Julia Ärzte zum Verlieben Band 47
der zugeklappten Toilette und schlug die Hände vors Gesicht.
Es war passiert.
Sie durfte es Andrew nicht verschweigen, aber sie hatte schon jetzt Angst vor den Folgen. Würde er denken, dass sich seine Geschichte wiederholte? Dass wieder eine Frau sein Vertrauen missbraucht hatte?
Vergeblich presste Alice die Hände fest auf die Augen. Die Tränen rollten ihr doch übers Gesicht.
8. KAPITEL
Es war verlockend, die Stunde der Wahrheit vor sich herzuschieben.
Natürlich wusste Alice genau, dass sie sich nicht mehr lange davor drücken konnte, aber sie wollte die wundervolle Zeit mit Andrew noch ein wenig genießen … Erinnerungen sammeln für eine einsame Zukunft.
Die Erinnerung daran, wie Andrew sie anlächelte. Oder daran, wie er scheinbar zufällig ihre Hand streifte oder ihren Arm berührte, wenn er an ihr vorbeiging. An seine bedeutungsvollen, intensiven Blicke während der Arbeit im Krankenhaus. Und auch daran, wie er ihr manchmal das Haar hochschob und sie auf den Nacken küsste, wenn sie in der Küche stand und Emmy gerade nicht in der Nähe war. Daran, wie er von hinten die Arme um sie schlang und sie, nur für Sekunden, dicht an sich zog.
Sie liebte den verlangenden Ausdruck in seinen Augen, bevor er sie verführerisch küsste. Wenn sie in seinem Bett lagen, die Gesichter so nahe, dass sie ihn kaum richtig erkennen konnte. Das war es, was sie am meisten vermissen würde – dieses Gefühl der Vertrautheit.
Geliebt zu werden.
Ein paar Tage lang funktionierte es wunderbar. Aber dann meldete sich ihr schlechtes Gewissen immer häufiger. Wie wichtig war es ihr gewesen, Andrews Vertrauen zu gewinnen, und jetzt trug sie ein Geheimnis mit sich herum, das sie eigentlich nicht länger für sich behalten durfte!
Während der Arbeit in der Notaufnahme konnte sie die quälenden Gedanken zeitweise vergessen. Doch dann wurde eine Patientin eingeliefert, die mit einem Schlag alles wieder heraufbeschwor.
Laura Green war zweiunddreißig Jahre alt, schwanger und voller Angst, ihr Kind zu verlieren. Sie hatte Blutungen bekommen, und ihr Mann gab sich große Mühe, sie zu beruhigen. Aber Alice sah, dass er genauso erschrocken war wie seine Frau.
„Nicht weinen, Schatz“, sagte er. „Es wird bestimmt alles gut.“
Doch Laura schluchzte verzweifelt, als sie sich aufs Bett setzte. Alice half ihr beim Ausziehen und streifte ihr das Nachthemd über. Sie konnte gut nachvollziehen, was in der jungen Frau vorging.
Sie mochte nicht einmal daran denken, dass sie eine Fehlgeburt haben könnte. Dieses Baby war ein Teil von ihr, ein kostbares Geschenk von dem Mann, den sie liebte.
Auch wenn es sie mehr und mehr belastete, dass sie ihm noch nichts davon gesagt hatte, so war es doch ein unvergleichliches Gefühl, schwanger zu sein. Egal, wie die Sache zwischen ihr und Andrew ausging, sie wollte das Kind unbedingt. Sie würde es lieben, beschützen und umsorgen.
Als allein erziehende Mutter?
Während ihr diese Gedanken durch den Kopf gingen, betrat Andrew die Untersuchungskabine. Ausgerechnet Andrew. Alice war froh, dass sie gerade damit beschäftigt war, die persönlichen Dinge der Patientin in einer großen Papiertüte zu verstauen. Keiner hörte, wie sie tief durchatmete, als sie sich vorbeugte und die raschelnde Tüte umständlich unters Bett schob. Alice musste erst sicher sein, dass sie ihre Gefühle unter Kontrolle hatte, ehe sie sich aufrichtete.
„In welcher Schwangerschaftswoche sind Sie, Laura?“, erkundigte sich Andrew.
„Fast in der zehnten.“
„Und Sie waren schon beim Ultraschall?“
„Ja, letzte Woche.“ Ihr versagte die Stimme. „Wir … wir haben das Herz schlagen sehen und … man hat uns gesagt, es sei alles in Ordnung.“
„Ist dies Ihre erste Schwangerschaft?“
Laura konnte nicht antworten. Hilflos schluchzend presste sie das Gesicht an die Brust ihres Mannes, der ihr liebevoll den Arm um die Schultern gelegt hatte.
„Seit Jahren versuchen wir, ein Kind zu bekommen“, berichtete er. „Und ja, dies ist ihre erste Schwangerschaft.“
„Haben Sie Schmerzen im Unterbauch?“
„Nein.“ Laura hob das tränenüberströmte Gesicht. „Ich will mein Baby nicht verlieren, Doktor.“
„Beruhigen Sie sich“, erwiderte Andrew sanft. „Ich werde Sie jetzt untersuchen, um zu sehen, ob der Muttermund sich geweitet hat. Danach machen wir noch eine Ultraschalluntersuchung. Alice, misst du bitte einmal den Blutdruck?“
Alice hoffte von ganzem Herzen, dass Laura ihr Kind behalten konnte,
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