Judith McNaught
Können gewonnen hast? Ich wollte das schon mal
versuchen.«
Ohne auf Wakefields Versuch, das
Thema zu wechseln, einzugehen, plapperte Charity weiter, wobei sie sorgfältig
darauf achtete, sich an Jason Fielding und Clayton Westmoreland zu wenden,
ohne den Earl, der für seinen nächsten Stoß um den Tisch herumging, auch nur
eines Blickes zu würdigen. »Wissen Sie, wenn Nicholas nicht so ein treuer
Freund von Langford gewesen wäre, hätte er Sheridan Bromleigh direkt nach Haus
geschickt an dem Tag, als sie weggelaufen war und zu ihm kam und sich die Augen
ausweinte, aber hat er
es getan? Nein, er tat es natürlich nicht! «
Sie blickte in den Spiegel an der
gegenüberliegenden Wand und sah, daß Stephen Westmoreland, der gerade seinen
Stoß ausführen wollte, mit zusammengekniffenen Augen auf ihren Hinterkopf
starrte. »Sheridan bat ihn darum, ihr die Wahrheit zu sagen, warum Langford sie
heiraten wollte, und obwohl es nicht in der Verantwortlichkeit des armen
Nicholas lag, ihr alles zu erzählen und ihr das Herz zu brechen, tat er es. Es
wäre soviel einfacher für ihn gewesen, sie anzulügen oder sie nach Hause zu
schicken, damit sie Langford fragte, aber er nahm es auf sich, seinem lieben Freund
und Kameraden zu helfen.«
»Was genau«, fragte Stephen mit
leiser, wütender Stimme, während er sich langsam aufrichtete, ohne seinen Stoß
ausgeführt zu haben, »hat mein Freund DuVille Sheridan erzählt?«
Charity wandte sich zu ihm um und
sah ihn völlig verblüfft und unschuldig an: »Die Wahrheit natürlich. Da sie nun
wußte, daß sie nicht Charise Lancaster war, erzählte Nicholas ihr von Burletons
Tod und wie verantwortlich Sie sich dafür fühlten. Deshalb taten Sie ja
schließlich so, als seien Sie Sheridans Verlobter.«
Drei schweigende Männer starrten sie
in verschiedenen Zuständen von Schock und Wut an, und Charity schaute heiter
zurück. »Und natürlich wollte Sheridan, da sie ein romantisches Mädchen ist,
immer noch glauben, daß Sie sie aus einem anderen Grund zu heiraten wünschten,
aber der liebe Nicholas mußte ihr hier sehr nachdrücklich klarmachen, daß Sie
erst um sie angehalten hatten, nachdem Sie von Mr. Lancasters unglücklichem
Tod erfahren hatten – aus Mitleid also. Das war eine entsetzliche Enttäuschung
für das arme Mädchen, aber Nicholas tat, was getan werden mußte, aus
Selbstlosigkeit und Loyalität seinem eigenen Geschlecht gegenüber.«
Stephen rammte den Queue in das
Gestell an der Wand. »Dieser Hurensohn!« zischte er leise, während er rasch aus
dem Zimmer ging.
Verwirrt, weil er in ihrer
Anwesenheit ein Schimpfwort verwendet hatte, nicht jedoch, weil er weggegangen
war, blickte Charity Jason Fielding an. »Wohin geht Langford Ihrer Meinung
nach?« fragte sie, wobei sie ihr Lächeln sorgsam hinter verständnislosem
Stirnrunzeln verbarg.
Jason Fielding löste seinen Blick
langsam von der Tür, durch die der Earl gerade verschwunden war, dann schaute
er Clayton Westmoreland an und sagte: »Was denkst du, wohin er geht?«
»Ich würde sagen«, erwiderte der
Herzog trocken, »er will sich mit einem guten alten Freund unterhalten.«
»Wie nett!« erklärte Charity
fröhlich. »Würden Sie beide es in Erwägung ziehen, mit mir Billard zu spielen,
wo Langford jetzt fort ist? Ich bin sicher, ich könnte die Regeln lernen.«
Der Duke of Claymore musterte sie
amüsiert schweigend einen Augenblick lang, einen so langen Augenblick allerdings,
daß Charity sich beinahe ein wenig unbehaglich zu fühlen begann. »Warum spielen
wir statt dessen nicht Schach? Ich habe das Gefühl, Strategie ist Ihre
besondere Stärke.«
Charity überlegte einen Moment und
wiegte ihren Kopf. »Ich glaube, da haben Sie ganz recht.«
Achtundfünfzigstes Kapitel
Obwohl die Saison vorüber war, hatten die
exklusiven Spielzimmer bei White's keinen Mangel an reichen Gästen, die riesige
Geldsummen beim Kartenspiel oder beim Roulette einsetzten. White's war der
älteste und eleganteste Club an der St. James s Street. Dort ging es weitaus
lauter zu als im Strathmore, und die Räume lagen im hellen Licht, aber er
besaß auch seine eigenen geheiligten Traditionen. Am großen Erkerfenster, das
auf die Straße hinaus ging, hatte Beau Brummell einst Hof gehalten mit seinen
Freunden, dem Duke of Argyll, den Lords Sefton, Alvanley und Worcester, und bei
gewissen Gelegenheiten auch mit dem damaligen Prinzregenten.
Berühmter als das Erkerfenster
jedoch war das Wettbuch von White's, in das die erlauchten
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