Julia Ärzte zum Verlieben Band 37
Aber ich möchte Ihnen trotzdem sagen, wie sehr ich Ihre Gastfreundschaft zu schätzen weiß. Auch wenn Sie es nicht hören wollen.“
Gegen seinen Willen lächelte er. Er wusste nicht, ob es an ihrer frappierenden Ähnlichkeit mit Viv lag oder an ihrer sanften, liebevollen Art – oder vielleicht an der Kombination von beidem, jedenfalls mochte er diese Frau auf Anhieb. Ja, da war sogar noch mehr – er spürte, dass sie auf der gleichen Wellenlänge lagen. Er empfand es als unglaublich entspannend, mit jemandem zu tun zu haben, der ihn wie einen ganz normalen Gast behandelte und sich offensichtlich kein bisschen um seinen Status scherte.
„Warum sollen wir dir nicht danken?“, fragte Sam. „Mom und Anna sagen immer, dass man sich für alles bedanken muss.“
Obwohl der Anblick des Jungen ihn schmerzte, wandte Ghaleb ihm wieder seine Aufmerksamkeit zu. „Bedankst du dich denn nicht gern?“
„Meistens weiß ich nicht genau, wofür ich mich eigentlich bedanken soll“, antwortete Sam mit einer solchen Entrüstung in der Stimme, dass Ghaleb sich ein Lächeln nur schwer verkneifen konnte. Ihm fiel auf, dass der Junge ziemlich groß für sein Alter war. Sein Vater musste ein großer Mann sein. Mindestens so groß wie er selbst. Konnte es sein …?
Wieder unterbrach Anna seine Überlegungen. „Nun komm schon, Sam. Das haben wir doch hundertmal besprochen. Du sollst dich bedanken, wenn jemand etwas für dich tut oder etwas Nettes zu dir sagt.“
„Trotzdem verstehe ich nicht, warum ich mich dafür bedanken soll, wenn Mrs. Callaway mir Sternchen gibt. Das hat nichts mit Freundlichkeit zu tun. Ich habe sie mir doch verdient.“
Zu seiner eigenen Überraschung fing Ghaleb an zu lachen. Anscheinend hatte Sam die Fähigkeit, ihn zum Lachen zu bringen, von seiner Mutter.
Er konnte Sams Einwand gut nachvollziehen. Auch er hatte es als Kind schwierig gefunden, Menschen dafür zu danken, dass sie ihren Job machten. Doch seine Mutter hatte ihm beigebracht, demütig zu sein und die Arbeit ihrer Untertanen wertzuschätzen.
Er sah Sam ernst an. „Mrs. Callaway hat sich durchaus deinen Dank verdient. Nämlich indem sie ihre Arbeit gut macht und dich so kompetent unterrichtet, dass du Sternchen bekommst. Deine eigene Anstrengung macht Mrs. Callaways Mühen nicht geringer. Aber wenn du nicht möchtest, dann musst du dich nicht bedanken. Sei einfach der beste Schüler, den man sich vorstellen kann: höflich, hilfsbereit und fleißig. Und natürlich immer pünktlich. Das ist die beste Art, ihr zu danken.“
Nachdenklich stützte Sam das Kinn in die Hand. „Du meinst, man kann sich auch indirekt bedanken?“
Was für ein kluges Kind. „Ja. Aber wahrscheinlich würde es sie auch sehr freuen, wenn du die Worte aussprichst. Man bedankt sich oft nur deshalb, weil man anderen Menschen eine Freude machen will.“
„Auch wenn sie gar nichts Besonderes getan haben?“
„Muss es denn immer etwas Besonderes sein? Sind nicht auch Kleinigkeiten beachtenswert? Zum Beispiel, wenn jemand etwas für dich tut, was er nicht tun müsste? Und wenn du dich dann dafür bedankst, wird derjenige beim nächsten Mal wieder etwas für dich tun. Vielleicht etwas noch Größeres oder Besseres. Bedankst du dich allerdings nicht, dann denkt er, dass es sich nicht lohnt und strengt sich nicht mehr für dich an.“
Sam sah ihn mit großen Augen an. „Du meinst, wenn man Leuten dankt, dann bestärkt man sie darin, nett sein zu wollen?“
Ein wirklich kluges Kind. Ghaleb lächelte anerkennend. „Ja.“
Sam wandte sich an Anna. „Warum habt ihr mir das nicht so erklärt?“
Sprachlos blickte Anna von ihrem Neffen zu Ghaleb, bevor sie herzlich lachte. „Oh Ghaleb, sehen Sie, was Sie angerichtet haben? Sams erstes Gespräch von Mann zu Mann, und schon denkt er, wir Frauen hätten ihn nicht richtig informiert.“
Wie elektrisiert sah Ghaleb sie an. Sams erstes Gespräch von Mann zu Mann?
Hieß das, sein Vater hatte keinen Kontakt zu ihm?
Konnte es sein, dass er Sams Vater war?
Sam zupfte erneut an Ghalebs Ärmel, um auf sich aufmerksam zu machen. „Möchtest du meine Zeichnungen sehen?“
Trotz des Aufruhrs in seinem Inneren gelang es Ghaleb, sich nichts anmerken zu lassen. „Ja. Aber ich werde ehrlich meine Meinung sagen. Möchtest du sie mir immer noch zeigen?“
Einen Augenblick lang überlegte Sam, bevor er ernsthaft antwortete: „Nur wenn du selbst gut zeichnen kannst und es mir beibringst.“
„Ich kann in der Tat recht gut
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