Jürgen Klopp: Echte Liebe
unentschieden und mit Libero. Nach einer 1:3-Niederlage zu Hause gegen die SG Wattenscheid, der Abstand zu den Stuttgarter Kickers, die 15. sind, beträgt nur noch einen Punkt, tritt Constantini zurück: »Euch kann in dieser verdammt schwierigen Situation nur noch einer helfen, und das ist Wolfgang Frank«, sagt Constantini, und man sieht diesem Satz Franks Schatten an.
Frank II
Wolfgang Frank, gerade bei Austria Wien unter Vertrag, kommt nach Mainz zurück. Wenn Liebe im Spiel ist, sind Verträge nicht entscheidend. Zum Auswärtsspiel bei den Stuttgarter Kickers, dem ersten unter Rückkehrer Frank, fahren 1.200 Mainzer Fans mit, sie rufen: »Messias, Messias.« Manche Spieler empfinden ähnlich, da schwingt etwas von dem mit, was in den Mainzer Dom gehört, aber nicht ins Fußballstadion. Gegen die Kickers gewinnt Mainz mit 2:1, ohne Libero, Jürgen Kramny spielt wieder im Mittelfeld, die Tore machen Steffen Herzberger und Sven Demandt. Mit Frank wird Mainz in der Saison 1997/98 Zehnter. In der Saison 1998/99 wird Mainz Siebter.
Im April 2000, nach einer 0:1-Niederlage gegen den 1.FC Köln, als Frank, mit Vertrag bis 2001 bei Mainz, offen über einen vorzeitigen Wechsel zum MSV Duisburg verhandelt, muss er in Mainz gehen. Daraufhin spricht Frank zwei Jahre kein Wort mit Heidel. Unter seinem Assistenten Dirk Karkuth schaffen die in Abstiegsgefahr schwebenden Mainzer den Klassenerhalt. Karkuth ist keine Dauerlösung, die soll René Vandereycken sein, doch der bringt einen Libero mit.
»Unsere Mannschaft war von Frank taktisch hervorragend ausgebildet, die Trainer, die sie nach ihm hatte, waren es nicht«, sagt Heidel, »die Mannschaft war taktisch besser als ihre Trainer.« Und mit den neuen Spielern gab es Probleme, weil die alten das System drauf hatten, die neuen es aber nicht lernten, weil es die Trainer ihnen nicht beibringen konnten.
Vandereycken legt sich mit den erfahrenen Spielern an, Klopp ist nicht mehr im Kader. Am 11. November, zwölfter Spieltag, eine 0:2-Heimniederlage gegen Hannover 96 mit Roter Karte für Torwart Dimo Wache, hat Mainz zwölf Punkte. Der Belgier, von 2006 bis 2009 belgischer Nationaltrainer, wird entlassen. Mainz liegt auf dem 15. Tabellenplatz. Das waren keine Pfeifen, die Trainer in Mainz, aber die Ansprüche der Mainzer waren hoch. Mit der Mannschaft war nur durch ein Spielsystem, mit dem die individuellen Schwächen aufgefangen wurden, etwas zu gewinnen.
Ufz Krautzun
Vandereyckens Nachfolger heißt Eckhard Krautzun. Er hat das geschickt eingefädelt, indem er bei Klopp anruft. Einfach nur so, wie er Klopp versichert. Dass er Trainer in Mainz werden will, verschweigt er. Krautzun fragt und Klopp erklärt ihm, was in der Mannschaft nicht läuft und warum es nicht läuft und was man tun muss, damit sich das ändert. Beim Gespräch mit den Verantwortlichen des FSV Mainz glänzt Krautzun mit Insiderwissen, er kann erklären, wie es mit der Viererkette geht, von der er nur das weiß, was Klopp ihm am Telefon erklärt hat. Er bekommt den Job. »Wir wussten nichts von diesem Gespräch zwischen Krautzun und Kloppo«, sagt Heidel.
Der in der Welt herumgekommene Trainer hat einen unglücklichen Start, indem er sich auf der Pressekonferenz mit dem Satz: »Ich freue mich, in der Pfalz und am Bruchsee zu arbeiten« gleich ins rheinhessische Abseits stellt.
Dem FSV droht derweil der Abstieg. Unter Krautzun, Jahrgang 1941, dessen Vokabular von den Erfahrungen der Kriegsgeneration geprägt ist, wird gegen den FC St. Pauli ein Punkt geholt, und gegen Nürnberg gewonnen, dann folgen sieben Spiele mit nur zwei Punkten. »Kein Schlachtenglück«, schnarrt Krautzun.
Ende Januar 2001 ein 0:0 bei den Stuttgarter Kickers, Mainz ist 16., die Kickers sind 15. Dann ist Winterpause. »Wir mussten was tun«, sagt Heidel und macht sich auf die Suche nach einem neuen Trainer. Es ist Rosenmontag, er sitzt zu Hause und liest die Jahrbücher des Kicker . Vorwärts, rückwärts. »Ich konnte mich mit keiner Vita anfreunden«, sagt Heidel. Neuer Trainer, neuer Trainer, wer wird neuer Trainer »beim Absteiger Nummer eins«, als der Mainz bezeichnet wird?
Die Mannschaft ist mit Krautzun im Trainingslager in Bad Kreuznach, auf der Flucht vor der alles verschlingenden »Määnzer Fassenacht«. Die Vereinsspitze ist beim Rosenmontagsumzug in der Innenstadt. Heidel sitzt auf dem Sofa und denkt nach: »Wie geht es weiter?« Irgendwann sagt er sich: »Die sollen das selbst regeln, wir nehmen die Mannschaft in die
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