Julia Ärzte zum Verlieben Band 37
und so vernünftig und klug.“
„Das war sie auch.“ Charlotte hatte ihre Tante vergöttert, und sie vermisste sie noch immer sehr.
„Du erinnerst mich an sie“, sagte Nick sanft. „Nicht nur, weil du ihr sehr ähnlich siehst. Du besitzt die gleiche innere Stärke wie sie, und ich bin genauso stolz auf dich, wie sie es gewesen wäre. Es braucht viel Mut, so ein Projekt anzugehen, wenn …“ Seine Stimme verlor sich.
„Wenn ich so etwas auch durchgemacht habe?“ Charlotte schlang die Arme um sich. „Deshalb tue ich es doch, Nick. Natürlich ist es nicht einfach, vor allem, weil es Erinnerungen weckt, die schwer zu ertragen sind. Aber deshalb …“ Tapfer schluckte sie den gallebitteren Geschmack, der sich in ihrem Mund gesammelt hatte, hinunter. „Weißt du, es ist leichter, mit jemandem darüber zu reden, dem das Gleiche angetan wurde. Und wenn ich davor zurückscheue, dann hat Michael gewonnen.“ Sie hob das Kinn. „Das lasse ich nicht zu, Nick. Ich werde den Frauen helfen, das Trauma zu verarbeiten – so wie andere mir geholfen haben, darüber hinwegzukommen.“
„Aber noch bist du es nicht, oder? Du hast dich seitdem nicht mehr mit einem Mann verabredet. Drei Jahre sind eine lange Zeit, Liebes.“
„Und was du machst, ist besser?“, entfuhr es ihr. „Ein Date nach dem anderen, damit man sich nicht mit sich selbst befassen muss?“
Nick lief dunkel an. „Deshalb musst du nicht grob werden.“
Sie zuckte zusammen. „Entschuldige, das hätte ich nicht sagen dürfen. Nicht zu dir. Ohne dich hätte ich keinen Raum für meine Beratungsstelle.“
Großzügig hatte Nick ihr ein Zimmer in seiner Gemeinschaftspraxis überlassen, in dem sie an jedem Mittwoch Beratungen für vergewaltigte Frauen anbieten konnte. Im Gegenzug hatte sie versprochen, in der Praxis über Herzgesundheit zu informieren, vor allem Gemmas ältere Patientinnen, die die Wechseljahre bereits hinter sich hatten.
„Du hättest etwas anderes gefunden.“
„Aber Penhally Bay ist perfekt. Dieses Städtchen hat etwas … auch wenn es sich albern anhört … etwas Heilendes.“
„Das ist nicht albern. Und ich denke, du hast schon recht – ich bin oft mit Frauen unterwegs, vielleicht zu oft. Aber ich vergesse deine Tante nicht.“ Nick seufzte. „Nie. Wie sie gestorben ist, wird mich für den Rest meines Lebens verfolgen.“
Jetzt drückte sie seine Hand. „Nick, das hätte Annabel nicht gewollt. Was ihr passiert ist, war furchtbar, aber es war nicht deine Schuld oder die eines anderen. Manchmal geschehen schreckliche, sinnlose Dinge, und dann erscheint einem die Welt dunkel und leer, und man fragt sich immer wieder nach dem Warum. Aber ich bin sicher, dass Annabel gewollt hätte, dass du deinen Frieden damit machst und jemanden findest, der dich genauso sehr liebt, wie sie dich geliebt hat. Du musst die Vergangenheit endlich loslassen und nach vorn sehen.“
Charlotte unterbrach sich und lächelte reumütig. „Na, ich bin gerade die Richtige, dir ins Gewissen zu reden.“ Wie weit war sie denn gekommen, nachdem das mit Michael passiert war? „Aber wir Ärzte sind nicht gerade die vernünftigsten Patienten, oder?“
„Nein“, gab er zu. „Wohl nicht.“
„Vielleicht müssen wir beide uns nur mehr anstrengen.“
„Vielleicht.“ Er hob seinen Kaffeebecher. „Auf dich, die neue Beratungsstelle – und auf gute Zusammenarbeit mit James Alexander.“
„Und auf dich und darauf, dass du jemanden findest, der dich so glücklich macht wie Annabel“, erwiderte sie und stieß mit ihm an.
2. KAPITEL
„Solltest du nicht beim Mittagessen sein?“ Steffie, die Stationsschwester der Kardiologie, lehnte am Türrahmen zu Charlottes Zimmer, hatte die Arme vor der Brust verschränkt und tappte vielsagend mit dem Fuß.
Charlotte blickte von ihren Notizen auf und deutete flüchtig auf das angebissene Sandwich neben dem Stapel Krankenakten. „Da. Ich bin beim Essen.“
„Du arbeitest“, widersprach Steffie streng. „Du machst keine richtigen Pausen.“
„Ausnahmsweise. Nur bis die Beratungsstelle eingerichtet ist. Die nächsten zwei Wochen habe ich noch so viel zu erledigen, und das meiste kann ich besser in meiner Mittagspause abarbeiten als abends. Falls ich bei Behörden während der Bürostunden anrufen muss.“
„Okay, solange es kein Dauerzustand wird. Ich mache mir Sorgen um dich.“
„Hey, das ist nicht nötig. Mir geht’s gut.“ Charlotte schenkte ihrer Freundin ein strahlendes Lächeln. „Du kennst mich
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