Judith McNaught
nicht so ehrgeizig ...
Oder sie war nicht an Luxus
interessiert ...
Oder sie war die ganze Zeit über
unschuldig gewesen – so unschuldig, wie sie es in sexueller Hinsicht bis
gestern nacht gewesen war.
Stephen zögerte in Unbehagen,
verwarf jedoch dann die letzte Möglichkeit wieder. Unschuldige Menschen liefen
nicht weg und versteckten sich – jedenfalls nicht, wenn sie Sheridans Mut
besaßen.
Siebenundfünfzigstes Kapitel
Wegen Noels Geburtstag und in dem
vergeblichen Versuch, eine festliche Atmosphäre zu erhalten, verbot Whitney das
Thema Sheridan Bromleigh und ihre Abreise für den Rest des Wochenendes, doch
der mißlungene Versöhnungsversuch lag wie ein Schatten über den meisten Gästen
auf Claymore. Ein paar Stunden, nachdem Sheridan abgereist war, zogen
Sturmwolken auf und Regen setzte ein, der alle nach drinnen trieb, was die
weiblichen Gemüter noch niedergeschlagener stimmte. Nur Charity Thornton
schien für die Atmosphäre unempfindlich und so voller Energie, daß sie es ablehnte, sich den anderen Damen und
den meisten Männern anzuschließen, als diese sich auf ihre Zimmer zurückzogen,
um sich vor dem Abendessen ein wenig hinzulegen. In Wirklichkeit paßte die
Abwesenheit der anderen perfekt in ihre Pläne.
Mit übereinandergeschlagenen Beinen
und ihren Händen im Schoß saß sie auf einem Ledersofa im Billardzimmer und sah
zu, wie der Duke of Claymore mit Jason Fielding und Stephen Westmoreland eine
Partie Billard spielte. »Ich fand Billard schon immer sehr spannend«, log sie,
als Clayton gerade seinen Queue auf eine Kugel richtete und ihm sein Stoß
völlig mißlang. »War das Ihre Strategie – alle Kugeln auf dem Tisch zu
verfehlen, damit Langford jetzt mit ihnen zurechtkommen muß?« fragte sie
heiter.
»Das ist eine interessante
Sichtweise«, erwiderte Clayton trocken. Er unterdrückte seinen Arger über ihre
Einmischung, durch die ihm sein Stoß mißglückt war.
»Und was geschieht jetzt?«
Jason Fielding antwortete
schmunzelnd: »Jetzt ist Stephen an der Reihe, und von uns hat keiner mehr eine
Chance in diesem Spiel.«
»Oh, ich verstehe.« Charity lächelte
ihr ahnungsloses Opfer unschuldig an, während dieser irgend etwas auf das Ende
seines Queues rieb und sich über den Tisch beugte. ''Bedeutet das, daß Sie
hier der geschickteste Spieler sind, Langford?«
Beim Klang seines Namens blickte er
auf, aber Charity hatte das Gefühl, daß er weder zuhörte noch sich auf das Spiel
konzentrierte. Seit Sheridan abgereist war, schaute er so finster drein wie der
Tod. Aber als er jetzt seinen Stoß ausführte, schlugen die Bälle aneinander
und gegen die Banden, und drei von ihnen rollten in die Löcher.
»Netter Stoß, Stephen«, sagte Jason,
und Charity sah die Gelegenheit gekommen, auf die sie gewartet hatte.
»Ich genieße die Gesellschaft von
Herren so sehr«, verkündete sie plötzlich, während sie zusah, wie Clayton
Westmoreland Madeira in die Gläser seiner Gäste goß.
»Warum?« erkundigte er sich höflich.
»Mein eigenes Geschlecht kann recht
kleinlich und ohne jeden Grund rachsüchtig sein«, bemerkte sie, während Stephen
zielte und seinen nächsten Stoß tat. »Aber Herren sind so treu und loyal ihrem
eigenen Geschlecht gegenüber. Nehmen Sie Wakefield zum Beispiel«, führte sie
aus und lächelte Jason Fielding, Marquess of Wakefield, zustimmend an. »Wären
Sie eine Frau, Wakefield, wären Sie vielleicht auf Langfords hervorragenden
Stoß eben eifersüchtig gewesen, aber Sie waren es nicht, oder?«
»Doch«, scherzte Jason, fügte aber,
als er sah, wie sie enttäuscht das Gesicht verzog, gleich hinzu: »Nein, natürlich
nicht, Ma'am.«
»Wie ich gesagt habe!« frohlockte
Charity, während Stephen für seinen nächsten Stoß um den Tisch herumging. »Und
wissen Sie, wer mir immer sofort in den Sinn kommt, wenn ich über Loyalität und
Freundschaft unter Männern nachdenke?«
»Nein, wer?« fragte Clayton, der
zusah, wie Stephen seinen nächsten Stoß vorbereitete und zielte.
»Nicholas
DuVille und Langford!«
Die Kugel glitt seitlich weg von
Stephens Queue und rollte an die Bande, wo sie die Kugel, die sie eigentlich
hätte treffen sollen, nur leicht antippte. Diese Kugel rollte langsam auf das Loch
zu, verharrte kurz an der Kante und fiel schließlich hinein. »Das war kein
Können, sondern reines Glück«, kommentierte Jason. In einem Versuch, vom Thema
abzulenken, fügte ~r hinzu: »Hast du jemals ausgerechnet, wie oft du ein Spiel
durch Glück statt durch
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