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Jugend ohne Gott (German Edition)

Jugend ohne Gott (German Edition)

Titel: Jugend ohne Gott (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ödön von Horvath
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»Er hat meinen Sohn am Gewissen, nur er!« Er bekommt einen Herzanfall und muß hinausgeführt werden. Seine Gattin hebt drohend den Arm: »Fürchten Sie sich«, ruft sie mir zu, »fürchten Sie sich vor Gott.«
    Nein, ich fürchte mich nicht mehr vor Gott.
    Ich spüre den allgemeinen Abscheu um mich herum. Nur zwei Augen verabscheuen mich nicht.
    Sie ruhen auf mir.
    Still wie die dunklen Seen in den Wäldern meiner Heimat.
    Eva, bist du schon der Herbst?

Eva wird nicht vereidigt.
    »Kennst du das?« fragt sie der Präsident und hebt den Kompaß hoch.
    »Ja«, sagt sie, »das zeigt die Richtung an.«
    »Weißt du, wem der gehört?«
    »Mir nicht, aber ich kann es mir denken.«
    »Schwindel nur nicht!«
    »Ich schwindle nicht. Ich möchte jetzt genauso die Wahrheit sagen wie der Herr Lehrer.«
    Wie ich?
    Der Staatsanwalt lächelt ironisch.
    Der Verteidiger läßt sie nicht aus den Augen.
    »Also los!« meint der Präsident.
    Und Eva beginnt:
    »Als ich den Z in der Nähe unserer Höhle traf, kam der N daher.«
    »Du warst also dabei?«
    »Ja.«
    »Und warum sagst du das erst jetzt? Warum hast du denn die ganze Untersuchung über gelogen, daß du nicht dabei warst, wie der Z den N erschlug?!«
    »Weil der Z nicht den N erschlug.«
    »Nicht der Z?! Sondern?!«
    Ungeheuer ist die Spannung. Alles im Saal beugt sich vor. Sie beugen sich über das Mädchen, aber das Mädchen wird nicht kleiner.
    Der Z ist sehr blaß.
    Und Eva erzählt: »Der Z und der N rauften fürchterlich, der N war stärker und warf den Z über den Felsen hinab. Ich dachte, jetzt ist er hin, und ich wurde sehrwild, und ich dachte auch, er kennt ja das Tagebuch und weiß alles von mir – ich nahm einen Stein, diesen Stein da, und lief ihm nach. Ich wollte ihm den Stein auf den Kopf schlagen, ja, ich wollte, aber plötzlich sprang ein fremder Junge aus dem Dickicht, entriß mir den Stein und eilte dem N nach. Ich sah, wie er ihn einholte und mit ihm redete. Es war bei einer Lichtung. Den Stein hielt er noch immer in der Hand. Ich versteckte mich, denn ich hatte Angst, daß die beiden zurückkommen. Aber sie kamen nicht, sie gingen eine andere Richtung, der N zwei Schritte voraus. Auf einmal hebt der Fremde den Stein und schlägt ihn von hinten dem N auf den Kopf. Der N fiel hin und rührte sich nicht. Der Fremde beugte sich über ihn und betrachtete ihn, dann schleifte er ihn fort. In einen Graben. Er wußte es nicht, daß ich alles beobachtete. Ich lief dann zum Felsen zurück und traf dort den Z. Er tat sich nichts durch den Sturz, nur sein Rock war zerrissen, und seine Hände waren zerkratzt.« –
    Der Verteidiger findet als erster seine Sprache wieder: »Ich stelle den Antrag, die Anklage gegen Z fallenzulassen –«
    »Moment, Herr Doktor«, unterbricht ihn der Präsident und wendet sich an den Z, der das Mädel immer noch entgeistert anstarrt.
    »Ist das wahr, was sie sagte?«
    »Ja«, nickt leise der Z.
    »Hast du es denn auch gesehen, daß ein fremder Junge den N erschlug?«
    »Nein, das habe ich nicht gesehen.«
    »Na also!« atmet der Staatsanwalt erleichtert auf und lehnt sich befriedigt zurück.
    »Er sah nur, daß ich den Stein erhob und dem N nachlief«, sagte Eva.
    »Also warst du es, die ihn erschlug«, konstatiert der Verteidiger.
    Aber das Mädchen bleibt ruhig.
    »Ich war es nicht.« Sie lächelt sogar.
    »Wir kommen noch darauf zurück«, meint der Präsident. »Ich möchte jetzt nur hören, warum ihr das bis heute verschwiegen habt, wenn ihr unschuldig seid. Nun?«
    Die beiden schweigen.
    Dann beginnt wieder das Mädchen.
    »Der Z hat es auf sich genommen, weil er gedacht hat, daß ich den N erschlagen hätt. Er hat es mir nicht glauben wollen, daß es ein anderer tat.«
    »Und wir sollen es dir glauben?«
    Jetzt lächelt sie wieder.
    »Ich weiß es nicht, es ist aber so –«
    »Und du hättest ruhig zugeschaut, daß er unschuldig verurteilt wird?«
    »Ruhig nicht, ich hab ja genug geweint, aber ich hatte so Angst vor der Besserungsanstalt – und dann, dann hab ichs doch jetzt gesagt, daß er es nicht gewesen ist.«
    »Warum erst jetzt?«
    »Weil der Herr Lehrer auch die Wahrheit gesagt hat.«
    »Sonderbar!« grinst der Staatsanwalt.
    »Und wenn der Herr Lehrer nicht die Wahrheit gesagt hätte?« erkundigt sich der Präsident.
    »Dann hätte auch ich geschwiegen.«
    »Ich denke«, meint der Verteidiger sarkastisch, »du liebst den Z. Die wahre Liebe ist das allerdings nicht.«
    Man lächelt.
    Eva blickt den Verteidiger groß

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