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Judith McNaught

Judith McNaught

Titel: Judith McNaught Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Legenden der Liebe
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gehen
lassen. Vielleicht würde er sie um Verzeihung bitten für seine Gefühllosigkeit
letzte Nacht und sie auffordern zu bleiben.
    Während sie die Treppe hinunterging,
mußte sie ständig an diese quälend süße Phantasie denken. Die leise Hoffnung
ließ ihr Herz schneller schlagen. Sie trat in den Salon und schloß die Tür,
aber ihre Hoffnung starb in dem Augenblick, da er sich umdrehte und sie ansah.
In Hemd und Reithose gekleidet, die Hände in die Taschen geschoben, wirkte er
nicht nur äuQerst salopp, sondern auch völlig gleichgültig. »Sie wollten mich
sprechen?« fragte er höflich.
    Er stand in der Mitte des kleinen
Zimmers, und wenige Schritte brachten sie dicht an ihn heran. Mit einer Ruhe,
die sie keineswegs empfand, nickte Sheridan und sagte: »Ich wollte Ihnen
mitteilen, daß ich abreise. Ich wollte diesmal nur nicht einfach so
verschwinden wie bei der letzten Gelegenheit.«
    Sie wartete und forschte in dem
harten, zynischen Gesicht nach einem Zeichen dafür, daß er etwas für sie
empfand und daß ihn ihre Abreise schmerzte, nachdem sie ihm ihren Körper
geschenkt hatte. Statt dessen zog er die Brauen hoch, als wolle er sie
schweigend fragen, was sie nun von ihm erwartete.
    »Ich werde Ihr Angebot nicht
annehmen«, erklärte Sheridan. Sie konnte einfach nicht glauben, daß ihm eine
Entscheidung, die ihr ganzes Leben veränderte, überhaupt nichts bedeutete –
eine Entscheidung, die sie nach einer Nacht in seinen Armen getroffen hatte, in
der sie ihm ihre Jungfräulichkeit und ihre Ehre geopfert hatte.
    Er zuckte leicht mit den Schultern
und erwiderte gleichgültig: »Schön.«
    Das war es – dieses einzelne Wort
verwandelte ihre tiefe, gedemütigte Verzweiflung in unerträgliche Wut. Sie
drehte sich auf dem Absatz um und wollte hinausmarschieren, dann jedoch blieb
sie stehen und drehte sich um.
    »Ist noch etwas?« fragte er und sah
sie ungeduldig und gleichgültig an.
    Sheridan war so wütend und zugleich
so angetan von ihrer Absicht, daß sie ihn strahlend anlächelte, als sie wieder
auf ihn zutrat. »Ja«, sagte sie leichthin, »da ist noch etwas.«
    Arrogant fragend hob er eine
Augenbraue. »Was?«
    »Das!« Sie schlug ihm so fest ins
Gesicht, daß sein Kopf zur Seite flog, dann wich sie vor der Wut in seinem
Gesicht automatisch einen Schritt zurück und blieb bebend vor Zorn stehen. »Sie
sind ein herzloses, böses Ungeheuer, und ich kann es nicht fassen, daß ich
Ihnen letzte Nacht erlaubt habe, mich zu berühren! Ich fühle mich schmutzig und
benutzt ...«
    An seinem Kinn begann ein Muskel zu
zucken, aber Sheridan hatte noch mehr zu sagen, und sie war zu wütend, um zu
merken, wie mörderisch er aussah. »Es war eine Sünde, Sie letzte Nacht tun zu
lassen, was Sie getan haben, aber ich kann deswegen um Vergebung beten. Ich
werde mir jedoch nie meine Dummheit vergeben, daß ich Ihnen vertraut und Sie
geliebt habe!«
    Stephen sah zu, wie sie hinter sich
die Tür zuschlug. Er stand vollkommen bewegungslos da, unfähig, das Bild einer zornigen
Schönheit mit blitzenden silbrigen Augen und einem Gesicht voller Zorn und
Abscheu aus seinen Gedanken zu verbannen. Das Bild brannte sich ihm ein, und er
hörte immer noch ihre Stimme, die vor Gefühl bebte. »Ich werde mir jedoch
nie meine Dummheit vergeben, daß ich Ihnen vertraut und Sie geliebt habe!« Sie
hatte so ausgesehen und auch geklungen, als meine sie jedes einzelne Wort so,
das sie ihm entgegengeschleudert hatte, einschließlich des letzten Satzes. 0
Gott, sie war eine großartige Schauspielerin! Weit besser als Emily Lathrop.
Natürlich hatte Emily nicht Sheridans Unschuld oder ihr Temperament besessen.
Emily war kultiviert und zurückhaltend gewesen, deshalb hätte sie ihm eine
solche Szene nie gemacht.
    Andererseits hätte Emily ihm
wahrscheinlich auch nicht sein Angebot vor die Füße geworfen ...
    Eigentlich hatte er auch nicht
erwartet, daß Sheridan es ablehnen würde. Sie war klug und ehrgeizig genug
gewesen, den kurzen Gedächtnisverlust nach ihrem Unfall als eine vollständige
Amnesie zu nutzen, die wochenlang anzuhalten schien, und sie hätte es beinahe
geschafft, ihre gesellschaftliche Stellung von einer Gouvernante zu einer
Gräfin anzuheben. Der Vorschlag, den er ihr letzte Nacht gemacht hatte, hätte
sie zwar nicht zur Gräfin gemacht, aber ihr doch auf jeden Fall ein wesentlich
luxuriöseres Leben beschert, als sie es sonst erwarten konnte.
    Entweder war sie nicht so klug, wie
Stephen geglaubt hatte ...
    Oder sie war

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