Julia Ärzte zum Verlieben Band 36
jetzt mal zum Anmeldungstresen. Nochmals vielen Dank für die Pralinen.“
„Gern geschehen.“
Rasch eilte sie davon, ehe sie etwas wirklich Blödes machte. Ihn zu küssen, zum Beispiel.
In der folgenden Woche gelang es Lisa, sich Joel gegenüber rein professionell zu verhalten. Dann kam der Freitag, an dem die Notaufnahme aus allen Nähten zu platzen schien. Lisa hatte Frühdienst, doch der Warteraum war noch immer voll, als sie gehen wollte.
„Wir sind völlig überlastet, und die Leute beschweren sich alle über die langen Wartezeiten. Wären Sie vielleicht so lieb und würden noch einen Patienten behandeln?“ Ally, die Sprechstundenhilfe, wirkte gestresst.
Da Lisa nichts Dringendes vorhatte, machte es ihr nichts aus, länger zu bleiben. „Klar.“ Lächelnd nahm sie die Patientenakte, die Ally ihr hinhielt.
Sie behandelte mehrere Patienten, und nach und nach leerte sich der Warteraum. Lisa erledigte ihre Eintragungen und überlegte gerade, ob sie jetzt gehen sollte.
Da hörte sie Ally sagen: „Tut mir leid, Dr. Mortimer ist in einer Behandlung. Ich werde es ihm so bald wie möglich ausrichten.“
„Wann kann ich zu ihm?“
„Das kommt auf den Patienten an“, sagte Ally. „Bitte nehmen Sie Platz. Ich rufe Sie, so schnell es geht.“
„Ich muss Joel sofort sprechen“, beharrte die Frau. „Es ist wirklich wichtig.“ Ihre Stimme klang drängend.
Lisa kam herüber. „Verzeihung, ich habe zufällig gerade mitgehört. Ich bin eine Kollegin von Joel. Kann ich Ihnen weiterhelfen?“
Die Frau schüttelte den Kopf. „Danke, aber ich muss ihn persönlich sprechen.“
Ihre verzweifelte Miene weckte Lisas Mitleid. „Ich schau mal, was ich für Sie tun kann. Könnten Sie mir vielleicht sagen, worum es geht?“
Die Frau entspannte sich erleichtert. „Meine Mutter ist krank. Ich muss sofort zu ihr, und ich kann Beth nicht mitnehmen. Joel sollte sie eigentlich längst abgeholt haben. Normalerweise ist es kein Problem, wenn er später kommt. Doch heute …“
Beth.
Lisa bemerkte das kleine Mädchen, das neben der Frau stand und ihre Hand hielt. Eine weibliche Ausgabe von Joel, allerdings mit erstaunlich tiefblauen Augen und einem süßen Schmollmund. Beides hatte sie wohl von ihrer Mutter geerbt. Alles andere an ihr stammte von Joel. Die alabasterhelle Haut und das lange, fast schwarze Haar, das zu einem Pferdeschwanz gebunden war. Die Kleine trug noch ihre Schuluniform, biss sich auf die Lippen und trat von einem Fuß auf den anderen. Offenbar hatte sie das Gefühl, eine Last zu sein. Sie tat Lisa leid.
„Hören Sie, es wird sicher nicht mehr lange dauern, bis Joel fertig ist.“ Er hätte genau wie sie vor über einer Stunde Dienstschluss gehabt. „Wenn Sie wollen, passe ich solange auf Beth auf.“
Die Frau schien hin- und hergerissen zwischen Zögern und Dankbarkeit.
Lisa lächelte sie an und zeigte ihr ihren Arztausweis. „Ich bin Dr. Lisa Richardson. Und ich werde Beth nicht entführen. Ally kann das bezeugen, stimmt’s?“
Ally nickte. „Natürlich.“
„Na ja, wenn Sie meinen.“ Die Frau machte noch immer eine zweifelnde Miene.
Lisa hockte sich hin, sodass sie mit dem Mädchen auf gleicher Augenhöhe war. „Beth, ich heiße Lisa, und ich arbeite mit deinem Daddy zusammen. Soll ich dir ein paar Geschichten vorlesen, solange dein Daddy jemand anderen gesund macht?“
Schüchtern nickte die Kleine.
Die Frau überlegte einen Moment und seufzte dann. „Ich danke Ihnen. Beth, dein Daddy wird gleich kommen. Sei brav bei Dr. Richardson, ja?“
Beth nickte und biss sich auf die Lippen. „Hannah, wird deine Mummy auch sterben, so wie meine?“
Hannah sah aus, als wäre sie den Tränen nahe. Sie machte sich offensichtlich große Sorgen um ihre Mutter.
„Hey, nicht jeder stirbt, wenn er krank ist“, meinte Lisa ruhig. „Ein Doktor kann dabei viel helfen. Und dein Daddy tut das ja auch.“
„Meine Mummy konnte er nicht gesund machen“, erklärte Beth sachlich.
„Aber er hilft vielen Menschen, wieder gesund zu werden“, antwortete Lisa.
„Nein, meine Mum wird nicht sterben“, erklärte Hanna. „Ihr geht es bloß nicht besonders gut, und ich muss zu ihr.“
Lächelnd meinte Lisa: „Machen Sie sich keine Gedanken. Ich kümmere mich um Beth, bis Joel kommt. Wir werden schon miteinander auskommen.“ Sie richtete sich auf und hielt Beth ihre Hand hin. „Sollen wir im Büro von deinem Daddy warten?“ Dort war es ruhiger, und das Mädchen würde auch keine traumatischen
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