Julia Ärzte zum Verlieben Band 45
ertönte ein leiser, ätherischer Klang. Es war Meeree, die einen Gesang ohne Worte anstimmte; eine Melodie von reiner, klarer Schönheit, während Dart mit seinen Händen einen Reigen von Schattenfiguren entstehen ließ: Tiere, Blumen, Bäume, manchmal auch Menschen.
Die Kinder verfolgten sein Spiel in andächtiger Stille, und auch die Erwachsenen sahen verzaubert zu. Was für ein Anblick! Emmy war wie hypnotisiert.
Diese Hände … Diese wunderbar geschickten Hände, die so schnell und sicher Hilfe spendeten und Wunden heilten. Die so liebevoll das Baby gewiegt hatten, die ihnen nun ein solches Schauspiel bescherten. Emmy fragte sich unwillkürlich, wie es sich wohl anfühlen würde, diese Hände in ihren eigenen zu halten, zu spüren, wie sie die Innenseiten ihrer Arme entlangstrichen, wie sich sanfte Finger in ihr Haar schoben …
Als Dart sein Spiel beendete und Meerees Stimme verklang, brandete Applaus auf. Emmy spürte am ganzen Körper eine Gänsehaut. So überwältigt war sie, dass sie vergaß zu klatschen. Sie stand einfach da und sah zu, wie er Meeree an der Hand nahm, sich mit ihr zusammen verbeugte und ihre Hände in einer Geste des Dankes an seine Lippen zog.
Dann drehte er sich um – und entdeckte Emmy, die nur wenige Meter von ihm entfernt stand. Ihre Blicke trafen sich.
Emmys schlanke Silhouette zeichnete sich vor dem Schein des Feuers ab. Ihr Haar war immer noch zum Zopf gebunden, aber einige Strähnen hatten sich daraus gelöst und bewegten sich sanft im Wind … sie sah einfach hinreißend aus.
Sicher wusste sie nur zu gut, welche Wirkung sie auf Männer hatte. Aber er würde sich ganz sicher nicht in ihrem Netz verfangen.
Meeree und Jalak falteten das weiße Laken zusammen, und Meeree versetzte Dart einen leichten Schubs in Emmys Richtung. Nun stand er direkt vor ihr, dicht neben dem fast schon heruntergebrannten Feuer. Kam die Hitze, die er in sich spürte, von dort oder von Emmy?
Noch ein Schritt, und sie würden sich fast berühren, er würde in ihre Intimzone eindringen und gleichzeitig seine eigene preisgeben. Persönlicher Raum. Persönliche Grenzen. Er hatte seine Grenzen vor langer Zeit errichtet, und diese hielten ihn nun davon ab, seinem inneren Drang nachzugeben und die letzte Distanz zwischen ihnen zu überschreiten. Wie eine Motte im Licht, dachte er fast schon spöttisch.
„Hat Ihnen die Vorstellung nicht gefallen?“, brach er das Schweigen und zerstörte so den Zauber des Augenblicks. Ihre Pupillen waren weit und verliehen ihren Augen einen Ausdruck von Unschuld, der ihn aufs Neue anzog. Emmy löste ein Gefühl des Unbehagens in ihm aus, und das gefiel ihm überhaupt nicht.
„Oh, im Gegenteil. Sie waren …“, Emmy schluckte und schenkte ihm dann ein strahlendes Lächeln, „… ganz erstaunlich. Ich habe noch nie ein solches Schattenspiel gesehen. Sie haben eine besondere Begabung.“
Aus ihrer Stimme sprach unverhohlene Bewunderung, und Dart konnte nicht anders, als sich geschmeichelt zu fühlen.
„Wer hat Ihnen das beigebracht?“
„Mein Vater.“
Sie nickte lächelnd. „Das ist ein wunderbares Geschenk.“
Dart zuckte die Achseln. „Wir hatten zu Hause keinen Fernseher. Also mussten wir uns auf andere Weise die Zeit vertreiben.“
„Ihre Familie besaß keinen Fernseher?“ Sofort wünschte sie sich, sie könne ihre Bemerkung rückgängig machen.
„Ich wette, in dem Haus, in dem Sie aufgewachsen sind, gab es in jedem Zimmer einen.“ Seine Worte klangen spöttisch.
„Sie wissen überhaupt nichts von mir, Dart Freeman“, entgegnete Emmy gereizt. „Ich hätte mit Freude alle unsere Fernseher abgeschafft, wenn mein Vater dafür etwas mehr Zeit mit mir verbracht hätte. Dafür hätte ich alles gegeben, was ich besaß.“
Das saß. „Sie haben recht. Ich bitte um Verzeihung.“
Einen Moment lang starrten sie einander wortlos an. Schließlich senkte Dart den Blick und wandte sich ab, um bei den allgemeinen Aufräumarbeiten zu helfen. Er brauchte Platz, brauchte Raum zum Atmen. In diesem Augenblick bemerkte er die Kamera, die auf ihn gerichtet war.
Das Filmteam hatte er vollkommen vergessen. Verärgerung stieg in ihm auf. Sie sollten sich lieber darauf konzentrieren, die ärmlichen Verhältnisse dieses gottverlassenen Ortes einzufangen, anstatt den Arzt zu filmen, der herkam, um die Not zu lindern und seine Einsamkeit zu vergessen.
Aber es lag nicht in seiner Natur, Streit anzufangen. Er würde morgen mit Emerson reden und ihr klar machen, dass er
Weitere Kostenlose Bücher