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Judaswiege: Thriller

Judaswiege: Thriller

Titel: Judaswiege: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Berkeley
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er sich kurz mit Adam besprach. Sehr witzig, Schatz. Vittorio schnappte sich seinen Gin Tonic von der Bar und folgte Adam durch die Menschenmenge in den Garten.
    Während er sich drinnen noch durch schwitzende und zuckende Leiber auf der Tanzfläche drücken musste, herrschte in dem »Garten« genannten Teil des Clubs eine gänzlich andere Atmosphäre. Er betrat die quadratische, mehrere Hundert Quadratmeter große Fläche, die inmitten der hoch aufgeschossenen Skyscraper lag. Die Fläche wurde von dichten Sträuchern in Reihen unterteilt und von großen Fackeln beleuchtet, die eine fast karibische Atmosphäre verbreiteten. Wären da nicht die Frauen gewesen, die Spalier standen.
    Zum Garten hatten nur ausgewählte Mitglieder des Clubs Zutritt, und es brachte gewisse Privilegien mit sich. Aber auch gewisse Pflichten, und so musterte Vittorio artig die Frauen. Wie es die Regeln wollten, standen sie kerzengerade und blickten starr geradeaus. Die Erste in der Reihe trug nichts als einen Halsreif aus Metall, der in dem Schein der Fackeln glänzte. Ihre blonde Mähne fiel ihr weit in den Rücken. Vittorio lächelte ihr zu. Sie verzog keine Miene, aber ihre Blicke verrieten ihm ein freundliches Hallo. Sie kannten sich. Von früher. Aber seit Virginia hatte er sie nicht mehr getroffen, sie nahmen nur ab und zu noch einen Drink zusammen und unterhielten sich über vergangene Zeiten. Vittorio nahm sich Zeit für das Ritual, auch das war wichtig, und zollte den Frauen Respekt, eine der wichtigsten Grundregeln. Viele Außenstehende konnten das Spiel von Macht und Vertrauen, auf dem ihr eigenwilliger Lebensstil und auch ein Teil ihrer Sexualität beruhte, nicht verstehen. Die meisten erlagen dem Irrglauben, dass Menschen ihres Schlags ausschließlich nach ihren Praktiken liebten, aber das war für die große Mehrheit nicht der Fall. Es war eine Spielart von vielen, und seine Liebe zu Virginia sah neben ihren gelegentlichen Ausflügen weit mehr Zärtlichkeit vor, als die meisten Paare für sich übrig hatten, davon war Vittorio überzeugt.
    Als er die letzte der Frauen, die eine Art Pferdegeschirr mit bunten Federn über dem Kopf trug, stumm begrüßt hatte, setzte er sich neben Adam an die Bar, ein schwarzes Monstrum aus Stein, hinter dem die besten Barkeeper des Clubs die Drinks mixten. Er bestellte einen Whiskey Sour und blickte Adam erwartungsvoll an. Das freundliche Grinsen war verschwunden, stattdessen sah Adam besorgt aus.
    »Sag mal, du kennst dich doch mit Computern aus, oder?«
    Vittorio nickte. Er arbeitete als Programmierer bei einer großen Softwarefirma. Und obwohl er überhaupt nicht aussah wie ein Computerexperte, war er einer der besten Programmierer im Valley, wie die Gegend südlich von San Francisco genannt wurde, die neben Google und Apple auch weniger bekannte, aber dafür nicht weniger erfolgreiche Firmen wie Cisco hervorgebracht hatte.
    »Ich habe da etwas gefunden, das kommt mir nicht richtig vor, Vito.«
    »Inwiefern nicht richtig?«
    »Sagen dir die Gopher-Tapes etwas?«, fragte er.
    »Meinst du die Klebestreifen oder die Filme?«, fragte Vittorio. Gopher-Tape war zum einen ein lösliches und flexibles, aber dennoch besonders starkes Klebeband aus der Filmindustrie, das sich in SM-Kreisen zur schnellen Fesselung oder als unkomplizierter Knebel großer Beliebtheit erfreute, zum anderen stand es in der Szene für eine Reihe von Filmschnipseln, von denen niemals jemand den ganzen Film gesehen hatte. Es war hartes SM-Material, und keiner wusste, woher es kam. Selbst »der Kritiker«, ebenso wie Vittorio und Adam ein Urgestein der Szene und mittlerweile über siebzig Jahre alt, der jeden Film kannte, hatte keine Ahnung, wo sie herkamen. Das war für eine so kleine Szene wie die globale SM-Community die absolute Ausnahme. Und da sie ebenso geheimnisvoll wie unvollständig waren und immer nur aus kurzen, wenige Minuten langen Sequenzen bestanden, die man aneinanderschneiden musste, um sie am Stück anschauen zu können, hatte sich der Name »The Gopher-Tapes« dafür eingebürgert.
    »Sehr witzig, Vittorio. Leider ist das gar nicht komisch. Natürlich geht es um die Filme. Gestern hat mir der Kritiker den neuesten Schnipsel gezeigt. Und der ist anders.«
    »Inwiefern anders?«, wollte Vittorio wissen, der mittlerweile neugierig geworden war.
    »Ich glaube nicht mehr, dass die Gopher-Tapes reguläres und einfach nur besonders aufwändig produziertes Material sind, Vito.« Er seufzte und machte den Eindruck, als

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