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Judith McNaught

Judith McNaught

Titel: Judith McNaught Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Legenden der Liebe
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sehen, daß
sie sich beherrschen mußte, um nicht einfach Sherrys Hand zu ergreifen und die
jüngere Frau die Treppe hinunter in den Salon zu ziehen, wo er mit Nicki und
Miss Charity wartete.

Neunundzwanzigstes Kapitel

    Ursprünglich hatte Stephen der Gedanke
erheitert, daß er Nicholas DuVille zwingen würde, einen großen Teil des Abends
bei Almack's zu verbringen – und das unter den wachsamen Augen von Charity
Thornton –, aber jetzt, wo der Moment des Aufbruchs nahte, gefiel ihm sein
Scherz immer weniger. Als er im Salon saß und zuhörte, wie Miss Thornton und
DuVille miteinander plauderten, während sie auf Sherry warteten, fiel Stephen
auf, wie die alte Glucke an DuVilles Lippen hing und ihn bei jedem Wort
zustimmend anstrahlte – ein Verhalten, das Stephen bei einer Anstandsdame
nicht nur völlig unangebracht, sondern absolut unverständlich fand, wenn man
bedachte, daß DuVilles Ruf als Schürzenjäger legendär war.
    »Da sind sie!« rief Charity Thornton
aufgeregt aus und deutete mit dem Kopf in Richtung Halle. Mit einer Begeisterung
und Energie, wie sie sie die ganze Woche über nicht gezeigt hatte, sprang sie
auf die Füße. »Wir werden einen so wundervollen Abend verbringen! Kommen Sie,
Monsieur Du Ville«, rief sie und ergriff ihren Schal und ihr Handtäschchen.
    Stephen folgte ihnen in die
Eingangshalle, wo DuVille stehengeblieben war und wie gebannt auf die Treppe
starrte. Ein zustimmendes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. Stephen
folgte seinem Blick, und was er sah, erfüllte ihn mit unendlichem Stolz. In
einer goldbestickten Robe aus elfenbeinfarbenem Satin kam die gleiche Frau die
Treppe hinunter, die mit ihm in einem zu großen Frisiermantel und mit bloßen
Füßen zu Abend gegessen hatte. Wenn er bedachte, wie hinreißend sie damals
ausgesehen hatte, lag es im Grunde auf der Hand, daß sie in einer Abendrobe sensationell
aussehen würde – aber irgendwie war er darauf nicht vorbereitet gewesen. Ihr
Haar war aus der Stirn gekämmt und mit schmalen Perlenschnüren zu einer Krone
aufgetürmt und fiel von da aus in seidigen Locken und Wellen über ihre
Schultern. Sie raubte ihm den Atem.
    Das erkannte sie wohl auch, stellte
Stephen fest, denn obwohl sie in den letzten vier Tagen meistens durch ihn
hindurchgeblickt hatte, als sei er unsichtbar, sah sie ihn jetzt doch an ...
natürlich nur kurz. Nur ein flüchtiger Blick, um seine Reaktion zu sehen, die
er ihr auch nicht vorenthielt.
    »Madam«, sagte er, »nach dem
heutigen Abend werde ich eine Armee von Anstandsdamen einstellen müssen.«
    Bis zu diesem Moment war es Sherry
beinahe gelungen zu vergessen, daß der einzige Zweck dieses teuren Spiels darin
bestand, Bewerber anzulocken, damit er sie an einen anderen abgeben konnte,
sein unverhülltes Vergnügen jedoch bei dem Gedanken, sie würde beträchtliche
Aufmerksamkeit erregen, erinnerte sie quälend daran. Es schmerzte so tief – weil
es genau in dem Moment kam, als sie gedacht hatte, sie sähe hübsch aus, und
gehofft hatte, er fände das auch –, daß sie innerlich erstarrte. Während sie
ihm ihre Hand zu Kuß bot, sagte sie mit ruhiger, aber unmißverständlicher
Entschlossenheit: »Ich werde mein Bestes geben, damit Sie genau das tun
müssen.«
    Unerklärlicherweise zog er daraufhin
seine dunklen Brauen mißbilligend zusammen. »Bemühen Sie sich nur nicht zu
sehr; so entsteht ein schlechter Ruf.«

Dreißigstes Kapitel

    »Was war los, Damson?« Stephen blickte seinen
Kammerdiener im Spiegel an, während er heftig am letzten einer ganzen Reihe
von Knoten in seinem weißen Halstuch zog, dann beugte er sich vor und fuhr mit
der Hand über sein Kinn, um die Vollkommenheit seiner Rasur zu überprüfen.
    »Mr. Hodgkin meinte, Sie sollten
diesen Brief bekommen, bevor Sie gehen, für den Fall, daß er wichtig sei«,
erwiderte Damson und legte die zerknitterte Botschaft auf das Bett. Dann
widmete er sich der dringlicheren Aufgabe, darauf zu achten, daß der Earl für
einen Abend bei Almack's korrekt gekleidet war. Er holte eine formelle schwarze
Jacke mit langen Schößen aus einem der Schränke, klopfte sie ab und schüttelte nicht
vorhandene Falten heraus. Dann hielt er Stephen die Jacke hin und wartete, bis
er in die Ärmel geschlüpft war. Er fuhr mit den Händen glättend über die
Schultern, richtete die Vorderseite und trat zurück, um die exzellenten
Ergebnisse seiner Sorgfalt und Aufmerksamkeit zu begutachten.
    »Hat Hodgkin gesagt, von wem der
Brief ist?« fragte

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