Julia Ärzte zum Verlieben Band 37
bestimmt sein würde. In diesem Augenblick kam ihm die Zukunft wie ein dunkler, endloser Tunnel vor.
War Viv der Grund für diese Krise? Oder war sie nur eine Art Katalysator?
Gut, er begehrte sie. Mehr als jede andere Frau. Und ja, er hatte die bitteren Gedanken an die Vergangenheit verdrängt. Aber was änderte das? Seine Situation war immer noch dieselbe – wenn sie sich nicht sogar noch verschlechtert hatte. Viv hatte keinen Zweifel daran gelassen, dass sie nicht an einer Wiederaufnahme ihrer Affäre interessiert war. Sie schien es kaum erwarten zu können, endlich in ihr altes Leben zurückzukehren. Und dafür sollte er dankbar sein.
Doch er war es nicht. Er wollte sie zurückerobern. Dieses Mal würde er sich nicht blind in eine Beziehung mit ihr stürzen, sondern strategischer vorgehen. Er würde sich nehmen, was er begehrte, und ihr mehr geben, als sie sich jemals erträumt hatte. Erst dann würde er sein altes Leben wiederaufnehmen können. Morgen würde er anfangen, seinen Plan in die Tat umzusetzen.
Am nächsten Tag stand Ghaleb vor ihrer Tür, von einer ungewohnten Unsicherheit erfüllt. Wie sollte er reagieren, wenn Viv ihn weiterhin aus ihrem Leben ausschloss? Er wusste, dass er es nicht mehr lange ohne sie aushalten würde …
Schluss jetzt! Bring es einfach hinter dich!
Mit zusammengebissenen Zähnen klingelte er.
Sekunden später hörte er Schritte.
Noch ehe ihm bewusst wurde, dass die Schritte zu schnell und zu leichtfüßig für Viv waren, wurde die Tür aufgerissen.
Ghaleb blickte verblüfft auf den kleinen Jungen hinunter.
Einen kleinen Jungen, der Viv wie aus dem Gesicht geschnitten war.
6. KAPITEL
Ghaleb erstarrte.
Es war ihm unmöglich, einen klaren Gedanken zu fassen. Stumm musterte er den Jungen.
Der Kleine erwiderte seinen Blick. Auch er schien zu spüren, dass etwas Seltsames vor sich ging.
Nach einigen Sekunden, die Ghaleb wie eine Ewigkeit vorkamen, brach der Junge das Schweigen. „Wer sind Sie?“, fragte er schüchtern.
Wer bist du? hätte Ghaleb nur zu gern erwidert.
„Sam!“
Ghaleb erwachte aus seiner Versteinerung. Verwirrt blickte er die Frau an, die gerade die Treppe heruntergelaufen kam. Nein, es war nicht Viv. Es war eine ältere Ausgabe von ihr. Offensichtlich eine Verwandte. Aber eine Verwandte, die zu alt war, um die Mutter dieses Jungen zu sein.
Was hatte das zu bedeuten?
„Prinz Ghaleb?“, fragte die Frau, und ihre Augen, die nur ein wenig dunkler als die von Viv waren, leuchteten. Als er nickte, wurde ihr Lächeln noch breiter, und sie streckte ihm die Hand entgegen. „Wie schön, Sie kennenzulernen, Eure Hoheit. Mein Name ist Anna Cummings. Ich bin Viviennes Tante.“
Der Junge zupfte an Ghalebs Ärmel. „Und ich bin Sam. Bist du wirklich ein richtiger Prinz? Hast du einen Palast? Und ein Pferd? Und ein Schwert?“
„Sam!“, tadelte Anna ihn. „Was tun wir, wenn wir Gäste haben?“
Betreten blickte Sam sie an. „Wir löchern Gäste nicht mit Fragen.“
„Und wir lassen sie nicht vor der Tür stehen.“ Anna warf Ghaleb einen entschuldigenden und gleichzeitig amüsierten Blick zu. „Bitte kommen Sie herein.“
Er erwiderte ihren Händedruck und folgte ihr ins Haus. Er konnte den Blick nicht von dem Jungen wenden. Schlagartig wurde Ghaleb klar, weshalb Viv ihm kürzlich so vehement den Zugang zu ihrem Haus verweigert hatte: Sie hatte eine Begegnung mit Sam verhindern wollen. Sam, der etwa sechs Jahre alt und zu jung war, um Annas Sohn zu sein.
Sam, der Vivs Kind sein musste.
Ghaleb fühlte sich plötzlich seltsam benommen. Schnell ließ er sich auf das Sofa in der luxuriösen Eingangshalle fallen. Der Schmerz traf ihn mit voller Wucht.
Wenn der Junge wirklich sechs Jahre alt war, musste Viv sich sofort nach seiner, Ghalebs, Abreise mit einem anderen Mann eingelassen haben. Sie war also von seinem Bett ohne Umwege in ein neues gehüpft. Oder war es denkbar, dass Sam …?
Annas freundliche Stimme unterbrach seine quälenden Gedanken. „Ich möchte Ihnen für Ihre unglaublich großzügige Gastfreundschaft danken, Prinz Ghaleb …“
Abwehrend hob er beide Hände. Im Augenblick war er wirklich nicht in der Stimmung für Dankesbekundungen. „Bitte nennen Sie mich Ghaleb. Nicht nötig, mir zu danken. Sie sind meine Gäste, und so werden Sie auch behandelt.“
„Sie finden es vielleicht überflüssig, dass ich mich bedanke …“, Anna zögerte und schenkte ihm dann ein Lächeln, das ihn schmerzhaft an Viv erinnerte, „…Ghaleb.
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