Julia Ärzte zum Verlieben Band 50
alles an ihm, sogar seine mürrische Art. Immerhin konnte sie ihn zum Lächeln bringen. Wie viele andere Menschen konnten das von sich behaupten?
„Wir haben hier nämlich einen OP improvisiert“, erklärte Erica. „Der Fuß von Adam sah schlimm aus, und er wäre beinahe verblutet.“
Noch immer schaute Becca zu Jet hinüber. Mit einem befriedigten Nicken sagte er etwas zu seinem Patienten, der lächelnd den Daumen hochhielt.
„Jet musste den Fuß amputieren“, sagte Erica leise.
„Oh, das ist ja furchtbar“, erwiderte Becca entsetzt.
„Nein. Adam wäre sonst gestorben. Das wäre wirklich furchtbar gewesen. Adam ist ein unglaublich netter Kerl, und wir sind alle glücklich, dass er noch lebt. Und ich denke, er ist auch ganz froh darüber. Er weiß, dass er Jet sein Leben zu verdanken hat.“
„Wie geht es den anderen?“, erkundigte sich Becca.
Erica lachte. „Jack sagt, dass seine Kopfschmerzen schlimmer sind als bei jedem Kater, den er bisher gehabt hat. Und das will was heißen. Jet vermutet eine schwere Gehirnerschütterung bei ihm, aber nichts allzu Bedrohliches.“
Er ging reihum zu allen Patienten, und die beiden Frauen beobachteten ihn. Außer ihnen standen noch weitere Zuschauer am Eingang, darunter auch Mandy. Jeder bewunderte seine Fähigkeiten und seine fantastische Kondition. Wieso empfand Becca dann dieses Gefühl des Unbehagens?
Nachdem Jet sich davon überzeugt hatte, dass Jack weiterhin stabil war, blickte er auf und sah Becca an. Er wirkte irgendwie verlegen.
Da wusste sie es plötzlich. Hier hatte er das Leben eines Fremden gerettet. Warum war er nicht imstande gewesen, dasselbe für seinen besten Freund zu tun?
Becca fühlte sich überflüssig. Im Zelt gab es keine Aufgabe für sie, daher ging sie wieder hinaus. Irgendjemand reichte ihr noch einen Becher Kaffee und ein dickes Sandwich mit Honig und Erdnussbutter.
Aber das Essen fiel ihr schwer. In ihrem Magen schien sich ein großer Klumpen gebildet zu haben.
Natürlich konnte sie verstehen, dass Jet von Matts Tod genauso tief getroffen war wie sie. Ihre Vorwürfe hatten es noch schlimmer gemacht, und das tat ihr leid. Sie hasste Jet nicht mehr, aber sosehr sie es sich auch wünschte, sie konnte das negative Gefühl in sich einfach nicht überwinden.
Der Gedanke, dass Jet mehr hätte tun können und sollen. Wenn er sich nur ein kleines bisschen mehr bemüht hätte, hätte er die Tragödie abwenden können.
Becca fragte sich, ob sie das wirklich glaubte.
Ja, irgendwo tief in ihrem Innern war sie noch immer davon überzeugt. Der Klumpen in ihrem Magen war Trauer.
Sie liebte Jet, aber solange sie ihm nicht vollkommen verzeihen konnte, würde es für sie keine gemeinsame Zukunft geben. Selbst wenn Jet ihre Gefühle erwidern sollte.
Jemandem verzeihen bedeutete, ihm zu vertrauen, und Vertrauen machte einen verletzlich.
Um nicht in den Abgrund zu stürzen, hatte sie sich viele Jahre vor jedem Schmerz geschützt, der ihr durch ihre eigene Verletzlichkeit hätte zugefügt werden können.
Vielleicht sollte sie die Sache einfach auf sich beruhen lassen. Sie hatte sich immer danach gesehnt, mit Jet zu schlafen. Jetzt hatte sie es erlebt, und eine wunderbare Erinnerung war wahrscheinlich das beste Ende für sie beide. Warum sollte man es zerstören, indem man Dinge ans Tageslicht zerrte, die die Kluft zwischen ihnen nur vergrößern würde? Dann würden sie womöglich noch bereuen, was zwischen ihnen passiert war.
Das Schiff der Marine erreichte am frühen Nachmittag die Insel. Als es schließlich in sicherer Entfernung von den vorgelagerten Felsen Anker geworfen hatte, war noch genügend Tageslicht, um alle Personen zu evakuieren.
Die Verletzten kamen zuerst an die Reihe, weil viele Helfer gebraucht wurden, um die Tragen über die Felsen und hinunter zum Anleger zu transportieren. Trotz des großen Freiwilligen-Teams ging das Ganze nur langsam voran. Vom Anleger ins Schlauchboot zu kommen, war eine heikle Angelegenheit. Und nach der kurzen Bootsfahrt mussten die Patienten mittels einer Seilwinde über die gesamte Höhe der Schiffswand hinaufgehievt werden.
Jet begleitete alle vier Patienten. An Bord übergab er sie in die Obhut des Schiffsarztes und vergewisserte sich, dass sie gut versorgt waren, ehe er zur Insel zurückfuhr. Die übrigen Leute konnten in kleinen Gruppen abgeholt werden. Aber die Sonne ging schon fast unter, als die Letzten ins Boot stiegen.
Becca gehörte mit zu dieser letzten Gruppe. Steve steuerte den
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