Julia Ärzte zum Verlieben Band 47
der Nähe ihrer geliebten Tiere sterben durfte. Tori dachte immer voller Dankbarkeit an ihn.
Er hatte in Combadeen gewohnt, seine Frau hatte die Lodge betrieben. Im Haus oben auf dem Hügel hatten sie nur die Wochenenden verbracht, so gesehen waren sie Nachbarn gewesen. Aber kurz nach Beginn ihres Studiums war er endgültig in die Stadt gezogen, und seitdem hatte sie bis zur Beerdigung nichts mehr von ihm gehört.
Und nun …
Jake hatte einen anderen Nachnamen. Ein uneheliches Kind?
Sie versuchte, sich an den Tratsch zu erinnern. Man wollte seinen Sohn bei der Beerdigung gesehen haben. Tori fiel das vergilbte Babyfoto wieder ein, das im Sprechzimmer gehangen hatte. Das musste Jake gewesen sein.
Sie würde es herausfinden. Ich habe alle Zeit der Welt, dachte sie verträumt und glitt tiefer in das wundervoll warme Wasser. Nein, erinnerte sie sich im nächsten Moment, ich bin ja nur für eine Nacht hier, dann muss ich mir etwas anderes suchen, und Jake kehrt nach New York zurück.
Auf einmal verspürte sie eine seltsame Traurigkeit und wusste nicht, warum.
Wenigstens werde ich heute gut schlafen, sagte sie sich, während sie einen Blick auf das breite Doppelbett im Schlafzimmer warf. In den großen Daunenkissen würde sie versinken.
Wie in Jake Hunters Armen …
Du bist verrückt! Es war die einzige Erklärung für ihre albernen Fantasien. Nie mehr wollte sie einem Mann in die Arme sinken. Sie brauchte nur an Luke zu denken, dann würde ihr die Lust schon vergehen.
Aber Jake ist anders.
Na und? In ein paar Tagen würde Jake nach New York zurückfliegen. Und überhaupt, der Mann ließ sich nicht einmal auf ein Fünf-Minuten-Date ein, mehr war bei ihm bestimmt nicht zu erwarten.
Also, raus aus der Wanne, anziehen und zum Essen gehen, ermahnte sie sich. Umso eher konnte sie ins Bett gehen und schlafen.
„Tori?“
Bei dem Klang der tiefen Männerstimme schoss sie kerzengerade hoch.
„Tori, ist alles okay?“
„Ja, alles wunderbar“, brachte sie heraus, völlig verwirrt. Hatte sie die Tür nicht abgeschlossen? Sie konnte sich nicht erinnern.
„Das Essen ist fertig. Möchten Sie hier essen oder unten?“
Hier, dachte sie spontan. Aber dann würde sie mit ihm zusammen essen müssen.
„Unten“, brachte sie heraus.
„Soll ich Ihnen aus der Wanne helfen?“
„Nein!“
Sie hörte ihn lachen. „He, ich bin Arzt, nackte menschliche Körper sind mir nicht fremd.“
„Kann sein, aber Sie sind nicht mein Arzt, und meinen nackten Körper kennen Sie auch nicht. Gehen Sie!“
„Ja, Ma’am.“ Als er verschwunden war, stieg sie hastig aus dem Bad und fragte sich dabei, ob sie ihn nicht vielleicht doch hätte hereinlassen sollen.
Vielleicht war sie dabei, den Verstand zu verlieren.
Das Essen wurde auf der Terrasse serviert. Tori durchquerte das Esszimmer, ging nach draußen – und blieb stehen.
Der Anblick war atemberaubend.
Vor ihr erstreckte sich das Tal. In der Ferne waren die schwachen Lichter der Stadt zu sehen, davor lagen die Weinfelder, die die Lodge umgaben. Hohe Eukalyptusbäume säumten das Flussufer. Tori ging das Herz auf, zu lange hatte sie nur Asche und verkohlte Baumskelette um sich herum gesehen.
„Wir hatten schon befürchtet, dass Sie durch den Abfluss verschwunden sind“, meinte Jake lächelnd und erhob sich von seinem Stuhl.
Am Tisch saß Rob mit zwei zierlichen alten Damen, die sie freundlich anblickten. Die eine trug den linken Arm in der Schlinge. Sie war blass und verhärmt, und die andere sah auch nicht viel besser aus. Ihre Stirn war voller Narben.
„Muss ich überhaupt vorstellen?“, meinte Rob locker und stand ebenfalls auf. „Tori, Sie werden Ms Glenda Parling kennen – sie hat bis vor fünfzehn Jahren die Poststelle in Combadeen geleitet. Mrs Doreen Ryde ist Glendas Schwester. Mrs Matheson haben Sie bereits kennengelernt, und natürlich auch Jake. Nehmen Sie doch bitte Platz und lassen Sie sich von Mrs Matheson verwöhnen.“
Jake und Rob setzten ihre Unterhaltung mit Doreen und Glenda fort, und Tori hatte das Gefühl, dass sie ihr absichtlich etwas Ruhe gönnten. Dankbar lehnte sie sich zurück. Im Hintergrund erklang leise Musik, und in der Luft hing der betörende Duft der Gardenien.
Ein paar Minuten später wurde das Essen serviert.
Tori, die sich das letzte halbe Jahr mehr oder weniger von Fertiggerichten und kurzen Abstechern in Schnellrestaurants ernährt hatte, wusste, dass sie dieses Festmahl ihr Leben lang nicht vergessen würde.
Zuerst gab es
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