Julia Ärzte zum Verlieben Band 51
antwortete der Mann. „Wenn Sie ein Privattaxi wollen, müssen Sie eins bestellen.“
Frustriert schaute Niall auf die Uhr. Das würde zu viel Zeit kosten. Er rief Grace an, erreichte sie jedoch nicht. Vermutlich war auch sie unterwegs zu ihrer Schwiegermutter. Er stieß einen unterdrückten Fluch aus. Irgendwie musste es ihm doch gelingen, zu Robina zurückzukommen!
„Sie sind in Eile?“, fragte der Afrikaner.
„In sehr großer Eile“, entgegnete Niall.
„Dann werde ich Sie selber fahren. Meine Schicht ist gerade vorbei.“
„Aber es ist kilometerweit entfernt“, wandte Niall ein.
Achselzuckend erwiderte der Mann: „Sie haben jemandem geholfen, den Sie nicht kannten. Und jetzt helfe ich Ihnen. So ist es bei uns Sitte.“ Er streckte die Hand aus. „Ich heiße Themba.“
Bald rasten sie in Thembas klapprigem Auto weit oberhalb der zulässigen Höchstgeschwindigkeit los. Dennoch erschien es Niall wie eine Ewigkeit, bis sie das Haus von Robinas Großmutter erreichten. Er dankte seinem Retter überschwänglich und bot ihm an, das Benzin zu bezahlen.
Mit gekränkter Miene wehrte Themba ab. „Ich habe es Ihnen doch gesagt: Es ist meine Pflicht. Eines Tages tut vielleicht jemand anderes mir einen Gefallen.“ Winkend brauste er in einer großen Staubwolke davon.
Sobald Niall das Haus betrat, wusste er, dass er zu spät kam. Klagende Frauen hatten sich im Raum versammelt, und Robina saß wie betäubt neben dem Bett.
„Ist sie von uns gegangen?“, fragte Niall leise.
Schweigend nickte sie.
Mit langen Schritten eilte er zu ihr und umarmte sie. „Ach, Liebling, es tut mir so leid.“
Für einen Moment schmiegte sie sich an ihn, bevor sie sich wieder zurückzog. „Mum kommt mit Ella. Sie und ich müssen hierbleiben, so verlangt es der Brauch. Aber du solltest mit Ella nach Hause fahren. Es wird sie sonst zu sehr aufregen.“
„Ella weiß, was Verlust bedeutet“, meinte Niall sanft. „Wir gehören auch zu deiner Familie, und in solchen Zeiten braucht jeder seine Angehörigen um sich.“
Robina lächelte schwach. „Meine Mutter wird bei mir sein. Es ist wirklich besser, wenn ihr fahrt. Ich komme zurecht.“
„Stoß mich nicht weg, Robina“, sagte er.
„Das tue ich nicht. Ich …“ Sie zögerte und fügte mit erstickter Stimme hinzu: „Ich brauche dich später noch.“
Trotz dieser schweren Stunden schöpfte Niall ein wenig Hoffnung. Sie brauchte ihn – das war zumindest ein Anfang. Zunächst musste sie die Dinge auf ihre Weise regeln. Doch diesmal würde er dafür sorgen, dass sie mit ihm redete. Er würde ihr seine Liebe zeigen. Irgendwie mussten sie wieder zueinanderfinden.
„Ich gehe, sobald deine Mutter kommt“, erklärte er. „Aber ich werde auf dich warten. Und wann immer du mich brauchst: Ich bin da. Ich lasse es nicht zu, dass du das hier alleine durchmachst. Verstehst du das?“
Mit ihren großen braunen Augen sah Robina ihn an. „Ja.“ Dann strich sie zärtlich über seine Wange. „Wie geht es Lydias Baby?“
„Die Kleine wird es schaffen. Wenn du willst, können wir sie mal besuchen.“
„Das fände ich schön. Ein Leben endet, und ein anderes beginnt. Das habe ich inzwischen verstanden. Es ist an der Zeit, dass wir über unser Baby sprechen. Nicht jetzt, aber später.“
Widerstrebend löste Niall sich von ihr und beobachtete, wie sie zu den anderen Frauen ging. Als er ein Auto hörte, lief er nach draußen. Grace und Ella stiegen gerade aus einem Taxi.
„Können Sie ein paar Minuten warten?“, bat er den Fahrer.
Der Klang der Totenklage erfüllte die stille Abendluft. Grace blickte Niall an. „Ich bin zu spät gekommen“, sagte sie leise.
„Es tut mir so leid. Ich glaube, sie hat nur so lange durchgehalten, um Robina zu sehen“, antwortete er. „Das habe ich auch bei anderen Sterbenden schon erlebt.“
„Wie geht es Robina?“, fragte Grace.
„Sie kommt damit zurecht. Ich glaube, es wird alles wieder gut.“ An Grace’ Gesichtsausdruck erkannte er, dass sie genau wusste, was er meinte. „Sie möchte, dass ich mit Ella nach Hause fahre. Ich würde zwar lieber bleiben, aber es ist ihr Wunsch.“
„Dann solltest du gehen. Ich bin ja bei ihr“, meinte Grace. „Aber später, wenn es ihr wirklich bewusst wird, braucht sie dich.“
Niall erwachte, als Robina auf Zehenspitzen durch das Zimmer tappte.
„Du bist wieder da.“
„Nur um zu duschen und mich umzuziehen“, sagte sie. „Ich habe Mum nach Hause gebracht, damit sie sich
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