Julia Ärzte zum Verlieben Band 51
überlief sie eine Gänsehaut. Am Tage war dies ein Krankenhaus und sah auch so aus, als würde es diesen Zweck erfüllen. Aber jetzt, in der Nacht … da erinnerte es sie an die schrecklichen Zeiten ihrer Krankheit, an die endlosen Nächte, an die Leere. Ihre Kinder sollten niemals im Dunkeln liegen müssen, entschied sie. Sie würde an den Decken der kleinen Zimmer fluoreszierende Sterne und neben den Betten Nachtlichter anbringen. Keine Dunkelheit. Nicht für ihre kleinen Patienten. „Bist du hier, Tadeo? Keine Angst, Coulson ist nicht böse wegen des Boots, aber er macht sich große Sorgen um dich. Wir beide. Dass du dir vielleicht wehgetan hast.“
Sie blieb stehen. Lauschte. Hörte nur ein leises Geräusch. Hatte sich da etwas bewegt? Sie leuchtete noch einmal den ganzen Krankensaal ab, durchsuchte alle Betten, spähte darunter, aber von Tadeo keine Spur. Immer wieder seinen Namen rufend, durchkämmte sie das ganze Krankenhaus, ging dann zurück zum Eingang und hoffte, dass Coulson mehr Glück gehabt hatte. Als sie an der Empfangstheke vorbeikam, entdeckte sie dahinter einen schmalen Einbauschrank, öffnete die Tür und leuchtete hinein. Und da hockte Tadeo, kauerte im hintersten Winkel, und starrte sie mit großen, ängstlichen Augen an.
„Wir machen alle mal einen Fehler“, sagte Erin und streckte ihm die Hand hin. „Ich bin mir sicher, du wolltest Adam nur mit dem Boot helfen, und dann ist plötzlich ein Feuer ausgebrochen. Adam weiß, dass es ein Unfall war.“
„Es war dunkel“, wisperte Tadeo schniefend, ohne ihre Hand zu nehmen. „Ich wollte doch nur das Deck noch ein bisschen abschmirgeln, damit wir morgen gleich mit dem Lackieren …“
„Und weil es dunkel war, hast du eine Kerze angezündet, richtig?“
„Ja, in der Laterne.“
„Und die ist dann umgefallen.“
„Ja.“ Jetzt weinte er. „Ich hab’ noch versucht, die Flammen mit ein paar Lappen auszuschlagen, aber dann war plötzlich überall Feuer.“
„Hast du dich verbrannt?“
Tadeo zuckte nur stumm die Achseln.
„Kann ich mal sehen, wo du dich verbrannt hast? Hier gibt es bestimmt eine Brandsalbe, die gibt man drauf, und dann wird es gleich besser.“
Nach einer Weile gab sich Tadeo einen Ruck und streckte beide Hände aus. Die gesamten Handflächen und die Finger waren verbrannt. Die Haut war knallrot, nässte, und teilweise hatten sich schon dicke Brandblasen gebildet.
„Das muss ja höllisch wehtun. Hör mal, du musst da rauskommen, sonst kann ich dir nicht helfen.“
„Aber er wird mich hassen“, schluchzte der Kleine.
„Nein, ganz bestimmt nicht. Im Gegenteil, er sucht dich überall, weil er Angst hat, dass du verletzt bist. Er macht sich große Sorgen um dich.“ Erin hatte gedacht, dass sie ihn damit aus dem Schrank locken könnte, doch er machte sich nur noch kleiner und unsichtbarer. „Was hältst du davon, wenn ich deine Hände versorge und wir ihm gar nichts davon erzählen? Bist du damit einverstanden?“
Als Tadeo zaghaft nickte, bückte sich Erin, hob Tadeo hoch und trug ihn hinaus. „Wow, du bist ja ein ganz schön schwerer Brocken“, ächzte sie lachend, um den Kleinen aufzuheitern.
Auf dem Weg zur Praxis sah sie Adam aus einem der Cottages kommen und mit seiner Taschenlampe genau in ihre Richtung leuchten. Schnell drehte sie sich so um, dass Tadeo ihn nicht sehen konnte, und schüttelte den Kopf, um Adam auf Abstand zu halten. Adam verstand, schlich sich durch den Hintereingang in die Praxis, schloss von innen die vordere Tür auf und verkroch sich dann irgendwo.
Dieser Mann liebt den Kleinen wirklich, dachte Erin. Und er machte auch kein Hehl daraus. So einen Mann könnte sie lieben, wenn sie diesen Schritt wagen würde … eines Tages.
„Das wird jetzt ein bisschen brennen“, erklärte sie Tadeo auf dem Weg ins Behandlungszimmer. Es wäre einfacher gewesen, wenn Coulson ihn verarztet hätte, aber sie spürte, dass Tadeo noch nicht bereit war, dem Mann ins Gesicht zu sehen, der ihn so liebte wie sonst niemand auf der Welt. „Aber du bist ja ein tapferer Bursche, nicht wahr?“
Sie legte Tadeo auf die Liege, schaltete das Licht ein und besah sich die Wunden. Verbrennungen zweiten Grades, aber nicht so schlimm, wie sie hätten sein können. „Ich hole schnell ein paar Mullbinden und eine Brandsalbe“, sagte sie zu Tadeo. „Bleib bitte hier und zapple nicht zu viel herum. Okay?“
Der Junge nickte, aber das Zittern seiner Unterlippe verriet Erin, dass es mit seiner Tapferkeit doch
Weitere Kostenlose Bücher