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Jürgen Klopp: Echte Liebe

Jürgen Klopp: Echte Liebe

Titel: Jürgen Klopp: Echte Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elmar Neveling
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Sturm war Dragan Trkulja, ein säbelbeiniger Serbe, der gegen Mainz zwei Tore vorbereitet und eines macht. Spielte Pressing, der Trkulja.
    Wolfgang Frank übt mit den Mainzern Anfang 1996 die Raumdeckung, das Verschieben, das Pressing. Dann spielen die Mainzer eine grandiose Rückrunde, nicht weil die Spieler plötzlich so gut sind, oder wenigstens nicht nur, sondern auch, weil der Trainer eine Idee hat, und keiner in der Liga hat eine Antwort. Heute spielen alle mit der Viererkette, das damals war der Anfang, holprig, und vom Rand des Fußballs aus. Das Establishment wartet ab und zieht später nach. Frank krempelt alles um, ist enorm ehrgeizig.
    In der Winterpause der nächsten Saison überzieht er. In dieser Phase kommt ihm das Gespür für die Bedürfnisse der Mannschaft abhanden, er lässt zuviel trainieren. Mainz verliert die ersten beiden Rückrundenspiele. Frank, mit einer Konsequenz, die etwas Schmerzhaftes hat, schmeißt hin. Klopp lernt bei Frank, wie es geht, und lernt, wie es nicht geht.
    Reinhard Saftig
    Nun hat Heidel ein Problem, das er in den nächsten Jahren immer haben wird, wenn er einen Trainer entlässt. Wo ist ein Coach, der ballorientiert spielen lässt: Viererkette, 4-4-2, offensiv, Pressing – denn das wollen er und die Spieler nie mehr hergeben. Wo ist dieser Coach? »Deutschland hatte damals kein Nachwuchsproblem, kein Problem mit jungen Spielern, wie alle behauptet haben, sondern ein Trainer-problem«, sagt Heidel. Er hat ein Trainerproblem.
    Er braucht für die Mannschaft, die um Frank trauert und sein System weiter spielen will, den richtigen Trainer – und fürs Umfeld einen großen Namen. Auch, um den bösen Satz des ambitionierten Frank zu entkräften: »Die Mainzer wollen ja gar nicht aufsteigen.« Er holt Reinhard Saftig, damals 45 Jahre alt, der für ein paar Monate die Münchner Bayern, dann unter anderem Borussia Dortmund, auch Bayer Leverkusen, und zuletzt Galatasaray Istanbul gecoacht hat.
    Heidel macht eine irritierende Erfahrung. Er sagt den Trainerkandidaten, die nicht so Schlange stehen wie das heute der Fall wäre, ganz deutlich, was er von ihnen will. Und die Trainer sagen, dass sie das auch wollen: Ballorientiert spielen, verschieben, im Raum verteidigen, 4-4-2, offensiv spielen, pressen – aber dann machen sie etwas anderes. Nicht, weil sie nicht wollen, sondern weil sie es nicht können, und das nicht zugeben, weil sie den Job bei Mainz wollen. »Heute«, sagt Heidel, »hat Mainz als Verein eine Idee, eine Spielidee, wir geben dem Trainer ein Konzept vor, das er erfüllen muss.« Im Rahmen des Konzepts hat der Trainer alle Freiheiten, einen Trainer, der mit Libero spielen will, wird es in Mainz, solange das Wasser von Main und Rhein nicht den Berg hoch fließen, nicht geben.
    Schattenkabinett
    Mannschaftssitzung vor einem Spiel gegen Rot-Weiß Essen, Reinhard Saftig erklärt die Taktik, Grundordnung: Dreierkette. Nichts mehr von Franks System, altbackener Fußball. Nach der Sitzung kommt der Spieler Klopp zu Heidel ins Büro, er ist ein wenig aufgebracht, der Spieler Klopp. Und nun wird es konspirativ: »Sollen wir spielen wie immer, oder wie der Saftig es will?«, fragt Klopp den Manager. Heidel überlegt nicht lange, die Konsequenzen ahnend: »Spielt so wie immer.« Also die Frank-Taktik, Viererkette, das, worauf er Saftig in den Gesprächen, bevor der neue Mann einen Vertrag bekam, verpflichtet hatte. Mainz gewinnt, Saftig wird gefeiert, es entsteht, was Heidel »das Schattenkabinett« nennt. Auf Dauer geht das nicht, Heidel wird das immer klarer.
    »An dem Tisch«, sagt Heidel in seinem Büro und klopft vehement auf den Tisch, auf dem unsere Kaffeetassen hüpfen, habe er mit Klopp, dem Spieler, gesessen, und über die Taktik gesprochen, mit der Mainz spielen muss, trotz Trainer. »Wir machen das so, und wir machen das so«, erklärt ihm der Klopp. Und der Saftig ist nur die Außendarstellung. Doch irgendwann setzt sich Saftig gegen den in Klopp personifizierten Widerstand der Mannschaft durch, und macht ein paar Fehler, die von den Spielern nicht korrigiert werden können. Mainz wird Vierter, der VfL Wolfsburg, noch ohne VW im Kreuz – manchmal auch im Nacken – steigt auf. Es ist der erste der ominösen vierten Mainzer Plätze.
    In der nächsten Saison muss Saftig gehen, der Österreicher Dietmar Constantini kommt. Er war unter seinem Mentor Ernst Happel Co-Trainer der österreichischen Fußball-Nationalmannschaft. Mit Constantini spielt Mainz häufig

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