Julia Ärzte zum Verlieben Band 42
räumte das festliche Geschirr auf dem Tisch zusammen und stellte den Kuchen, der zu groß für den Kühlschrank war, einfach in den Backofen.
Als sie schließlich in die Klinik zurückfuhr, um Alex abzuholen, war es schon sehr spät. Er war auf dem Sofa im Warteraum eingeschlafen.
„Sie ist noch im OP. Der Bruch war wohl schlimmer, als sie gedacht haben“, sagte Taylor. „Aber sie ist stabil“.
„Und du?“, fragte Piper.
Taylor antwortete nicht, seine Miene war wieder verschlossen.
„Ah, ich sehe schon. Der Superheld zeigt natürlich keine Schwäche“, sagte sie. „Du kommst damit nicht alleine klar, Taylor. Das ist kein Fallschirmsprung.“
„Was willst du mir damit sagen, Piper?“ Er starrte sie wütend an. „So etwas brauche ich im Moment wirklich nicht.“
„Ich glaube, es ist genau das, was du im Moment brauchst.“ Auch wenn er es selbst nicht wusste.
„Denkst du etwa, dass alles wieder gut wird, nur weil ich mit dir über meine Gefühle rede?“
„Ich weiß es nicht, aber ich frage mich, wann du endlich über deine Gefühle sprechen willst, wenn nicht in einer Situation wie der jetzigen.“ Piper verschränkte die Arme. Der Abstand zwischen ihnen schien auf einmal riesig zu sein. Heute war ihr letzter Arbeitstag. Sie würde zwar noch eine Woche in Santa Fe bleiben, bevor sie entschied, welches Jobangebot sie als Nächstes annahm, aber wahrscheinlich würde sie Taylor nie wiedersehen. Sie konnte ihm ebenso gut offen ihre Meinung sagen.
„Das hier ist kein Berg, den du besteigen kannst oder so was. Du musst deine Gefühle zulassen. Du musst damit aufhören, Menschen wegzustoßen, ganz besonders Alex.“ Sie atmete tief ein. „Warum bringst du ihn nicht nach Hause? Ich glaube, er braucht dich jetzt mehr als mich. Ich werde bei Caroline bleiben, wenn sie auf die Station kommt. Du vertraust mir doch, oder nicht?“
„Ja, ich vertraue dir, das weißt du.“ Taylor schaute zu seinem Neffen, der unter einer Decke lag und schlief. Seine Stirn war leicht gerunzelt, als würde er sich auch im Schlaf noch Sorgen machen.
Hilflos blickte er Piper an. „Ich weiß, dass er mich braucht, aber ich muss bei Caroline bleiben.“ Er spürte, dass seine Reaktion sie enttäuschte, und das wollte er nicht. Er legte die Hände auf Pipers Schultern. „Ich habe kein Recht, dich darum zu bitten, aber ich tue es trotzdem. Kannst du ihn nach Hause bringen und bei ihm bleiben, bis ich weiß, dass Caroline stabil ist?“
Seine Arme auf ihren Schultern zitterten leicht, als er fortfuhr: „Ich … ich brauche dich, Piper.“ Mehr als jemals zuvor.
Sie schaute ihm lange in die Augen, dann nickte sie. „Okay, ich bringe ihn nach Hause. Aber du solltest bald nachkommen. Du bist im Moment der Mensch, der ihm am nächsten steht. Er braucht dich .“ Sie griff kurz nach seiner Hand und drückte sie.
Taylors Blick wanderte zu seinem Neffen. „Ich brauche ihn auch.“ Er löste sich von ihr und trat wieder vor die Tür zum OP, um durch das kleine Fenster hineinzustarren.
9. KAPITEL
Einige Stunden später, als er schon völlig erschöpft vor Anspannung war, durfte er schließlich Caroline sehen. Nachdem er bei ihr im Aufwachraum gewesen war, ging er zu Ian, um sich alle Details erläutern zu lassen.
Es würde lange dauern, aber Caroline würde sich erholen. Sie hatten das Bein retten können, und sie würde wieder normal gehen können, auch wenn ihr ein schwieriger Heilungsprozess bevorstand.
Taylor ging zurück auf die Intensivstation. Einen Fuß vor den anderen zu setzen, kostete ihn unendliche Mühe, aber trotz seiner Müdigkeit machte er weiter. Eine der Schwestern hatte einen bequemen Stuhl neben Carolines Bett gestellt, und er ließ sich dankbar darauf nieder.
Er schloss die Augen und lauschte dem gleichmäßigen Piepen der Geräte, an die seine Schwester angeschlossen war. Die vertraute Umgebung war auf einmal völlig fremd, jetzt, da es um seine Familie ging.
Das Leben war dermaßen zerbrechlich, das war ihm nie so bewusst gewesen wie heute. Sonst stießen diese Dinge immer anderen Menschen zu, und er war da, um ihnen zu helfen. Aber jetzt konnte er nichts tun, als neben seiner Schwester zu sitzen und zu warten. Er fühlte sich so hilflos wie noch nie zuvor in seinem Leben.
So lange war Caroline der einzige Mensch gewesen, dem er vertraute. Sie hatten immer zusammengehalten und einander beigestanden. Und jetzt konnte er nichts tun, um ihr zu helfen. Frustriert rieb er sich das Gesicht.
Pipers Worte
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