Judith McNaught
Mitglieder seit
vielen Jahren Wetten auf alle möglichen Arten von Ereignissen eintrugen.
Unter den Einträgen gab es Wetten auf den Ausbruch eines Krieges, Wetten auf
das mögliche Todesdatum eines Verwandten, der ein Vermögen zu vererben hatte,
Wetten auf die voraussichtlichen Gewinner im Kampf um die Huld einer Frau und
sogar Wetten auf ein bevorstehendes Rennen zwischen zwei preisgekrönten
Schweinen, die zwei Clubmitgliedern gehörten.
An einem Tisch im hinteren Teil
eines Kartenzimmers spielte William Baskerville Whist mit dem Duke of Stanhope
und Nicholas DuVille. Aus Kameradschaft hatten die drei Männer zwei blutjungen
Gentlemen aus gutem Haus gestattet, sich ihnen anzuschließen. Die beiden
Neulinge waren Stutzer ersten Ranges, sportbegeistert und begierig darauf, sich
in der Stadt einen Namen zu machen, indem sie sich vor allem in den männlichen
Tugenden des Spielens und Trinkens auszeichneten. Das Gespräch am Tisch
schleppte sich nur langsam und belanglos dahin, doch um so schneller setzte man
gewaltige Wettsummen ein. »Wo wir gerade von Peitschenschwingern sprechen«,
bemerkte einer der jungen Herren, der bisher nur wenig gesagt hatte, »ich habe
Langford schon seit einer Woche nicht mehr im Hyde Park gesehen.«
William Baskerville, der gerade
seine Spielchips zählte, antwortete: »Ich glaube, sein Neffe hat Geburtstag.
Die Duchess of Claymore gibt ein kleines Fest deswegen. Nette Frau, die
Herzogin«, fügte er hinzu. »Ich sage das jedesmal zu Claymore, wenn ich ihn
sehe.« Mit einem Blick auf Nicholas DuVille, der links neben ihm saß, meinte
er: »Ich glaube, Sie waren mit der Herzogin in Frankreich befreundet, bevor sie
zurück nach England kam, stimmt's?«
Nicki nickte, ohne von seinen Karten
aufzublicken, dann fügte er automatisch hinzu, um jeden Klatsch im Keim zu ersticken:
»Ich kann mich glücklich schätzen, daß ich mit der ganzen Familie Westmoreland
auf freundschaftlichem Fuß stehe.«
Einer der jungen Männer, der zudem
noch recht viel getrunken hatte, hörte dies mit sichtlichem Erstaunen und demonstrierte
seinen Mangel an Takt – ebenso wie seine mangelnde Trinkfestigkeit –, indem er
bemerkte: »Was Sie nicht sagen! Es gibt Gerüchte, Sie und Langford wären bei Almack's
beinahe mit den Fäusten aufeinander losgegangen wegen eines rothaarigen
Mädchens, das Sie beide umwarben.«
Baskerville schnaubte bei dieser
Vorstellung. »Mein lieber junger Freund, wenn Sie sich erst einmal besser in
der Stadt auskennen, werden Sie schon noch lernen, Klatsch von der Wahrheit zu
unterscheiden, und um das zu schaffen, müssen Sie die betreffenden Personen
erst einmal besser kennen. Ich habe die gleiche Geschichte gehört, aber ich
kenne sowohl DuVille als auch Langford, deshalb wußte ich gleich, daß die ganze
Geschichte erstunken und erlogen ist – noch in dem Augenblick, in dem ich sie
überhaupt hörte.«
»Genau wie ich!« ließ sich der
nüchternere junge Mann vernehmen.
»Jämmerlicher Unsinn!« bestätigte
Nicki, da jeder von ihm eine Antwort zu erwarten schien, »der schon bald
vergessen sein wird.«
»Wußte ich's doch«, sagte Miss
Charitys Bruder, der ehrenwerte Duke of Stanhope, während er seine
aufgehäuften Chips auf den immer größer werdenden Stapel in der Mitte des
Tisches schob. »Es überrascht mich nicht im mindesten, daß Sie und Langford die
besten Freunde sind. Sie sind beide äußerst liebenswerte Männer.«
»Daran besteht gar kein Zweifel«,
sagte der nüchterne junge Mann mit schiefem Grinsen zu Nicki. »Aber sollten Sie
und Langford doch einmal eine Auseinandersetzung haben, wäre ich gerne dabei.«
»Warum?« fragte der Duke of
Stanhope.
»Weil ich Langford und DuVille bei
Gentleman Jackson's habe boxen sehen. Natürlich nicht gegeneinander; aber sie
sind die besten Faustkämpfer, die ich je gesehen habe. Ein Kampf zwischen den
beiden hätte sogar mich ins Almack's gelockt.«
»Mich auch!« rief sein Begleiter
hicksend.
Baskerville war entsetzt über ihre
falsche Auffassung von kultivierter Männlichkeit, und er fühlte sich
verpflichtet, sie auf ihren Mangel an Verständnis hinzuweisen. »Langford und
DuVille würden sich nie dazu herablassen, eine Meinungsverschiedenheit mit
Fäusten auszutragen, meine jungen Freunde! Darin liegt der Unterschied
zwischen euch unerfahrenen, hitzköpfigen Kerlen und Gentlemen wie DuVille,
Langford und uns anderen. Wissen Sie, Sie sollten die feinen Manieren älterer
Leute besser studieren und sich etwas von ihren
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