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Judith McNaught

Judith McNaught

Titel: Judith McNaught Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Legenden der Liebe
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ich aussehe. «
    Stephen hatte schon häufig erlebt,
daß Frauen ständig mit ihrem Ausssehen beschäftigt waren, aber die Besorgnis
dieser Frau – in einem schwach beleuchteten Schlafzimmer mitten in der Nacht
– grenzte ans Lächerliche. Deshalb fühlte er sich auch nicht verpflichtet, die
Augen zu öffnen, als ihre Hand seine wieder fester packte, und sie ihn
ängstlich flehend fragte: »Wie sehe ich aus?«
    »Bezaubernd«, murmelte er. Sein
ganzer Körper schmerzte, was, wie er beiläufig feststellte, daran lag, daß sie
im Bett lag und er nicht. Er wollte sie gerade bitten, zur Seite zu rücken, als
er das unmißverständliche Geräusch unterdrückten Weinens hörte. Er drehte den
Kopf von dem Geräusch weg und überlegte irritiert, was er getan hatte, um sie
zum Weinen zu bringen. Wheaton sollte ihr, beschloß er, ein hübsches
Schmuckstück schicken, um ihre merkwürdige Aufwallung zu besänftigen – eine
Rubinbrosche oder etwas in der Art. Der unterschwellige Grund für die meisten
weiblichen Tränenausbrüche war der Wunsch nach einem teuren Schmuckstück, das
wußte Stephen sogar im Schlaf.
    Ihr Weinen steigerte sich jetzt zu
einem ernsthaft verängstigten Schluchzen. Wie auch immer er zu diesem Ausbruch
beigetragen hatte, es mußte mehr dahinterstecken, als nur ein vergessenes
Kompliment über ihr Kleid oder eine nicht eingehaltene Verabredung ins Theater.
Dieser Tränenausbruch kostete ihn mindestens ein Diamantencollier.
    Stoßweises Schluchzen erschütterte
ihren Körper und das gesamte Bettzeug.
    Und ein dazu passendes Armband.
    Erschöpft, wie er war, trieb er
wieder tiefer in den Schlaf, aber etwas, das sie gesagt hatte, hielt ihn zurück
und ließ ihn nicht los. »Ich weiß nicht, wie ich aussehe ... ich weiß nicht
... weiß nicht.«
    Stephen schlug die Augen auf und sah
sie an. Sie hatte ihr Gesicht abgewandt und preßte die linke Hand auf den Mund,
um ihr Weinen zu unterdrücken, aber ihr Körper wurde immer noch von einzelnen
Schluchzern geschüttelt. Aus den geschlossenen Augen tropften die Tränen
beständig unter ihren langen nassen Wimpern auf ihre blassen Wangen hinunter.
Sie weinte sich das Herz aus dem Leibe, aber sie war wach und bei klarem
Bewußtsein, und seine Erleichterung überwog sein Schuldgefühl über ihre
Tränen.
    »Ich war noch nicht richtig wach
eben, deshalb habe ich Ihre Frage nicht verstanden«, sagte er rasch. »Es tut
mir leid.«
    Ihr Körper versteifte sich beim
Klang seiner Stimme, und er sah, wie sie um Beherrschung kämpfte, bevor sie den
Kopf auf dem Kissen zu ihm drehte und ihn ansah.
    »Was ist los?« fragte er vorsichtig
in einem, wie er hoffte, beruhigenden Tonfall.
    Sheridan schluckte. Betroffen registrierte
sie, wie müde er immer noch aussah und wie erleichtert. Er hat sich bestimmt seit
Tagen um mich zu Tode geängstigt, dachte sie, und kam sich nun albern und
undankbar vor, weil sie wie ein Kleinkind über etwas geweint hatte, was doch
in Wirklichkeit nur eine zeitweilige Unpäßlichkeit darstellte. Eine bizarre,
angsteinflößende Unpäßlichkeit, gewiß, aber schließlich war sie weder
verkrüppelt noch gelähmt oder vom Tod gezeichnet. Geleitet von dem instinktiven
Wunsch, die schwierige Situation bestmöglich in den Griff zu bekommen, holte
sie zitternd Luft und lächelte ihn entschuldigend an. »Ich ... es klingt absurd,
aber ich weiß nicht, wie ich aussehe, und es ...« Sie brach ab, weil sie ihn
nicht unnötig damit aufregen wollte, wie angsteinflößend das für sie war. »Es
bedeutet ja eigentlich nicht viel, aber da Sie schon einmal wach sind, könnten
Sie mich bitte ein bißchen beschreiben?«
    Stephen merkte, daß sie versuchte,
ihre Angst zu unterdrücken und ihn zugleich zu beruhigen – und tiefe Anerkennung
für ihre rührende Tapferkeit überkam ihn. »Sie beschreiben ...«, begann er
langsam, um Zeit zu gewinnen. Er kannte ihre Haarfarbe nicht und fürchtete sich
vor ihrer Reaktion, wenn sie sich unvorbereitet im Spiegel sehen würde, deshalb
versuchte er, das Ganze scherzhaft anzugehen. »Im Augenblick sind Ihre Augen
rot und geschwollen«, sagte er lächelnd, während er schnell noch einmal
hinschaute, um mehr Informationen zu bekommen. »Aber sie sind ... sehr groß und
... grau«, schloß er, selbst überrascht.
    Sie hatte in der Tat faszinierende
Augen, stellte Stephen fest – ein helles Silbergrau, umrandet von einer dünnen
schwarzen Linie, und dazu noch diese unglaublich langen Wimpern.
    »Grau?« erwiderte

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