Julia Ärzte zum Verlieben Band 37
dass sie ihm um jeden Preis treu sein wollte?
Liebte sie ihn, so wie sie ihn niemals geliebt hatte?
„Gibt es jemanden, der auf dich wartet?“ Seine Stimme klang barsch.
„Falls du einen Mann meinst – nein“, erwiderte sie so ruhig und bestimmt, dass die Spannung augenblicklich von ihm abfiel. Er war sich sicher, dass sie die Wahrheit sagte. „Aber ich habe ein Haus, einen Job, Freunde. Mein Leben eben. Ich hatte nie vor, es aufzugeben. Der Job hier sollte nur vorübergehend sein.“
Er trat auf sie zu, sodass sie mit dem Rücken zur Wand stand. „Pläne ändern sich. Du könntest dir hier ein neues Leben aufbauen.“
Mit einem Schritt zur Seite stellte sie wieder die Distanz zu ihm her. „Nein, ich kann nicht.“
„Wegen unserer Vergangenheit?“
„Wegen unserer Gegenwart. Ich bin nach Omraania gekommen, um dich zu ersetzen – und nicht, um mit dir zusammenzuarbeiten. Und ganz sicher nicht, um mit dir auszugehen, Kaffee zu trinken und auch sonst jede Minute des Tages mit dir zu verbringen.“
Es kostete Ghaleb eine fast übermenschliche Kraft, sie nicht in die Arme zu reißen und seine Lippen auf ihre zu pressen.
Doch er wusste, dass er die Verhandlung so nicht gewinnen würde. Er musste Viv klarmachen, dass ein Leben in Omraania nicht nur ein riesiger Karriereschritt für sie bedeuten würde, sondern auch sonst einiges zu bieten hatte.
„Du bist also mit bestimmten Erwartungen und einer vorgefassten Meinung über mich hergekommen“, fing er an, wobei er sich bemühte, seiner Stimme einen ruhigen, vernünftigen Klang zu geben, der so gar nicht zu seiner inneren Verfassung passte. „Ich gebe zu, dass ich dich nicht eingestellt hätte, wenn ich gewusst hätte, um wen es sich da handelt. Ich hätte mich von der Vergangenheit beeinflussen lassen und deine Kompetenz angezweifelt. Aber jetzt ist alles anders. Ich sehe dich, wie du bist, und habe meine Vorurteile über Bord geworfen. Jetzt würde ich alles tun, um dich dazu zu bringen, für immer hierzubleiben. Dinge ändern sich, Viv. Alles hat sich verändert.“
„Auf manche Dinge mag das zutreffen, doch die wirklich wichtigen Sachen ändern sich niemals.“ Noch ehe er über diese rätselhafte Bemerkung nachdenken konnte oder gar eine Antwort parat hatte, hatte sie sich schon an ihm vorbeigedrängt und eilte davon. „Bis morgen dann!“, rief sie ihm über die Schulter zu.
Er hätte ihr nachlaufen und sie aufhalten können, doch Ghaleb wusste, es hatte keinen Zweck. In düsteres Grübeln versunken blickte er ihr nach.
Viv musste sich sehr anstrengen, dem Impuls zu rennen nicht nachzugeben. Wie gern wäre sie so lange gelaufen, bis sie Ghaleb entkommen war. Doch sie wusste, es würde nicht funktionieren. Sie könnte bis ans Ende der Welt fliehen, und es wäre doch nicht weit genug weg.
Seit ihrer Ankunft in Omraania war einfach alles schiefgegangen. Ghalebs unvorhersehbare Reaktionen hatten all ihre Pläne zunichte gemacht. In seiner Gegenwart konnte sie keinen klaren Gedanken mehr fassen.
Dabei hatte sie sich vor ihrer Bewerbung alles so gut überlegt: Sie wollte herkommen, ihn von Weitem beobachten, eine Entscheidung wegen Sam treffen und dann wieder abreisen. Niemals hätte sie angenommen, dass sie Ghaleb derart häufig begegnen würde. Oder dass er in irgendeiner Form Interesse an ihr zeigen würde.
Doch dann hatte sich alles anders entwickelt. Er war immer in ihrer Nähe, ihre Gedanken kreisten unaufhörlich um ihn, und er schien jeden einzelnen von ihnen lesen zu können.
Lieber Himmel – warum tat er ihr das an?
Reizte ihn ihr abweisendes Verhalten? Wollte er, dass sie ihm wie damals völlig verfiel?
In der ersten Nacht wäre es ihm beinahe gelungen. Mit seiner Offenheit und seinem fürsorglichen Verhalten hatte er sie so eingelullt, dass sie fast alle Vorsicht hätte fahren lassen. Die magische Atmosphäre und sein Charme hatten ein Übriges getan. Auch die bitteren Erinnerungen an die Vergangenheit waren verblasst. Doch dann hatte sie es gewagt, Ghalebs Angebot auszuschlagen, und er hatte sein wahres Gesicht gezeigt. Dafür sollte sie ihm eigentlich dankbar sein!
Nun war ihr wieder klar, dass es nicht um die Vergangenheit ging, sondern um die Zukunft. Um Sam.
Entschlossen ging sie auf Abdur-Rahman zu, der wartend neben der Limousine stand. Sofort öffnete er die Tür für sie.
Liebend gern wäre Viv die letzten Meter gerannt und hätte die Wagentür hinter sich zugeschlagen, um endlich Ghalebs Blicken zu entkommen. Doch
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