Julia Ärzte zum Verlieben Band 50
schwarzen Felsen, wo sich ein kleiner Holzanleger befand, an dem ein Dingi mit Außenbordmotor festgemacht war. Wahrscheinlich ankerten Schiffe weiter draußen vor der Küste, und Passagiere so wie Versorgungsgüter wurden mit Booten zur Insel gebracht.
Während Becca den Rücken streckte und mit den Zehen wackelte, um ihre Muskeln aufzuwärmen, wandte sie den Blick vom Meer zur anderen Seite. Üppiger grüner Wald bedeckte die schroffen Hänge im Inland, und oben am höchsten Punkt stand eine Rauchwolke über dem Vulkan.
Jetzt war er untätig, aber Becca würde niemals den Klang seiner entfesselten Naturgewalt vergessen. Oder das feurige Glühen des Himmels, den grellen Funkenregen und die tödlichen Geschosse, vor denen sie in panischer Angst mit Jet Zuflucht unter dem Felsüberhang gesucht hatte.
Ganz sicher würde sie auch nie mehr vergessen, was dort passiert war. Selbst jetzt noch konnte sie diese reine Lust spüren, die den Schmerz gnadenlos überanstrengter Muskeln und Gelenke einfach auflöste. Eine Empfindung, tief in ihrer Magengrube, die von dort aus ihren gesamten Körper durchströmte. Ihr Herz begann plötzlich zu pochen, und ihre Lungen dehnten sich, um mehr von der herrlich frischen Meeresluft einzuatmen.
„Hey, du bist wach. Möchtest du einen Kaffee?“
„Gerne.“ Becca sah die junge Frau am Feuer an.
„Ich bin Mandy. Wir waren unterwegs, um Kiwis zu beobachten, als uns der Rückweg von einem Lavastrom abgeschnitten wurde. Wir haben eine Ewigkeit gebraucht, um an der Küste entlang zurückzukommen. Aber ihr seid über Land marschiert, habe ich gehört?“
„Mmm.“ Vorsichtig stand Becca auf. „Weißt du, wie viel Uhr es ist?“
„Meine Uhr ist nass geworden, aber ich schätze mal später Vormittag. Ungefähr elf Uhr.“
„Meine Güte, dann habe ich ja endlos lange geschlafen.“
„Du hattest es wohl nötig. Wahrscheinlich hast du noch viel schlimmeren Muskelkater als ich, und mir geht’s schon schlecht.“ Mandy lächelte. „Bitte sehr. Zucker?“
„Ja, gern.“ Becca rührte zwei gehäufte Teelöffel Zucker in ihren Kaffee. Sie brauchte einen ordentlichen Energieschub.
„Willst du auch was essen? Ich könnte dir ein Butterbrot mit Honig oder Erdnussbutter anbieten.“
Obwohl sie eigentlich etwas essen sollte, schüttelte Becca den Kopf. Der heiße Kaffee reichte erst einmal, und sie trank ihn, so schnell es ging. „Vielleicht nachher. Ich muss …“
Jet finden, dachte sie. Erst wenn sie ihm in die Augen schaute, würde sie wissen, ob sie es nur geträumt hatte, dass er sie auf diese Weise geküsst hatte. So, als liebte er sie?
„Ich muss erst mal sehen, was los ist“, meinte sie dann und gab Mandy den Becher zurück. „Vielen Dank. Das war der beste Kaffee meines Lebens.“
„Ich komme mit“, sagte Mandy. „Wenn du einen Moment wartest, dann mache ich noch einen Kaffee für Jet. Er kann bestimmt wieder einen gebrauchen. Schwarz, ohne Zucker, richtig?“
Anscheinend wusste sie besser über seine Kaffeegewohnheiten Bescheid als Becca und wollte ihm unbedingt etwas Gutes tun. Wie schaffte er es bloß, die Frauen immer so schnell für sich einzunehmen, obwohl er meistens finster und unnahbar aussah?
Als ob sie das nicht nur allzu gut wüsste. Sie hatte sich ja gestern selbst bis an ihre äußersten Grenzen getrieben, um mit ihm Schritt zu halten. Man sollte annehmen, dass jemand, der kaum lächelte und sich so ausschließlich auf seine Arbeit konzentrierte, auf andere abschreckend wirkte. Aber bei Jet schienen die Leute sich nur noch mehr anzustrengen, um von ihm bemerkt zu werden.
Wenig später kam Becca in das Zelt, das zu einem Mini-Krankenhaus geworden war. Jet hockte neben einem jungen bärtigen Mann mit einem auf Kissen hochgelagerten Bein, das stark bandagiert war.
Erica kam hinter Becca ins Zelt. Sie brachte mehrere Wasserflaschen und lächelte Becca zu. „Ich hoffe, du hast ein bisschen Schlaf gekriegt.“
Sie nickte etwas beschämt.
Doch Erica meinte: „Du hattest es nötig. Allerdings hast du die ganze Aufregung verpasst.“ Sie schaute zu Jet. „Dein Mann ist ein wahrer Held.“
Mein Mann ? Schön wär’s, dachte Becca.
Obwohl, für einen kurzen Moment dort oben auf dem Berg war es so.
Auch ihr Blick ging zu Jet. Mithilfe eines Stethoskops und einer Manschette maß er Adams Blutdruck.
Wie immer machte er eine düstere Miene. Bei diesem Anblick stiegen Becca einerseits Tränen in die Augen, und gleichzeitig musste sie lächeln.
Sie liebte
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