Julia Ärzte zum Verlieben Band 37
bin erwachsen und kümmere mich seit fast zehn Jahren allein um meine Kinder. Außerdem habe ich ja Tim und Chelsea.“
„Du brauchst auch erwachsene Gesprächspartner.“
„Hab’ ich bei der Arbeit genug.“
Skye sah Stacy nachdenklich an. „Seit Mum und Dad gestorben sind, hast du dich irgendwie zurückgezogen. Bist stiller geworden.“
„Ich vermisse sie schrecklich.“
„Ich auch. Und ich bin dir ewig dankbar dafür, dass ich die letzten Jahre bei dir wohnen durfte.“
„Davon haben wir doch beide profitiert. Ich hab’ dich bei deinem Studium unterstützt, und du hast dich um die Kinder gekümmert, wenn ich arbeiten war. Ich kann mir niemanden vorstellen, dem ich die beiden lieber anvertraut hätte.“
„Stacy, jetzt lenk nicht ab. Ich will dir doch nur sagen, dass du es nicht grundsätzlich ausschließen solltest, noch einmal von vorn anzufangen. Vertrau mir! Ich hab’ schließlich Psychologie studiert und kenne mich mit solchen Sachen aus. Einsamkeit ist etwas Schreckliches.“
Das Chili fing an, im Topf zu blubbern, und schnell wandte Stacy ihre Aufmerksamkeit wieder dem Herd zu. „Wir können gleich essen. Kannst du nachsehen, ob die Kinder mit ihren Aufgaben draußen fertig sind und sie dann ins Bad zum Händewaschen schicken?“
„Klar“, antwortete Skye und stibitzte beim Hinausgehen ein Stück Karotte aus dem Salat.
Als Stacy später am Abend allein im Wohnzimmer saß, dachte sie noch einmal über Skyes Worte nach.
Nachdem ihre Eltern vor zwei Jahren gestorben waren, hatte Stacy sich förmlich erdrückt gefühlt von der Verantwortung. Skye, die zehn Jahre jünger als sie selbst war, hatte damals gerade erst mit ihrem Hauptstudium begonnen. Die Zwillinge waren noch in der Einschulungsphase gewesen, und ihr war kurz zuvor die vorübergehende Leitung der Abteilung für Unfallchirurgie übertragen worden. Stacy hatte vom ersten Weckerklingeln am Morgen bis spät in die Nacht hinein so viel zu tun gehabt, dass ihr keine Zeit zum Nachdenken geblieben war.
Während sie nun im Halbdunkel ihres Hauses saß, überlegte Stacy, wie es zu dieser Wendung gekommen war. Früher war sie so fröhlich und ausgelassen gewesen. Fast schon ein wenig verrückt. Und heute? Was war aus ihr geworden? War sie reifer? Erwachsener? War ihr Leben vorbei, weil sie in zwei Jahren vierzig wurde?
Sie schloss die Augen und schüttelte den Kopf; noch immer fassungslos darüber, wie unprofessionell sie sich Justin Gray gegenüber verhalten hatte. Zu Stacys Erstaunen konnte sie sich Justins Gesicht mühelos ins Gedächtnis rufen. Seine klaren Konturen, die kleinen Lachfältchen, die intensive Farbe seiner Augen und seine sicheren, kompetenten Hände. Ein versonnenes Lächeln huschte über ihr Gesicht, und Stacy spürte ein Gefühl der Zuneigung, das sie schon lange verloren geglaubt hatte.
Unvermittelt überlegte sie, was diese sicheren, kraftvollen Hände noch alles tun könnten. Doch sofort verbat sie sich diese Gedanken; beschämt darüber, dass sie sich Fantasien mit dem Ehemann einer anderen Frau hingegeben hatte.
Na ja, ich könnte morgen zumindest herausfinden, ob er verheiratet ist oder nicht, beschloss sie und machte sich auf den Weg ins Schlafzimmer. Wenn er nicht gebunden war, wäre es ja nicht so schlimm, ein wenig zu träumen …
Am nächsten Morgen herrschte das übliche Chaos. Die Zwillinge mussten geweckt und für die Schule fertig gemacht werden, Brotdosen gefüllt und Frühstücksspuren beseitigt werden.
„Hast du gut geschlafen?“, fragte Skye, während sie ihre Bluse bügelte.
„Ja, danke.“
„Ach wirklich?“ Neckend sah Skye ihre Schwester an. „Hattest du einen schönen Traum? Mit einem männlichen Hauptdarsteller?“
„Natürlich nicht!“, antwortete Stacy eine Spur zu schnell. Doch sie wusste, dass sie ihre Schwester nicht täuschen konnte.
„Es haben sich also keine gutaussehenden neuen Ärzte in deinem Unterbewusstsein getummelt?“
„Skye!“, rief Stacy entrüstet, verstummte dann aber, weil Chelsea zur Tür herein kam.
„Beeilt euch! Wir fahren in fünf Minuten los“, verkündete Stacy energisch, während Skye kichernd den Raum verließ. Mürrisch sah Stacy aus dem Fenster. Schon wieder Regen. „Denkt daran, euer Regenzeug mitzunehmen“, ermahnte sie die Kinder.
Kurz darauf fuhren sie ab, und nachdem Stacy die Zwillinge vor der Schule abgesetzt hatte, schlug sie den Weg zur Universität ein.
„Hast du jetzt von ihm geträumt oder nicht?“, knüpfte Skye an das
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