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Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Titel: Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Zoller Selbst
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haben doch schon alles, tun sie es trotzdem immer mal wieder. Zwischendrin sind sie auch mal zu Hause. Aber nur kurz: am Sonntagmittag, 16. Januar 1966, bauten sie ihre Instrumente in der Hanauer Stadthalle auf. Dort wurde die „beste Amateur-Beat-Band Hessens“ gekürt. Den Siegern winkten ein silberner Pokal und 600 Mark, die King Beats wurden Zweiter. Die Jury, bestehend aus zwei Journalisten und „zwei musikbegeisterten jungen Leuten“ sah sie zwar auf Platz Eins, das Hanauer Publikum bevorzugte aber seine Lokalmatadoren „The Rizzies“. Den Spaß war es allemal wert. Als die King Beats am Dienstag danach die Zeitung in die Hand bekamen, konnten sie sich immerhin über ein Sonderlob für ihren nicht namentlich erwähnten Schlagzeuger freuen: „Er ist 18 Jahre alt, Lehrling bei der Lufthansa …“ Wie bitte? Ja, das auch, aber das ist eine andere Geschichte, weiter im Text „. und ein Naturtalent. Sein Gefühl für Rhythmus kann man nicht erlernen. Man hat es oder man hat es nicht.“ Das Allerschönste an dem Artikel war allerdings die von gerade überwundener panischer Angst des Reporters vor der mysteriösen und zu schillerndsten Exzessen bereiten Jugend geprägte Beschreibung der Atmosphäre bei der Veranstaltung: „Die jungen Menschen im Publikum hielten sich mustergültig. Sie waren begeistert und machten überhaupt nicht den Versuch zu randalieren. Warum? Erstens wurde ihnen das nicht von raffinierten Schau-Managern einsouffliert, wie das bei Profi-Beatveranstaltungen häufig der Fall ist, und zweitens waren sie sowieso mit in das Geschehen einbezogen. Sie mussten ja mit entscheiden, wem der Siegeslorbeer gebühre.“ Puh, gerade noch überlebt, den Angriff der bolschewistischen Negermusik. Den King Beats war es hinlänglich egal, wem der Siegeslorbeer gebührte, sie mussten schon wieder Koffer packen im Bewusstsein, dass der nächste Studioaufenthalt bald anstünde. Wo sicher die raffinierten Schaumanager schon vor den vorgeglühten Mischpulten säßen, um ihnen Randale einzusoufflieren, auf dass man sie auf Platte presse und verkaufe im Auftrag drogenhandelnder Russen.
    Am darauffolgenden Wochenende ging es wieder ab nach Berlin, diesmal durch die DDR. Bei minus fünfzehn Grad kam man mit dem klapprigen VW-Bus, vollgestopft mit Anlage und Instrumenten, an der Grenze an. Die Grenzer wollten alles sehen. Die King Beats froren. Die Grenzer entdecken die
Neue Revue
und die
Quick
und beschlossen, eine spontane Kadersitzung einzuberufen mit dem Thema: „Wie halten die Medien des Klassenfeindes die unterdrückten Werktätigen in Westdeutschland vom Kampf für ihre berechtigten Forderungen ab?“ Die Grenzer verschwanden mit den Schanderzeugnissen für Stunden im Hinterzimmer. Die King Beats froren. Keine Gnade. Kein Hinterzimmer für sie.
    Podehl kannte später auch keine Gnade, dafür aber die neusten Hits aus Übersee.
„Sounds of Silence,
kennt ihr?“ „Nö“ Damit eröffnete er seinen Plan oder anders gesagt: Gab den Befehl, dass hier und jetzt eine deutsche Coverversion dieses neusten Songs des amerikanischen Duos Simon & Garfunkel aufzunehmen sei. „Ich will, dass das Ding gleichzeitig hier in den Läden steht wie die amerikanische Version, klar?“ Hans Podehl hatte immer sein Ohr am vibrierenden Lautsprecher. Immer, wenn seine Antennen bei AFN etwas Hitverdächtiges einfingen, änderte sich sein Gesichtsausdruck. Gewöhnlich gut informierte Kreise wollten in solchen Momenten Moneten in seinen Augen aufscheinen gesehen haben. Dollarzeichen. 1966 ging das ganz unbürokratisch. Podehl, das Gesamtkunstwerk, war Musikmultifunktionär und verfügte somit über eine gespaltene Persönlichkeit, vielseitig einsetzbar. Podehl I entschied aus eigener Machtvollkommenheit: Die Nummer ist gut, er beschließt: Die nehmen wir, und er bucht „seine“ Band. Die selbstredend schon Gitarre bei Fuß vorm Studio herumlungert, hungrig darauf, mit potentiellen Hits beworfen zu werden. Podehl II beauftragt einen professionellen Verseschmied, auf die Schnelle einen singbaren deutschen Text zu erdichten. Die Plattenfirma brauchte sich nicht einzumischen, die verließ sich auf Podehls knubbelige Spürnase, und sagte: okay. Es war eine Zeit des Aufbruchs, und die Plattenbosse suchten schließlich deutsche Talente. Podehl III konnte dann abschließend seine potentiellen Hits, die Produkte von Podehl I und II wunderbar selbst im Radio bewerben, was er selbstredend tat. Die Frankfurter Schlagerbörse war seine Bühne

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