Julia Ärzte zum Verlieben Band 37
Glück. Nachdem mich jetzt alle Leute im Krankenhaus kennen und ich mich eingearbeitet habe, haben sie aufgehört, mich ehrfurchtsvoll anzusehen. Es kommen nicht ständig Assistenzärzte, die jedes noch so kleine Detail mit mir besprechen wollen. Ich habe nicht mehr ununterbrochen einen ganzen Schwarm von Doktoranden um mich herum, die jede meiner Bewegungen registrieren. Ich bin für keine Forschungsprojekte mehr verantwortlich und brauche nicht mehr jede meiner Entscheidungen vor einer Gruppe von Kollegen zu rechtfertigen, die mich so hoch auf ein Ehrenpodest gestellt haben, dass ich ständig befürchte, herunterzufallen, sobald sie bemerken, dass ich auch nur ein gewöhnlicher Mensch bin.“
„Lieber Himmel. War es wirklich so schlimm?“
„Am Anfang hast du mich gefragt, ob Stress der Grund dafür war, dass ich aus Melbourne weggegangen bin. Ich war damals nicht ganz ehrlich zu dir, Stacy. Es war nicht die Arbeitsbelastung, sondern der Druck, den meine Kollegen auf mich ausgeübt haben. Der Druck, ständig perfekt sein zu müssen. Denn das bin ich nicht. Niemand ist perfekt. Natürlich war Mike der Hauptgrund für meinen Umzug, aber seitdem ich im Limestone Coast Hospital bin, freue ich mich jeden Tag auf meine Arbeit. Sie macht mir wieder Spaß. Die Leute hier sind so nett. Ungeheuchelt nett. Sie mögen mich, weil ich Justin, der Kollege, bin, und nicht, weil sie mich als Genie bewundern.“
„So habe ich das noch gar nicht gesehen“, antwortete Stacy nachdenklich und fügte dann augenzwinkernd hinzu: „Du bist also ein ganz gewöhnlicher Mensch?“
„Siehst du? Genau das meinte ich! Du nimmst mich nicht so ernst. Und du hast keine Angst davor, mir zu widersprechen oder mich zu veralbern. Du bringst wirklich frischen Wind in mein Leben, Stacy.“
„Und du weichst meinen Fragen aus.“
„Was wolltest du noch gleich wissen?“
„Ich habe dich gefragt, wie du dich fühlst. Jetzt, da dein Vater wieder daheim und außer Gefahr ist.“
„Es geht mir gut, Dr. Carrington.“
„Gut. Ich bin mir nicht sicher, ob ich dir wirklich glaube, aber für heute lass ich die Antwort gelten.“ Stacy schwieg einen Augenblick und überlegte angestrengt, wie sie diese nette Unterhaltung noch ein wenig verlängern könnte. Doch ihr fiel beim besten Willen nichts mehr ein. „Okay, ich will dich nicht länger stören. Ich wollte mich nur erkundigen, wie es Herb und euch allen geht. Schön, dass alles in Ordnung ist. Bis morgen dann.“
„Stacy, warte!“
Stacy schickte ein Dankgebet zum Himmel. „Ja?“
„Ich wollte mich noch bei dir für deine Unterstützung während der letzten Tage bedanken.“ Justin senkte seine Stimme und suchte nach Worten. „Ähm, also, ehrlich gesagt, es hat mir schon ziemlich zugesetzt, meinen Dad so zu sehen. Er ist immer kerngesund gewesen. Unverwüstlich. Eigentlich war Mum mit ihrem Asthma immer diejenige mit der anfälligen Gesundheit.“
„Heißt das, es geht dir gar nicht so gut, wie du behauptet hast?“
Justin holte tief Luft. „Als ich gesagt habe, dass es mir gut geht, meinte ich, es geht mir ganz gut, aber trotzdem nicht besonders gut.“
„Alles klar. Noch komplizierter geht’s wohl nicht?“, lachte Stacy.
„Ich mag dein Lachen.“ Justin lehnte sich in seinem Sessel zurück und legte die Füße aufs Sofa.
Stacy gefiel diese freundschaftliche Unterhaltung. „He, versuch nicht, das Thema zu wechseln!“
„Warum nicht? Wir müssen doch nicht die ganze Zeit von mir sprechen.“
„Doch. Als Ärztin ist es meine Pflicht, sicherzustellen, dass du körperlich und seelisch in der Lage bist, dich um deinen Vater zu kümmern.“
„Körperlich und seelisch in der Lage? Ich will doch kein Testament machen!“
Stacy lachte wieder, und Justin genoss den Klang ihrer Stimme. Bei der Arbeit war sie in letzter Zeit etwas zurückhaltend gewesen; vor allem, wenn sie mit ihm allein gewesen war. Ihr schüchternes Verhalten hatte ihre aufkeimende Beziehung nur noch romantischer gemacht. Heute telefonierten sie zum ersten Mal nach Dienstschluss miteinander, und es machte ihm unglaublich viel Spaß, so mit ihr zu flirten.
„Wie geht es dir denn nun? Erst sagst du, dass alles okay ist, dann widersprichst du dir selbst, dann lenkst du wieder vom Thema ab. Allmählich bin ich etwas verwirrt.“
„Geht mir genauso“, erklärte er grinsend.
Wieder entstand eine Pause, und Stacy zermarterte sich erneut den Kopf nach einer witzigen, geistreichen Bemerkung. Sie wollte ihn so
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