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Judith McNaught

Judith McNaught

Titel: Judith McNaught Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Legenden der Liebe
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ihr jemand zu Hilfe kommen oder ihre Hilferufe
hören konnte... Oder wenn sie nun wieder bewußtlos geworden war...
    Er drückte die Tür auf und trat ins
Zimmer – in ein leeres Zimmer.
    Verblüfft und verärgert blickte er
auf das ordentlich gemachte Bett. Offensichtlich hatte die kleine Idiotin es
nicht für nötig gehalten, seine Anweisungen zu befolgen, und das Mädchen
anscheinend genausowenig.
    Ein leises Geräusch ließ ihn
herumfahren. Und erstarren.
    »Ich habe Sie nicht hereinkommen
hören«, sagte sein Gast, der gerade aus dem Ankleidezimmer kam. Sie trug einen
weißen Morgenmantel, der ihr zu groß war, hielt eine Haarbürste in der Hand
und hatte ein blaues Handtuch lose um den Kopf drapiert. Barfuß und unbefangen
und anscheinend überhaupt nicht schuldbewußt, weil sie seinen Anordnungen nicht
Folge geleistet hatte, stand sie vor ihm.
    Da er gerade einige entsetzlich
angstvolle Momente hinter sich hatte, flackerte zuerst Zorn in Stephen auf, der
jedoch sofort in Erleichterung und hilflose Erheiterung umschlug. Sie hatte
sich eine goldene Vorhangkordel um die Taille geschlungen, um den weißen
Morgenmantel zusammenzuhalten, und mit den nackten Zehen, die unter dem Stoff
hervorlugten und dem hellblauen Handtuch, das wie ein Schleier um ihren Kopf
lag, erinnerte sie ihn an die barfüßige Madonna. Statt des süßen Lächelns
jedoch, das die echte Muttergottes zur Schau trug, sah diese Madonna verwirrt,
anklagend und entschieden unglücklich aus. Den Grund dafür teilte sie ihm auf
der Stelle mit.
    »Entweder sehen Sie nicht richtig
hin, Mylord, oder Ihr Blick ist getrübt.«
    Da er nicht wußte, wovon sie redete,
sagte Stephen vorsichtig: »Ich verstehe nicht ganz, was Sie meinen.«
    »Ich meine meine Haare«, erwiderte
sie kläglich und zeigte anklagend mit dem Finger auf das, was unter dem
Handtuch verborgen lag.
    Er erinnerte sich, daß ihre Haare
voller Blut gewesen waren, und nahm an, daß die Wunde in der Kopfhaut auch
noch geblutet hatte, nachdem Whitticomb sie genäht hatte. »Das kann man
bestimmt wieder auswaschen«, versicherte er ihr.
    »Das glaube ich nicht«, entgegnete
sie geheimnisvoll. »Das habe ich schon versucht.«
    »Ich verstehe nicht ...«, begann er.
    »Meine Haare sind nicht braun«,
erklärte sie und riß das Handtuch weg. Um das Problem zu verdeutlichen, nahm
sie eine der Strähnen des Anstoßes in die Hand. »Sehen Sie doch! Sie sind rot!«
    Sie klang empört, aber Stephen war
sprachlos, vollkommen hingerissen von der üppigen Flut leuchtender, flammendroter
Locken, die sich in Wellen und Strömen über ihre Schultern und den Kragen des
Morgenmantels ergossen. Sie spreizte die Finger, mit denen sie die Strähne
gepackt hielt, und die Haare glitten durch ihre Hand wie flüssiges Feuer.
»Jesus ...« Er schnappte nach Luft.
    »Es ist so ... so auffällig!«
kommentierte sie unglücklich.
    Stephen merkte auf einmal, daß ihr
wirklicher Verlobter nicht dastehen und auf etwas starren würde, das er schon
seit langem kannte, deshalb löste er widerstrebend seinen Blick von der
wundervollsten und ungewöhnlichsten Haarpracht, die er je gesehen hatte.
»Auffällig?« wiederholte er belustigt.
    Sie nickte und schob ungeduldig ein
paar kupferfarbene Locken, die über ihre Stirn und ihr linkes Auge gefallen waren,
zur Seite.
    »Sie mögen es nicht«, faßte er
zusammen.
    »Natürlich nicht. Wollten Sie mir
deshalb nicht die wahre Farbe verraten?«
    Stephen übernahm die Ausrede, die
sie ihm ungewollt geboten hatte, und nickte, wobei sein Blick wieder zu den
aparten Haaren glitt. Sie bildeten den vollkommenen Rahmen zur Betonung ihrer
zarten Züge und ihres Porzellanteints.
    Sheridan wurde langsam klar, daß
sein Mienenspiel keineswegs Abscheu ausdrückte. Eigentlich blickte er beinahe
... bewundernd? »Mögen Sie es denn?«
    Stephen mochte es. Er mochte alles
an ihr. »Ja«, sagte er beiläufig. »Wahrscheinlich ist rotes Haar in Amerika
nicht so gefragt?«
    Sheridan öffnete den Mund, um zu
antworten, mußte aber feststellen, daß sie die Antwort nicht kannte. »Ich ...
ich glaube nicht. Und ich glaube auch nicht, daß es in England anders ist.«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Weil das Mädchen, das mir half, auf
mein Drängen hin zugegeben hat, sie hätte in ihrem ganzen Leben noch nie Haare
in dieser Farbe gesehen. Sie war vollkommen fassungslos.«
    »Wessen Meinung zählt mehr?«
widersprach er ihr sanft.
    »Nun ja, wenn Sie es so sehen ...«,
meinte Sheridan zögerlich. Angesichts

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