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Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Titel: Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Zoller Selbst
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es gebe Pässe für die Aftershow-Party im Hotel. Immerhin durften BAP einen Soundcheck machen. Kein Rolling Stone ließ sich blicken. Kein wichtiger Mann vom Management ließ sich blicken. Da, war das nicht Mick Jagger, diese gehetzte Gestalt, die da erratisch durch den Gang schwebte wie ein durchsichtiges Gespinst?
    Seit vier Uhr nachmittags hatte es ununterbrochen aus Kübeln gegossen, jetzt war es 19.30 Uhr und BAP enterten die Bühne. Für die kommenden knapp 50 Minuten sollte es trocken bleiben. Übers Intro von „Verdamp lang her“ erlaubte sich Wolfgang Niedecken den Scherz: „Ich hoffe, dass Mick Jagger jetzt gerade das Stadion betritt.“ Damit spielte er auf die Frage von Mick Jagger an, die der angeblich an gleicher Stelle beim gleichen Song rund 17 Jahre zuvor an Konzertveranstalter Fritz Rau gestellt haben soll: „Tell me, Fritz, what the hell is this?!“ Nach neun Songs, inklusive zwei Zugaben, war Schluss. Den Abbau danach empfand Jürgen als Abriss, der Fluchtweg zurück in den Gang führte in eine ebenfalls schon abgerissene Garderobe, und die Flasche Rotwein war auch weg. Wenigstens hatte man noch Zeit, sich ein überteuertes Erinnerungsstückchen vom Stones-Special-Merchandising für „Mitarbeiter“ zu kaufen, bevor sich die Schleusen des Himmels mit den ersten Tönen des Stones-Auftrittes erneut aufs Allerfeuchteste öffneten, und das sollte auch so bleiben bis zum letzten Ton.
    Je mehr es vom Himmel pisste, desto angepisster fühlte sich Jürgen von der ganzen Veranstaltung. Klar, die Rolling Stones waren die größte Band der Welt, und an sonnigen Tagen liebte er sie, lag auf Knien vor ihnen, war bereit, gerissene Gitarrensaiten von Keith oder zernagte Drumsticks von Charlie aufzuessen, aber jetzt ertappte er sich bei dem ketzerischen Gedanken: Was bin ich denn da jetzt? Multiplikator der Gewinnrechnung? Noch war ja die Hoffnung auf eine rauschende Ballnacht nicht gänzlich zerstoben. Schließlich sollte da diese Party sein im Hotel Wasserturm. Für die sie die richtigen Pässe zu haben glaubten, hoffen. Was war? Die Abordnung der Firma BAP fuhr im Taxi vor, wo sich zwei dieser schicken Herren in eng anliegenden dunklen Anzügen, die mit Drähten im Ohr sicher direkt an
His Masters Voice
gekoppelt waren, ihrer unfreundlich annahmen. Nur mit persönlicher Einladung von Their Satanic Majesty Mick Jagger könne Unwürdigen Einlass zu der auserlesenen Veranstaltung gewährt werden. Einmal Keith Richards, dem großen Virtuosen der Pause zwischen zwei fucking Riffs, dem Twang-Zampano der Rolling-Fucking-Stones die morsche, adrige fucking Hand schütteln, das wäre jetzt fucking great gewesen. Fuck. Vielleicht hätte man gar eine zweite, nach oben noch offenere Zappel-Skala ins Werk setzen müssen, wer weiß? So aber fuhren sie unverrichteter Party zurück ins Hotel und bestellten einen einsamen Wein.
You can’t always get what you want

    Drei Wochen später, am 10.Juli, im
Deutschen Eck
in Koblenz endete das Kapitel BAP mit Major. Die „Verbleibenden“ waren gut drauf, denn sie wussten, dass es bald ein Ende haben würde. Die „Aussteiger“ traten mit demselben Bewusstsein an, um 23.30 Uhr war alles vorbei, „Paar Daach früher“ war der letzter Song, den sie zusammen spielten. Vorher hatte Wolfgang Niedecken angekündigt, er hoffe ja nicht, dass Band und Publikum die nächsten drei Stunden durch ein Tal der Tränen waten müssten. Mussten sie nicht. Als das Konzert vorbei war, ging man auseinander.

    JÜRGEN ZÖLLER … SELBST: Die Aussteiger verabschiedeten sich nicht mal. Einfach aus meinem Leben verschwunden. Bumm. Der Einzige, den ich seither wieder gesehen habe, war bis vor zwei Jahren der Effendi, der war auch gleich da, als wir in der Eifel in der neuen Besetzung geprobt haben. Hat dem Micha seine Orgel geliehen und Sounds gegeben, hat sich da hilfsbereit gezeigt und war auch noch ein paar Mal beim Konzert … Den Major hab ich ab und zu mal angerufen und zum Geburtstag gratuliert. Das war für mich auch der Einzige in diesem Konglomerat – außer Wolfgang natürlich – der ein Profi war und der einen Plan hatte, der sein Handwerk beherrscht und tolle Lieder geschrieben hat. Zwar wurde der nie mein Freund im eigentlichen Sinn, und geschmacklich lagen wir weit auseinander, trotzdem war er souverän bei dem, was er gemacht hat. Das ist auch das, was mich mit ihm noch ein bisschen verbindet. Ich bin da nicht nachtragend, aber er gehört zu diesem Verein, die mit mir respektlos

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