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Jürgen Klopp: Echte Liebe

Jürgen Klopp: Echte Liebe

Titel: Jürgen Klopp: Echte Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elmar Neveling
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der taktischen Weiterentwicklung »seiner« Borussia rückte Klopp dann von der flachen Vier ab: »Mit der Zeit haben wir das System Richtung Raute weiterentwickelt, weil es unseren Spielern näher kam.« Damit änderte sich auch der Blickwinkel des Trainerteams: »Zu Beginn hatten wir nicht darauf geachtet, was für die Spieler besser ist, sondern nur darauf, wie unser System am besten zu erlernen ist.« Diese Einschätzung ist insofern interessant, als dass die sonst herrschende Meinung propagiert, das Spielsystem nach den vorhandenen Spielern auszurichten und nicht umgekehrt. Für Klopp hingegen ist das Spiel gegen den Ball derart entscheidend für den Erfolg, das er zunächst das System in den Vordergrund stellt. Erst wenn dieses verinnerlicht ist, erfolgen Anpassungen, die sich an den individuellen Stärken der Mannschaft orientieren.
    In einem weiteren Entwicklungsschritt wurde das Offensivspiel des BVB forciert, das bereits bei den Abwehrspielern beginnt. Sie sind nach Ballgewinn erste Spieleröffner, leiten idealerweise mit schnellen Pässen nach vorne den direkten Gegenangriff ein. Ballgeschiebe von rechts nach links, ehe der Ball die Mittelfeldspieler erreicht, ist passé. Ein hierfür wichtiger Baustein war im Februar 2009 die Verpflichtung von Abwehrspieler Mats Hummels, der zuvor vom FC Bayern ausgeliehen war. Er verkörpert den Prototyp des modernen Innenverteidigers: konsequent in der Zweikampfführung, kopfballstark, mit gutem Stellungsspiel – aber eben auch mit hervorragenden technischen Fähigkeiten, die er mit präzisen Pässen für ein schnelles offensives Umschaltspiel verwertet. Mit Neven Subotic verfügt Hummels im Abwehrzentrum über einen kongenialen Partner, der über ähnliche Stärken verfügt.
    Gefühl für den richtigen Zeitpunkt
    In der Saison 2010/11 nahm schließlich der eigene Ballbesitz einen immer größeren Stellenwert in der Trainingsarbeit ein – wie auch stärker »steil« nach vorne zu spielen, neudeutsch »Vertikalspiel« genannt. Klopp: »Das Vertikalspiel ist bei uns dramatisch in den Mittelpunkt gerückt – wenn auch nicht ganz so dogmatisch, wie es ab und zu vorgegeben wird.«
    Rückblickend ist der Trainer davon überzeugt, dass diese schrittweise »Weiterbildung«, das organische Wachstum, der wesentliche Baustein zum Erfolg der Borussia war. Ein Modell des richtigen Timings, nach dem entschieden wurde, »welche Entwicklungsstufe zücken wir wann, welchen Schritt können wir mit der Mannschaft wann nehmen.«
    Doch ganz so einfach, wie es in der Theorie klingt, war der Titelgewinn, dazu noch mit begeisterndem Fußball, nicht zu erreichen. Denn selbst der beste Trainer ist abhängig von den Spielräumen, die ihm seine Mannschaft bietet. Dazu gehören gerade im Offensivspiel die technischen Fertigkeiten, die ein schnelles, direktes und zielsicheres Passspiel erst ermöglichen. Hier konnte der BVB 2010/11 aus einem reichhaltigen Reservoir schöpfen: Ob Nuri Sahin, Shinji Kagawa, Mario Götze, Mats Hummels oder Lucas Barrios – Dortmund besaß in dieser Saison nicht nur eines der einsatzfreudigsten, sondern auch eines der spielstärksten Teams. Ganz egal, ob die Akteure aus der eigenen Jugend kamen wie Götze, Sahin (über den Umweg der Ausleihe an Feyenoord Rotterdam 2007/08) oder verpflichtet wurden wie Kagawa oder Barrios.
    »Ich habe eine Mannschaft mit fantastischen technischen Voraussetzungen. Mit ihr kannst du dich unter dem extremen Tempo, das in der Bundesliga gespielt wird, wirklich um eigenen Ballbesitz kümmern«, bringt Klopp seinem Kader größte Wertschätzung entgegen. Der umgekehrte Fall ist ihm ein Graus – dann, wenn der Mannschaft eine Spielweise verordnet wird, die ihre Möglichkeiten übersteigt: »Es gibt nichts Schlimmeres, als wenn du Dinge vorgibst und diese werden am Wochenende einfach umgestoßen. In diesem Moment waren alle Vorgaben für die Katz.«
    »Entscheidend ist nicht die Trainingsform, sondern das Coachen.«
    Klopp nennt beispielhaft die Auswärtspartie beim FC Bayern, die der BVB im Februar 2011 überzeugend mit 3:1 gewann – ein »Big point« auf dem Weg zur Meisterschaft. Die Gäste fielen dabei nicht durch allzu hohe Ballbesitzzeiten auf, sondern waren ungemein zielstrebig und konsequent in ihren Aktionen nach vorne. »Wichtig ist, wann du was machen kannst. Nehmen wir an, ich hätte vor dem Spiel gegen die Bayern gesagt: ›Wenn wir den Ball haben, dann lassen wir die mal richtig laufen.‹« Wären es dann jedoch die Bayern

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