Julia Ärzte zum Verlieben Band 36
während eines Orkans im Meer ertrunken war, hatte sie in den Armen eines anderen Mannes Trost gesucht.
So stark waren ihre Schuldgefühle gewesen, dass sie sich einfach nicht überwinden konnte, Nick zu erzählen, dass Jem von ihm war. Außerdem war er damals mit Annabel verheiratet gewesen und hatte schon drei Kinder. Trotzdem hatte er im letzten Jahr zufällig die Wahrheit erfahren, als Kate sich einer Freundin anvertraute.
Sie stand auf und ging zum Fenster. Draußen war es dunkel, und die Scheibe reflektierte leicht verschwommen ihr Gesicht und milderte dadurch die feinen Fältchen, die sich um ihre Augen gebildet hatten. Die Blüte der Jugend war längst vorbei, aber Kate erinnerte sich noch genau an die leidenschaftlichen Stunden in Nicks Armen, damals vor elf Jahren.
Wie wäre ihr Leben verlaufen, wenn sie ihm gleich erzählt hätte, dass Jem von ihm war? Hätte er sich dann zu seinem Kind bekannt? Kate seufzte. Es hatte keinen Zweck, mit sich zu hadern. Damals hatte sie eine Entscheidung getroffen, und damit musste sie leben. Sie hoffte nur, dass Annie die richtige traf und glücklicher wurde als sie.
„Oh, Darling, das sind ja wundervolle Neuigkeiten!“ Ihre Mutter reagierte begeistert, als Annie sie anrief. „Ich kann es kaum erwarten, Dad und David davon zu erzählen. Sie sind gerade alle mit den Kindern unten am Strand.“
Wie gern wäre Annie jetzt bei ihrer Familie gewesen!
„Sollen wir zurückkommen, Liebes?“
„Nein, natürlich nicht, Mum. Ich weiß doch, wie lange ihr euch auf diese Reise gefreut habt. Im August seid ihr ja wieder da, früh genug, um bei der Geburt dabei zu sein.“
Am anderen Ende trat eine betretene Stille ein.
„Heißt das, dass du wieder mit Robert zusammen bist?“, fragte Mrs. Thomas.
Annie wusste, dass ihre Mutter mit ihm nie richtig warm geworden war, und als er sie verlassen hatte, war sie empört gewesen. Ein Mann, der sich so verhält, ist deiner nicht wert, mein Kind , hatte sie gesagt. Ohne ihn bist du besser dran.
„Nein, das Baby ist nicht von ihm.“
Wieder Schweigen. Ihre Mutter starb wahrscheinlich vor Neugier, aber sie hätte nie direkt gefragt.
„Der Vater ist jemand, den ich in Spanien kennengelernt habe … ein Arzt“, gestand sie verlegen. „Ich werde ihn nicht wiedersehen.“
„Hauptsache, du bist glücklich, mein Schatz“, entgegnete ihre Mutter sanft. „Und du wirst nicht allein sein. Dad und ich werden dir helfen, wo wir können.“
Das Telefonat mit ihrer Schwester in Schottland verlief nach einem ähnlichen Muster. Fiona war genauso begeistert wie ihre Mutter, hatte aber deutlich weniger Skrupel, Annie genau auszufragen.
„Weiß dein Dr. Castillo schon, dass er Vater wird?“
„Nein.“ Annie zögerte. „Ich wollte es ihm sagen, aber …“
„Du musst, Schwesterherz.“ Für Fiona schien es keine Alternative zu geben. „Tu das Richtige.“
„Ja.“ Sie seufzte. „Das tue ich doch immer.“
Trotzdem schob sie den Anruf noch eine Weile vor sich her. Seit ihrem Abschied an jenem Morgen in Andalusien hatte sie nichts mehr von ihm gehört. Auch wenn sie es lange nicht wahrhaben wollte, so hatte sie doch gehofft, dass er Kontakt zu ihr aufnehmen würde. Das war nicht passiert, und das bedeutete, dass er wirklich nichts mehr von ihr wissen wollte.
Zwei Tage später fasste sie sich ein Herz und suchte die Nummer des Krankenhauses in Barcelona heraus. Nachdem sie ein paarmal tief Luft geholt hatte, um sich zu beruhigen, wählte sie und bat darum, zu Dr. Castillo durchgestellt zu werden.
Nervös und mit wild klopfendem Herzen wartete sie. Wie würde er die Neuigkeiten aufnehmen?
„ ¡Hola! Rafael Castillo.“
Die tiefe Männerstimme brachte auf einen Schlag alle Erinnerungen zurück. Annie sah sein gebräuntes Gesicht vor sich und spürte seine warmen Finger auf ihrer Haut. Ihre Hände bebten so sehr, dass sie schon befürchtete, den Hörer fallen zu lassen.
„Rafael, hier ist Annie.“
Keine Antwort. Die Pause dehnte sich, und Annie fragte sich, ob er nicht mehr wusste, wer sie war, oder ob es ihm die Sprache verschlagen hatte, so unerwartet von ihr zu hören.
„Wie geht es dir? Ist etwas passiert?“
„Nein, nein. Wenigstens nichts …“ Nichts Schlimmes, hatte sie sagen wollen, aber was für sie das höchste Glück bedeutete, konnte für ihn ein Ärgernis sein. „Entschuldige, dass ich dich während der Arbeit anrufe, aber ich wusste nicht, wie ich dich sonst erreichen sollte.“
„ No es nada “, sagte
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