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Judith McNaught

Judith McNaught

Titel: Judith McNaught Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Legenden der Liebe
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schicken und ihn bitten, an dem Gespräch teilzunehmen,
damit wir sicher sein können, daß wir ihrer Genesung keinen Schaden zufügen.«
    Als alle aufstanden, sah er seine
Mutter und Whitney an und sagte: »Wenn ich mich nicht sehr irre, liegt Sherry
nun hellwach und quält sich, wahrscheinlich ohne Antworten zu finden, wegen der
Reaktion auf sie heute abend.«
    Er brauchte seine Bitte nicht erst
auszusprechen. Beide Frauen wandten sich schon zur Tür, um seine zeitweilige
Verlobte für alles Elend, das sie verursacht hatten, zu entschädigen.

Einundzwanzigstes Kapitel

    Sherry stand am Fenster und blickte in die
Nacht, die so dunkel und leer war wie ihr Gedächtnis. Sie fuhr herum, als es
leise an die Tür ihres Schlafzimmers klopfte, und bat die Besucher
einzutreten.
    »Wir möchten Sie um Verzeihung
bitten«, sagte Stephens Mutter und trat zu ihr ans Fenster. »Wir wußten ja
nichts – von ihrer Verlobung und ihrem Unfall und allem anderen –, bis Stephen
es uns erzählte.«
    »Ich bin so froh, daß Sie noch wach
sind«, sagte Stephens wunderschöne Schwägerin. In ihren grünen Augen stand ein
seltsames Mitleid, als sie Sherry anblickte. »Ich hätte an Ihrer Stelle sicher
auch nicht schlafen können, nachdem wir sie unten so schlecht behandelt
haben.«
    Da Sherry im Moment nicht einfiel,
was die gesellschaftlichen Gepflogenheiten bei einer Entschuldigung von zwei
noblen Herzoginnen vorschrieben, scherte sie sich nicht um das Protokoll und
tat, was sie konnte, um ihnen ihr offensichtliches Unbehagen abzunehmen.
»Bitte machen Sie sich keine Gedanken«, erwiderte sie sanft und aufrichtig.
»Ich weiß gar nicht, was in mich gefahren ist, daß ich die Verlobung geheimhalten
wollte. Aber mir kommt es manchmal so vor, als ob ich in Wirklichkeit
vielleicht ein bißchen ... exzentrisch sei.«
    »Ich glaube«, sagte Whitney
Westmoreland, die aussah, als versuche sie zu lächeln, obwohl sie in Wahrheit
nur Traurigkeit verspürte, »Sie sind sehr tapfer, Miss Lancaster.« Und als
hätte sie erst jetzt daran gedacht, streckte sie die Hände aus und rief
lächelnd: »Ach ja – und willkommen in der Familie. Ich – ich habe mir schon
immer eine Schwester gewünscht!«
    Die gezwungene, verzweifelte
Begeisterung in ihrer Stimme löste bei Sherry sämtliche Alarmglocken aus, und
ihre Hände zitterten, als sie sie ihrer zukünftigen Schwägerin
entgegenstreckte. »Danke.« Das klang so unzureichend, daß eine peinliche Stille
entstand, und Sherry mußte ein nervöses Lachen unterdrücken, als sie erklärte:
»Ich kann mich tatsächlich nicht erinnern, ob ich mir auch immer eine Schwester
gewünscht habe ... Aber ich bin mir ganz sicher, daß dem so war. Und ich
erhoffte mir bestimmt immer eine so reizende Schwester wie Sie.«
    »Das haben Sie hinreißend gesagt«,
kommentierte die Herzoginwitwe mit stockender Stimme. Dann zog sie Sherry in
eine kurze, fast fürsorgliche Umarmung und befahl ihr, sofort zu Bett zu
gehen, als sei Sherry ein Kind.
    Sie verließen sie mit dem
Versprechen, sie morgen wieder besuchen zu kommen, und Sherry blickte ihnen
verblüfft nach, bis sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte. Die Verwandten
ihres zukünftigen Ehemanns waren genauso unberechenbar wie er – in der einen
Minute kühl, distanziert und unerreichbar, und dann wieder warmherzig,
liebevoll und freundlich. Sherry sank auf ihr Bett und runzelte verwirrt die
Stirn, während sie nach einer Erklärung für dieses wechselhafte Verhalten
suchte.
    Aus verschiedenen Artikeln, die sie
in der letzten Woche in der Post und in der Times gelesen hatte,
wußte sie, daß die Engländer Amerikaner oft nicht sehr schmeichelhaft beurteilten
– die Kommentare reichten von »lächerlich schlecht erzogene Kolonisten« bis hin
zu »ungehobelte Barbaren«. Wahrscheinlich hatten sich beide Herzoginnen
gefragt, wie Lord Westmoreland darauf gekommen war, eine Amerikanerin zu
heiraten – das würde die negative Reaktion bei ihrer ersten Begegnung erklären.
Offenbar hatte Lord Westmoreland ihnen dann etwas erzählt, das sie beruhigte,
aber was ... Müde der endlosen Fragen, die in jedem wachen Moment in ihrem Kopf
kreisten, strich sich Sherry die Haare aus der Stirn und warf sich auf den
Rücken. Nachdenklich starrte sie zum Betthimmel empor.
    Die Herzogin von Claymore rollte sich auf die
Seite und betrachtete im Licht einer einzelnen Kerze, die neben ihrem Bett
stand, die sorgenzerfurchte Miene ihres Ehemannes. Ihre eigenen sorgenvollen
Gedanken jedoch

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