Julia Ärzte zum Verlieben Band 51
hocherhobenen Hauptes.
„Na, wenn das mal nicht voreilig war.“ Coulson konnte es nicht lassen.
Von dem langen, kahlen Flur gingen etliche Zimmer ab, an seinem Ende lag ein großer Krankensaal. Von der Decke baumelten leere Lampenfassungen. „Das wird schon“, murmelte sie vor sich hin.
„Schrauben Sie Ihre Hoffnungen nur nicht zu hoch.“
„Ich will hier ja keine hypermoderne Klinik einrichten. Meine Kinder brauchen etwas anderes.“
„Und was soll das sein?“
„Vor allem Hoffnung. Und die finden sie nicht in kalten, sterilen Krankenzimmern. Sehen Sie, zum Beispiel diese Betten. In solchen grauen Metallbetten gibt es keine Hoffnung. Dabei wäre es so einfach, sie zum Beispiel bunt anzustreichen.“
Coulson folgte ihr in den großen Krankensaal. „Und das hier, das ist schrecklich. Ein einziger, riesiger Raum. Wie soll man darin gesund werden? Kinder brauchen Ruhe und Geborgenheit.“ Sie würde Trennwände einziehen, kleine, gemütliche Zimmer einrichten und alle unterschiedlich ausstatten, denn kein Kind war wie das andere. „Man kann so viel machen, sehen Sie das denn nicht?“
„Was ich sehe, sind Wunschträume, und die werden nur selten wahr.“
„Haben Sie nie geträumt?“
„Doch, einmal.“ Er blieb stehen und wurde nachdenklich. „Aber dabei wurde ich bitter enttäuscht. Ich dachte einmal, ich hätte die Frau fürs Leben gefunden. Ich habe sie wirklich geliebt, alles schien möglich …“
„Und?“ Der plötzliche Themenwechsel irritierte Erin.
„Sie hat versucht, mich umzukrempeln. Sie wollte nicht, dass ich nach Jamaika zurückkehre und die Menschen hier quasi umsonst behandle. Sie wünschte sich ein großes Haus mit Swimmingpool und allem Luxus. Sie wollte ein Leben, das ich ihr nicht bieten konnte. Was als wunderbarer Traum begann, endete in einem einzigen Albtraum.“
„Deshalb sind Sie also so verbittert.“
„Nicht verbittert, nur abgeklärter. Sie setzen zu viele Träume in dieses Krankenhaus, das wird Ihnen das Herz brechen.“
„Da spricht ein Zyniker.“
„Da spricht meine Erfahrung. Sie verschließen Ihre Augen vor der Realität, genau wie ich damals. Ich habe in meiner Frau nur das gesehen, was ich sehen wollte. Und mich in eine Vision verliebt.“
„Es tut mir leid um Ihre Ehe, Coulson, aber meine Vision ist sehr real.“
„Das wird sich zeigen.“
Erin seufzte. Offenbar hatte dieser Mann eine Menge verloren – seine geliebte Frau, sein Krankenhaus, seinen Traum. Traurig für ihn, aber das war seine Geschichte. Ihre Pläne hingegen waren gut durchdacht und keine Luftschlösser. Vielleicht würde ja auch Coulson eines Tages feststellen, dass Träume doch wahr werden können.
Sie besichtigte auch die anderen Räume, die einen recht sauberen Eindruck machten und für ihre Pläne durchaus geeignet waren. „Wie viele Patienten können hier untergebracht werden?“
„Zweiunddreißig.“
Genau richtig. „Glauben Sie, man kann hier zusätzliche Stromkabel für Ventilatoren oder Klimaanlagen verlegen?“
„Sicher. Sie können auch die Böden mit goldenen Fliesen pflastern.“
„Warum sind Sie nur so verbittert, Coulson?“
„Weil ich fürchte, dass Sie mein Leben zerstören.“ Und meinen Traum. Dabei gab er sich alle Mühe, die Sache positiv zu sehen: Mit dem Geld aus dem Verkauf konnte er endlich seine Praxis ordentlich ausstatten. Und vielleicht scheiterte Erin ja doch noch mit ihren hochfliegenden Plänen. Was er ihr nicht wirklich wünschte. Sie hatte so gutherzige Absichten. „Hier links befindet sich der OP. Er ist klein, aber ich denke, man kann etwas daraus machen … falls Sie vorhaben, in Ihrem unkonventionellen Krankenhaus Operationen durchzuführen.“
„Warum nicht? Dafür bräuchte ich allerdings einen Chirurgen. Sie sind nicht zufällig einer?“
„Nein. Ich bin praktischer Arzt. Ich kann eine Platzwunde nähen, aber keinen Blinddarm operieren.“ Und einen Chirurgen hierher zu locken, wird schlicht unmöglich, fügte er in Gedanken hinzu. Das hatte er selbst bereits versucht. Die Leute hier waren arm. Ein paar frische Fische wurden als großzügige Bezahlung für eine Behandlung angesehen, aber damit gab sich kein Chirurg zufrieden.
Damit wird wohl tatsächlich nichts aus der Klinik, dachte er und musste feststellen, dass es ihm jedes Mal, wenn ein Stück von ihrem Traum zu platzen schien, einen Stich ins Herz gab. Vermutlich, weil er nur zu gut wusste, wie sich Scheitern anfühlte. Einen Moment lang war er versucht, seine
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