Julia Ärzte zum Verlieben Band 37
würde ihr Vater bezahlen!
Um Robert LaSalle würde er sich später kümmern. Im Augenblick blieb ihm dafür keine Zeit. Zunächst musste er weitere Details aus Vivs Leben erfahren, musste herausfinden, was sie zu der Frau gemacht hatte, die sie heute war. Mühsam unterdrückte er seine Wut und fragte mit heiserer Stimme: „Wann ist Ihre Schwester gestorben?“
Tränen schimmerten in Annas Augen, als sie antwortete: „Vor viereinhalb Jahren. Sie hatte Gebärmutterkrebs. Kurz vor ihrem Tod erlitt mein Mann einen schweren Schlaganfall, sodass ich mich um ihn kümmern musste. Vivienne hat uns in dieser Zeit sowohl finanziell als auch medizinisch versorgt. Nachdem Laura und Joe gestorben waren, bin ich zu ihr und Sam gezogen.“
Ein Gefühl großer Hochachtung stieg in ihm auf. Als alleinerziehende Mutter mit beruflichen Schwierigkeiten hatte sie zwei Familien durchgebracht und war an den Herausforderungen zu einer starken und unabhängigen Frau gewachsen.
Wie hatte er sie nur so falsch einschätzen können?
„Doch das ist jetzt alles Vergangenheit.“ Annas Worte rissen ihn aus seinen düsteren Gedanken. „Laura ruht in Frieden, und Vivienne hat endlich die berufliche Anerkennung bekommen, die sie verdient. Und ich genieße das Vorrecht, mit Sam und Vivienne zusammenleben zu dürfen.“
„Sie revanchieren sich also für Vivs Hilfe, indem sie sich um Sam kümmern, wenn sie arbeiten muss?“
Anna sah ihn mit einer Mischung aus Betroffenheit und Erstaunen an. „Es wird mir niemals gelingen, mich für all das zu revanchieren, was Vivienne für mich getan hat. Aber so ist unser Verhältnis auch nicht. Es gibt keine Schulden und keine Verpflichtungen zwischen uns. Vivienne ist der selbstloseste Mensch, den ich kenne, und für mich ist es ein Segen, sie und Sam meine Familie nennen zu können.“
Ghaleb wusste nicht, was er darauf erwidern sollte. Die Emotionalität des Ganzen brachte ihn gehörig aus dem Gleichgewicht.
„Ich habe alle meine Stifte mitgebracht!“
Dankbar für die Ablenkung, wandte Ghaleb sich Sam zu, der die Treppe heruntergestürmt kam und seine Zeichenblöcke und Stifte in Ghalebs Schoß warf. Dann hockte Sam sich vor ihn und stützte sich auf seinen Knien ab. Erwartungsvoll sah er zu ihm hoch. „Sag mir, wie du meine Bilder findest, und bring mir bei, wie man einen Falken zeichnet!“
Als Ghaleb in Sams engelsgleiches Gesicht sah, das ihn so schmerzhaft an Viv erinnerte, und den eifrigen, ernsthaften Ausdruck in Sams Augen bemerkte, überwältigte ihn ein zuvor nicht gekanntes Gefühl von Zärtlichkeit. Mit belegter Stimme erwiderte er: „Wie wäre es, wenn du mir als Erstes dein Lieblingsbild zeigst?“
Sam stürzte sich auf das Durcheinander von Blöcken und Zeichenutensilien und zog eine bestimmte Mappe hervor. „Hier!“
Mit zitternden Fingern blätterte Ghaleb eine Seite nach der anderen um. „Du hast großes Talent. Wenn du dir Mühe gibst, kann eines Tages ein berühmter Künstler aus dir werden.“
„Willst du damit sagen, dass ich gut bin?“, fragte Sam aufgeregt.
„Ja. Aber das reicht nicht. Talent ist nutzlos, wenn man nicht hart arbeitet.“
„Aber das mache ich!“ Sam zupfte Anna am Ärmel. „Stimmt doch, oder?“
Sie nickte zustimmend. „Wenn dir etwas Spaß macht, bist du sehr fleißig.“
Ghaleb griff nach einem Bleistift und schlug ein leeres Blatt auf. Konzentriert begann er, einen Falken zu skizzieren.
Wie gebannt beobachtete Sam jede seiner Bewegungen, während Ghaleb ihm seine Technik erklärte. „Wow! Du hast nur ein paar Striche gemacht, und schon sieht es ganz genau wie ein Falke aus!“, rief Sam beeindruckt.
Als Ghaleb den Fehler beging, den Jungen anzusehen, stockte ihm der Atem. In Sams Augen spiegelten sich grenzenlose Bewunderung und Verehrung wider. Eine solche Vergötterung hatte er nicht verdient. Er sollte ganz sicher nicht so stolz auf Vivs Sohn sein. Auf diesen vaterlosen Jungen, der bestimmt nicht von ihm war. Sie hätte es ihm doch gesagt, wenn es anders wäre, oder? Wie kam es nur, dass er so starke Gefühle für dieses Kind entwickelte?
„Was machst du hier?“
Sein Puls beschleunigte sich. Langsam drehte Ghaleb sich um.
Da stand sie. Viv. Wieder in einem eleganten, unauffälligen Kleid und offensichtlich gerade der Dusche oder Badewanne entstiegen, denn ihr Haar glänzte vor Nässe. Er roch ihren zarten Duft – und sah, dass sie außer sich vor Wut darüber war, ihn hier anzutreffen.
Wie sehr er sie begehrte. Jetzt, da er
Weitere Kostenlose Bücher