der geniale Produzent war.
Die arrivierten Studios winkten allesamt ab, versprachen aber, den Mann groß rauszubringen, wenn er denn aufzutreiben sei. Es tauchten immer mehr Minisequenzen auf – selten länger als zwanzig Sekunden. Aber es waren immer dieselben Models, sodass wir vermuteten, es muss noch mehr Material geben. Aber die Produzenten, wer auch immer das war, fütterten stets nur kleine Häppchen. Einige Fans machten sich daran, die Schnipsel aneinanderzuschneiden, um längere, zusammenhängende Szenen zu bekommen, und daher haben sie ihren Namen: die Gopher-Tapes. Versteht ihr? Wie das Klebeband.«
Susan nickte und unterdrückte ein Gähnen. Sie fragt sich, was Sado-Pornos mit uns zu tun haben, jede Wette, dachte Adam. Na warte es nur ab, Susan.
»Jedenfalls gibt es mittlerweile drei Shoots mit drei unterschiedlichen Models und davon jeweils Material von etwa zehn Minuten. Allerdings mit einigen Lücken, wie ihr gleich sehen werdet. Und der Grund, warum ich hier bin, ist der letzte Film. Die ersten Gophers, so nennen wir die Schnipsel mittlerweile, tauchten Mitte
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