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Jürgen Klopp: Echte Liebe

Jürgen Klopp: Echte Liebe

Titel: Jürgen Klopp: Echte Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elmar Neveling
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Reihe gefeuert wurde. Ich bin sehr glücklich, dass wir es nicht mit Vertikalspiel versucht haben, denn das hätte nicht funktioniert, sondern zu Überforderung geführt. Gegen den Ball waren wir stark, mit Ball haben wir auch ein bisschen Hilfe von oben gebraucht.« Allein die Punkte zählten, da ist Klopp mehr Pragmatiker denn Ästhetiker: »Es geht immer nur darum, die richtigen Maßnahmen im richtigen Moment zu treffen – und das war eben genau das.«
    Doch volle Konzentration auf die Defensive mit wenigen lichten Momenten im Angriff – das macht auf Dauer auch nicht glücklich. So richtig in seinem Element ist Klopp, wenn er eine Mannschaft sukzessive entwickeln kann, sie ausgehend von einer stabilen Grundordnung kontinuierlich auf die nächsthöhere Stufe hieven kann. Bis sie auch offensiv seiner Spielauffassung entspricht. Klopp beschreibt diesen Prozess für seine ersten drei Dortmunder Jahre bis zur Meisterschaft 2011.
    Zunächst die Schotten dicht
    »Wenn ich als neuer Trainer irgendwo hinkomme, ist vorher etwas nicht rund gelaufen, denn sonst würde der Trainer nicht gewechselt. Besserung lässt sich dadurch herbeiführen, dass man als Gruppe defensiv funktioniert. Das macht jede Mannschaft direkt gleich um ein Vielfaches stärker«, betont er noch mal das geeignete »Erste-Hilfe-Mittel« für kriselnde und verunsicherte Mannschaften. Sich zunächst auf den gegnerischen Ballbesitz einzulassen, macht für Klopp auch deshalb Sinn, »weil das etwas ist, was man absolut trainieren kann und wenig mit dem Talent der Mannschaft zu tun hat – hingegen sehr viel mit dem Charakter sowie der Lern- und Laufbereitschaft.«
    Wie sehr die Dortmunder Abwehr 2008 nach Stabilisierung verlangte, verdeutlicht ein Blick in die Statistik: Unter Klopps Vorgänger Thomas Doll hatte der BVB in der Bundesliga-Saison 2007/08 62 Gegentore kassiert. In Klopps Dortmunder Premierensaison waren es dann nur noch 37 Gegentore, 2009/10 deren 42 und im Meisterjahr nur noch ganze 22. Binnen drei Jahren also eine Reduzierung um beinahe zwei Drittel! Weniger Treffer in einer Saison kassierte in der Bundesliga-Historie lediglich der FC Bayern in der Spielzeit 2007/08: Mit 21 nur eines weniger.
    Um die Löcher in der BVB-Abwehr zu stopfen, setzte Klopp auf ein 4-4-2-System mit »flacher Vier«, also mit zwei zentral-defensiven Mittelfeldspielern statt einer Raute 31 . Dass sich Klopp mit seinem Trainerteam für diese Variante entschied, hatte gute Gründe: »Wir haben ein flaches 4-4-2 eingeführt, weil wir sicher sind, dass es das perfekte System ist, um das Spiel gegen den Ball zu trainieren. Es lässt sich am leichtesten durchführen, weil es über die klarsten Abläufe verfügt.« Fast immer, wenn Klopp wesentliche taktische Entscheidungen erklärt, spricht er von »wir«. Denn er versteht sich als Teamplayer, als ein Part des dreiköpfigen Trainerstabs, zu dem noch Zeljko Buvac und Peter Krawietz gehören. Sie werden an späterer Stelle dieses Buches näher vorgestellt.
    Zur Stärkung der Abwehr setzt Klopp zwar auf Ordnung und Konsequenz, nicht jedoch auf eine rustikale Gangart. Angesprochen auf zwei frühere BVB-Verteidiger, argumentierte Klopp im Bundesliga-Sonderheft 2011/12 des Kicker Sportmagazins : »Jürgen Kohler oder Christian Wörns waren fantastische Verteidiger. Aufgrund der systematischen Schwächen ihrer Mannschaften standen sie oft in 1:1-Situationen. Sie mussten als letzte Instanz einspringen. Bei uns gilt: Wer den Zweikampf führt, weiß, dass er ihn sauber führen kann, weil ein anderer ihn absichert. Diesen letztinstanzlichen Zweikampf wie früher sollte es so bei uns gar nicht geben.«
Die Systemfrage
Hinter Klopps Systemargumentation steckt, dass bei der flachen Vier die Abstände leichter zu bestimmen sind, als bei einem 4-4-2 mit Mittelfeldraute. Hinzu kommt: Wird sowohl in der Abwehr als auch im Mittelfeld auf einer Linie gespielt (also mit flacher Vier), liegen zwei Viererketten mit gleichem Verhalten vor – und sind somit in ihrer Abstimmung einfacher zu trainieren. Agiert eine Mannschaft hingegen mit einer Raute, haben die Mittelfeldspieler im ersten Augenblick des Ballverlustes ein anderes Verhalten als die Viererkette hinten, da sie auf dem Spielfeld anders angeordnet sind. Unabhängig von der systemischen Grundordnung müssen die Spieler das gleichzeitige Verschieben der Mannschaftsteile Richtung Ball beherrschen, um als Team eine kompakte Einheit herzustellen.
    Schrittweise Entwicklung des BVB-Spiels
    Mit

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