Julia Ärzte zum Verlieben Band 47
die Augenbrauen.
„Ich muss einen Verwalter für mein Anwesen einstellen“, klärte er sie auf. „Seine Frau soll sich um den Haushalt und vor allem um meine Tochter kümmern. Da ich das Verwalterehepaar nicht im Haus unterbringen möchte, brauche ich das Cottage. Es ist also nichts Persönliches.“
Ein spöttisches Lächeln zuckte über ihr Gesicht. „Nein, natürlich nicht.“
Andrew seufzte. „Haben Sie vorhin wirklich geglaubt, ich hätte eine andere Schwester verlangt – aus persönlichen Gründen?“
Alice blickte zur Seite und starrte auf das Telefon auf dem Tisch vor ihr, als hoffte sie, dass es klingeln würde.
„Sie haben mir ziemlich deutlich zu verstehen gegeben, dass Sie nicht gerade begeistert sind, mit mir zusammenarbeiten zu müssen“, sagte sie schließlich. „Sie glauben doch immer noch, dass ich die Drogen gestohlen habe.“
„Das habe ich nie gesagt!“ Es kam schärfer heraus als gewollt.
Sie schwieg einen Moment lang. Dann antwortete sie so leise, dass Andrew sich vorbeugen musste, um sie überhaupt zu verstehen: „Sie haben gesagt, Sie könnten mir nicht mehr vertrauen.“
Das stimmte. Als leitender Chefarzt hatte er Verantwortung für so viele Menschen getragen und es sich einfach nicht leisten können, ihr weiterhin zu vertrauen – selbst, wenn sein Herz ihm etwas anderes sagte.
Und jetzt fiel es ihm aus anderen Gründen schwer, ihr zu vertrauen. Leider hatte sie es in der Hand, ihm den verzweifelt ersehnten Neuanfang unmöglich zu machen. Er wollte für sich und seine Tochter ein neues Leben aufbauen, und deshalb durfte er kein Risiko eingehen.
Alice blickte wieder auf. Herausfordernd, wie ihm schien, und doch auch hoffnungsvoll.
Dies war der Moment, Unrecht wiedergutzumachen. Ihr zu versichern, dass er ihr wieder vertraute.
Andrew öffnete den Mund, zögerte jedoch. Beruflich vertraute er ihr, aber persönlich …?
Sein Zögern dauerte zu lange. Die Hoffnung in ihren Augen erlosch, Alice wandte sich ab und hob abwehrend die Hand. „Schon gut, sparen Sie sich die Mühe“, sagte sie scharf, und es klang verbittert. „Ich will es gar nicht hören.“ Sie straffte die Schultern. „Da wir nun einmal in derselben Abteilung arbeiten, werden wir miteinander zurechtkommen müssen. Wir sollten uns professionell verhalten und die Vergangenheit vergessen.“
„Natürlich.“ Das war absolut in seinem Sinn.
„Falls Sie Kritik an meiner Arbeit haben, sprechen Sie mich darauf an. Oder Sie wenden sich direkt an Peter.“
„Ich glaube nicht, dass es Schwierigkeiten geben wird.“
„Gut.“ Das Telefon klingelte, und Alice streckte die Hand nach dem Hörer aus. „Ich auch nicht.“
Hatte sie ernsthaft erwartet, er würde ihr auf die Schulter klopfen und sagen, er hätte eigentlich nie geglaubt, dass sie die Drogen gestohlen hatte? Oder ihr versichern, dass er ihr vertraute? Wie kam sie darauf? Nur weil sie zusammen den Herzpatienten gerettet hatten? Er war ein guter Arzt und sie eine gute Krankenschwester. Mit persönlichen Gefühlen hatte das nichts zu tun.
Und doch war sie es gewesen, die sich unprofessionell verhalten hatte. Schließlich hatte sie seine Bemerkung missverstanden und ihn in einem Ton angegriffen, für den sie sich jetzt noch schämte.
Inzwischen war sie wieder zu Hause und hatte ihre Tiere versorgt. Es fiel ihr nicht leicht, den Tag hinter sich zu lassen. Hatte sie ihr Schicksal besiegelt, indem sie Andrew an die Vergangenheit erinnerte?
Die Szene vorhin ähnelte der Situation damals, als Andrew sie mehr oder weniger gefeuert hatte. Auf der Autobahn hatte es eine Massenkarambolage gegeben, und die Abteilung war bis an ihre Grenze belastet gewesen.
Bis heute konnte Alice sich nicht erklären, wie diese Morphinampulle in die Tasche ihres Kittels gekommen war. Oder warum Andrew sie ausgerechnet an diesem Tag gebeten hatte, ihre Taschen zu leeren. Dass immer nur in ihrer Schicht Drogen verschwunden waren und man dazu leere Ampullen in ihrem Schrank gefunden hatte, war das Ende gewesen. Es hatte ihr nichts genützt, dass sie unter Tränen ihre Unschuld beteuert hatte.
Alice konnte nicht abschalten. Das alte Holzhaus war ihr Refugium gewesen, eine Oase, wo sie Ruhe gefunden hatte, wenn sie von einem hektischen Dienst im Krankenhaus nach Hause kam. Doch jetzt beschlich sie immer öfter das bedrückende Gefühl, dass ihre Zeit hier ablief. Und ausgerechnet von dem Mann, den sie dummerweise daran erinnert hatte, warum er ihr nicht trauen konnte, hing
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