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Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Titel: Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Zoller Selbst
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und die der King Beats. Die waren sein Produkt, die hinterfragten seine Arbeitsweise nicht. Geld? Egal. Jürgen fand das alles traumhaft, von Hillscheid nach Berlin, in die Hitparaden, ins Radio, das hatte sonst keiner geschafft. Deutsche Bands mit einem Plattenvertrag waren zu der Zeit sowieso die absolute Ausnahmeerscheinung. Am 21. und 22. Januar mutierten die King Beats im Hansa Studio kurzerhand zu „Ray Textor and the Strangers“. „Ein Traum der Liebe“ hieß der Song von Simon & Garfunkel nun. Ray war natürlich Rainer Marz, der die Leadstimme bei der Aufnahme sang, und wo kamen die King Beats her? Na klar, aus der Textorstraße in Frankfurt-Sachsenhausen. So einfach ging das. Die „Strangers“ fanden es nicht weiter strange.
    Das zweite Stück der Single hieß: „Don’t you know she’s just my style“. Auf Deutsch hieß es erst noch gar nicht, als die Musikantenschar in Berlin ankam. Der Verseschmied schmiedete noch, im Beisein der Musiker, die ihm derweil die Aschenbecher vollrauchten. Jürgen schlief zwischendrin mal auf der Denkercouch ein, der Mangel an Polizeistunden forderte seinen Tribut. Als er aufwachte, standen die Kollegen um ihn herum und kriegten sich vor Lachen nicht mehr ein. In seinen Nasenlöchern und in seinem Mund steckten ein halbes Dutzend abgerauchte Kippen. Pfui Teufel. „Alles hier dokumentiert“, lachte einer der lieben Kollegen und zeigte auf den Fotoapparat. Der Verseschmied war mittlerweile auch mit dem Dichten fertiggeworden und der Song hieß jetzt „Wisst Ihr nicht, sie ist mein Ideal“.
    Der nächste Studiohalt war im Tonstudio Walldorf bei Frankfurt. Ein beeindruckender Regieraum empfing die aufstrebenden Künstler, mit nicht minder beeindruckender Technik: große Anzeiger, schwere Bandmaschinen, Stahl, deutsche Präzisionsarbeit. Ein Maschinenraum des Rock’n’Roll. Furchterregend geradezu die Hallkammer mit einer Hallplatte drin, dazu das EMT-Hallgerät. Tonnenschwer musste das sein. Pfalzgraf hieß der Besitzer. Er führte sich auch wie ein Graf auf. Mindestens. Sein Kunde war nicht der Musiker, sondern höchstens der Produzent. Die Musiker sah er bestenfalls als verzogene Schüler, schlimmstenfalls als angelernte Schiffsschaukelbremser oder irgendwas mit ähnlich niedrigem Sozialprestige. „Du blöder Beatmusiker. Du musikalischer Analphabet. Viervier-teltaktrumpler, Schiefsänger, Zweiakkordeschrubber. Maul halten! Bei mir spielen sonst ganz andere Kaliber.“ Das sagte er nicht, der feine Herr Pfalzgraf, dessen empfindsames Ohr sonst nur von hochqualifiziertem Jazz, Bigbandsound oder Orchesterklängen umspült wurde, erzeugt von der IG „Ganz Andere Kaliber“ e.V. Das dachte er nur, allerdings so deutlich, dass es als Leuchtschrift auf seiner leidgefurchten Stirn zu sehen war. „Achtung, Aufnahme!“ klang da wie eine Drohung aus dem Allerheiligsten, und in den Regieraum drang Jürgen während der Aufnahmen nie vor. Da saßen wieder andere Kaliber: Die Jakob-Sisters mit zwei Pudeln. Saßen da und guckten wie die Jakob-Sisters mit zwei Pudeln. „Achtung, Aufnahme!“ Und dann die Kopfhörer. Man hörte plötzlich alles. Al-les. Wenn zwei Snaredrum-Schläge nicht gleich laut waren, wenn der Bassdrum-Fuß lahmte. Jürgen war nervös. Wild sollte es werden.
Beat Party in Stereo
wurde aufgenommen. Live im Studio. Rainer drehte den Verstärker auf, sich um, die Gitarre zum Verstärker hin. Jawohl, Feedback! Live in Stereo. Wie, was? Der große Schmerzensmann Pfalzgraf ließ sich unerwartet live über Kopfhörer hören: „Lass den Unsinn, mach nicht so ein Zeug, das hält das Mikrofon nicht aus“ und „Das machen wir jetzt noch mal“. Zwei Nachmittage dauerte es, die King Beats hämmerten dann doch recht entfesselt dreißig Songs in die stählernen deutschen Aufnahmeapparate.
Beat Party in Stereo, Volume I und II
würden die famosen Scheiben heißen, die als Billigplatten in die Kaufhäuser kommen sollten. Fast fertig, es fehlte nur noch der Applaus. „Da nehmen wir doch mal dieses Band hier: …“
King Beats, Stadthalle Oberursel
stand drauf. „Jetzt aber noch mal lauter, Leute, wir nehmen das auf“, hatten sie dort das willfährige Publikum aufgefordert. Und so mischte sich dann für die Ewigkeit festgenagelt aufs Hinterlistigste Oberurseler Live-Händeklatschen zu Musik der King Beats mit Walldorfer Studio-Musik der „Ad-Libs“. So hieß die Band für diese zwei Tage eben mal kurz, weil sich die Plattenfirma nicht mit zwei Produkten der

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