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Judith McNaught

Judith McNaught

Titel: Judith McNaught Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Legenden der Liebe
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seinem Glas zu und fuhr fort: »Auf
Ihre Fähigkeiten, sie gesund zu machen.«
    »Das lag nicht an meinen
Fähigkeiten, es war eher ein Wunder«, erwiderte der Arzt und zögerte, den
Brandy zu trinken.
    »Dann auf wundersame Genesungen«,
sagte Stephen und hob sein Glas zum Mund. Als Whitticomb jedoch wiederum den
Kopf schüttelte, setzte er es wieder ab.
    »Ich ... ich habe nicht gesagt, sie
sei geheilt, Stephen. Ich sagte, sie sei bei Bewußtsein und könne sprechen.«
    Dem Earl entging das Zögern in
seiner Stimme nicht, und seine durchdringenden blauen Augen verengten sich, als
er Dr. Whitticomb in Erwartung einer Erklärung scharf musterte. Leise seufzend
kam der Arzt der stummen Aufforderung nach.
    »Ich hatte sehr gehofft, Ihnen dies
erst sagen zu müssen, wenn Sie sich ein wenig ausgeruht hätten. Es gibt in der
Tat noch ein gewisses Problem, selbst wenn die junge Lady sich körperlich
erholt, und selbst das vermag ich noch nicht zu versprechen. Eine Komplikation.
Natürlich kann sie auch nur vorübergehender Natur sein. Möglicherweise aber
auch nicht.«
    »Was zum Teufel meinen Sie damit?«
    »Sie hat ihr Gedächtnis verloren.«
    »Sie hat was?«
    »Sie kann sich an nichts mehr
erinnern, was geschehen ist, bevor sie ihre Augen oben im Bett aufgeschlagen
hat. Sie weiß weder, wer sie ist, noch warum sie sich in England befindet. Sie
konnte mir noch nicht einmal ihren Namen sagen.«

Neuntes Kapitel

    Dr. Whitticomb legte eine Hand auf den verzierten
Messingtürknauf und blieb kurz stehen, bevor sie das Schlafzimmer seiner
Patientin betraten. Mit leiser Stimme gab er Stephen einige Anweisungen und
Warnungen. »Kopfverletzungen sind oft äußerst unberechenbar. Machen Sie sich
keine Sorgen, wenn sie sich nicht mehr daran erinnert, daß sie noch vor ein
paar Stunden mit mir geredet hat. Anderereits kann es jedoch auch sein, daß sie
mittlerweile ihr Gedächtnis vollständig wiedererlangt hat. Ich habe mit einem
Kollegen gesprochen, der mehr Erfahrung mit ernsthaften Kopfverletzungen
besitzt als ich, und wir waren beide der Ansicht, daß man ihr keinesfalls
Laudanum geben sollte, ganz gleich, wie stark ihre Kopfschmerzen werden. Es
würde zwar die Schmerzen lindern, sie aber gleichzeitig schläfrig machen, und
wir halten es beide für sehr wichtig, sie bei Bewußtsein und am Sprechen zu
halten.«
    Stephen nickte, aber Whitticomb war
noch nicht fertig. »Heute nachmittag wurde sie sehr zornig und ängstlich, als
sie sich an nichts erinnern konnte, also sagen Sie bitte nichts, absolut
nichts, was ihre Angst steigern könnte. Wenn wir jetzt hineingehen, versuchen
Sie, beruhigend und zuversichtlich zu wirken, und sorgen Sie dafür, daß sich
die Dienstboten genauso verhalten. Wie ich bereits sagte, Kopfverletzungen
sind äußerst gefährlich und unberechenbar, und wir wollen schließlich nicht,
daß sie stirbt.«
    Zufrieden darüber, alles Nötige
gesagt zu haben, drehte er den Türknauf.
    Sheridan spürte, daß sich Menschen
in dem abgedunkelten Zimmer befanden. Sie schwebte in einem tröstlichen
Dämmerzustand, aus dem sie von Zeit zu Zeit erwachte, und sie empfand weder
Furcht noch Sorge, lediglich leichte Verwirrung. Sie klammerte sich an diesen
angenehmen Zustand, weil sie so den namenlosen Ängsten und quälenden Fragen,
die in ihrem Unterbewußtsein bohrten, entkommen konnte.
    »Miss Lancaster?«
    Die Stimme war ganz nah an ihrem
Ohr, sie klang freundlich, aber eindringlich und vage vertraut.
    »Miss Lancaster?«
    Jemand redete mit ihr. Sie zwang
sich dazu, die Augen aufzuschlagen, und blinzelte vor Anstrengung, ihn klar zu
erkennen, aber sie sah ihr Umfeld nur seltsam verschwommen und vor allem
doppelt.
    »Miss Lancaster?«
    Sie blinzelte wieder, und das Bild
teilte sich in zwei Männer, einer davon in mittlerem Alter und grauhaarig, mit
einer drahtgefaßten Brille und einem sauber gestutzten Schnauzbart. Er sah
freundlich und vertrauenerweckend aus, und so klang er auch. Der andere Mann
war viel jünger. Gutaussehend. Nicht so freundlich. Auch nicht so vertrauenerweckend.
Aber besorgt.
    Der ältere Mann lächelte sie an und
fragte: »Erinnern Sie sich an mich, Miss Lancaster?«
    Sheridan wollte nicken, aber von der
Bewegung schmerzte ihr Kopf so heftig, daß ihr unwillkürlich Tränen in die Augen
traten.
    »Miss Lancaster, erinnern Sie sich
an mich?«
    Sorgfältig darauf bedacht, ihren
Kopf beim Sprechen nicht zu bewegen, beantwortete sie seine Frage: »Doktor.«
Ihre Lippen waren trocken und gesprungen,

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