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Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Titel: Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Zoller Selbst
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Wertschätzung durften seine neuen Vertragskünstler die unentgeltlich sortieren, nach Alphabet.
    Heute ist es die Vereinsgaststätte eines Karnevalsvereins. Damals war es auch nicht viel anders. Die Rede ist vom Biton Studio in Frankfurt Heddernheim. Hier sollte also nun die grandiose Plattenkarriere der King Beats beginnen. Man kannte die Räumlichkeiten, man hatte da auch schon Live-Konzerte gespielt. Die gab es immer noch, als sich die King Beats in dem großen hohen Saal einrichteten, der etwas schönfärberisch „Aufnahmeraum“ genannt wurde. Turnhalle wäre eher richtig gewesen. Immerhin: alles war komplett verkabelt, oben war der Regieraum, da die Trennscheibe, die Kabel endeten in Steckverbindungen in den Wänden. „Das Band läuft, Aufnahme bitte“, und die King Beats spielten los. Genau wie bei ihren Auftritten. Ohne Netz und doppelten Boden, ohne Kopfhörer, da war nur ein kleiner quäkiger Kontrolllautsprecher. Fünf Stunden lang wurde die Turnhalle zur Bühne, dann standen „Archibald II“ und „Hear What I Say“. „Archibald II“ war eine Nummer von „Dipsy and the Doodles“ im Stil der schwarzen US-R&B Vokalgruppen. „Hear what I say“ zeigte, dass Podehl sehr genau wusste, warum er ausgerechnet mit den King Beats Geld verdienen wollte. Es war ein Protestsong, in dem die Frankfurter die böse böse Welt und alle Kriege, die auf ihr tobten, anbrüllten. Das allerdings mit einem Gesang mit leichter Schlagseite Richtung Yardbirds, im Stil von Keith Relf auf
Still I’m Sad.
Aber viel viel melancholischer. Mit diesen charakteristischen Rickenbacker-Gitarrenklängen und dem ostinat dräuenden Hintergrundchor. Ein richtiger Protestsong, mit einem obskuren Textautor namens Rudolf Jeer: J-ürgen, E-rhard, E-lmar, R-ichard und R-ainer. But who the Fuck is Rudolf? Das war der Vater der Marz-Brüder, der immer gut auf seine Jungs aufpasste.
    Die King Beats waren in diesen Januartagen nicht nur Rudolf Jeer, sie wechselten ihre Identität fast täglich. Der erste Flug! Nach Berlin! Ins renommierte Hansa-Tonstudio! Dieter Behlinda produzierte dort einen Sampler, für den sie sich wieder ihren alten Namen „The Strangers“ zulegen mussten, „aus vertraglichen Gründen“, wie man ihnen sagte. Egal, dabei sein ist alles. Auf dieser donnernden Partyscheibe namens
Live at the Liverpool Hoop Vol. 2,
die heute ein gesuchtes Sammlerstück ist, war auch der englische Schockrocker Screamin’ Lord Sutch vertreten, von dem später Alice Cooper und Marilyn Manson den Umgang mit blutigen Puppen, ekligen Halsbändern und tropfendem Zierfleisch lernen sollten. Und die legendäre Rhythm’ and Bluesband „The Boots“. Granatenmäßig gut, eine ungehobelte, vorwärtsstürmende Kapelle. Kurz gesagt: die Berliner „Pretty Things“. Fand jedenfalls Jürgen und schlug sich folgerichtig mit den wilden Kerlen die Nächte um die Ohren. Im Studio wurde derweil getrickst:
    Natürlich ist die Partyplatte nicht live. Die Arbeitsatmosphäre im Studio war dagegen höchst lebendig. Vorsichtig ausgedrückt. mindestens 15 auf der Zappel-Skala. Jürgen war motiviert, übermotiviert. Er erklomm den riesig hohen DrumRiser, das sah dann schon eher live aus. Genauso hoch wie abenteuerlich war es. Alles wackelte, die fingerdicken Beckenständerchen wollten sich wegducken unter den live-erprobten Donnerschlägen von Zorro Zöller, dem Zerstörungswütigen. Mit der Faust gegen das Ridebecken! Aua! Sagte das Becken, nicht die Faust. Aus einem Meter fünfzig Höhe bewegte es sich grazil und sehr in Zeitlupe auf das Genick von Rainer Marz zu. Der wich aus, das Becken machte ein unschönes, weder studio- noch live-aufnahmetaugliches Geräusch auf dem Boden. Was Hans Podehl daraufhin von sich gab, hielt Jürgen zunächst auch eher für ein hässliches Geräusch: „Ich glaube nicht, dass du der richtige Mann für die King Beats bist. Okay, live geht es ja. Aber fürs Studio sollte man vielleicht mal jemand anderen nehmen.“ Vielleicht hatte er sich auch nur verhört, und es war ihm im Moment auch egal. Der Chef im Ring bei diesen Aufnahmen war sowieso Dieter Behlinda. Er hatte auch das letzte Wort. Auf der fertigen Schallplatte zumindest. Kaum war der letzte Gitarrenton der A-Seite verklungen, hörte man ihn in fettem Berlinerisch verkünden „Ja, meine Damen und Herren, und jetzt: Alle umdrehen. Die Platte natürlich.“
    Auch wenn sich die Band gelegentlich schon fragte: Wieso nehmen wir eigentlich noch an Beat-Wettbewerben teil, wir

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