Julia Ärzte zum Verlieben Band 51
der Bank gerutscht, als wolltest du jeden Moment aufspringen. Mache ich dich nervös? Ist es, weil ich vorhin einen Blick auf dein …“
„… mein Hinterteil erhascht hast? Zumindest nehme ich das an. Nein, das macht mich nicht nervös.“ Ganz im Gegenteil. „Aber rechne nicht damit, dass du es noch einmal sehen wirst.“
„Dann sollte ich für diese einmalige Gelegenheit dankbar sein und mir die Erinnerung bewahren. Das Bild für die nächsten Jahre oder Jahrzehnte in meinen Fantasien fortleben lassen.“
Erin musste lachen. Und entspannte sich endlich.
„Na, ist das nicht besser so?“, fragte er, während die Bürste nun viel müheloser durch ihr Haar glitt. „Selbst dein Haar scheint sich zu entspannen.“
„Das wäre ja ganz was Neues.“
„Ich muss zugeben, dass dein Haar das Erste war, was mir an dir auffiel.“
„Das Erste? Wirklich? Ich dachte, es wäre mein … Geld gewesen.“
„Gut, dann das Zweite. Denn Geld erregt immer meine Aufmerksamkeit, besonders wenn man es mir gibt. Aber dein Haar stand definitiv ganz oben auf der Liste meiner Beobachtungen. Meinst du wirklich nicht, dass es praktischer wäre, es abzuschneiden?“
„Niemals“. Das könnte sie nicht.
„Sag niemals nie, Red. Ich werde nicht immer mit einer Bürste zur Stelle sein.“
„Ich brauche deine Bürste nicht oder deine Hilfe beim Kämmen, und ich schneide meine Haare nicht ab. Basta“, sagte sie wütend. Dann sprang sie auf, entriss ihm die Bürste, fuhr sich damit noch ein paar Mal durchs Haar und drückte sie ihm wieder in die Hand. „Außerdem geht es dich überhaupt nichts an, was ich mit meinem Haar anstelle oder nicht!“
„Kannst du mir erklären, was plötzlich mit dir los ist?“
„Ich bin in Eile, das ist los. Ich habe keine Zeit, hier herumzusitzen und mit dir über meine Haare zu diskutieren.“ Damit drehte sie sich um, rannte davon und ließ Adam auf der Veranda stehen. Was ist nur plötzlich in sie gefahren? fragte er sich. Gerade noch hatten sie miteinander gescherzt, und jetzt …
Kopfschüttelnd sah er ihr nach, wie sie in der Dunkelheit verschwand. Und plötzlich wusste er es. „Verdammt!“, fluchte er und holte scharf Luft. Er kannte diese Reaktion. Hatte sie bei einigen seiner Patienten erlebt … bei Krebspatienten. Der Verlust der Haare durch die Chemotherapie war ein Stigma, ein Zeichen von Hoffnungslosigkeit, oftmals mehr gefürchtet als die Krankheit selbst. Und wenn die Haare endlich wieder nachwuchsen, fühlten sich viele Patienten wie neu geboren und schöpften wieder Hoffnung. Was bin ich nur für ein Idiot! Erin hatte Krebs gehabt, und das Gefühl, dass dieses Wissen in ihm auslöste, war unbeschreiblich. Er schloss die Augen, um dieses Bild auszublenden, überlegte, dass ihre Empfindlichkeit, was ihre Haare betraf, auch andere Gründe haben könnte, Eitelkeit vielleicht, oder …
Nein! Er war Arzt, und er wusste es besser. Plötzlich hatte er das Gefühl, als schnürte ihm etwas die Kehle zu. Krebs. Krebs war etwas, das andere Menschen betraf. Seine Patienten. Aber doch nicht diese Frau, die er gerade anfing, lieb zu gewinnen …
Das erklärte so vieles.
Adam stürmte zurück ins Haus, holte tief Luft, versuchte, sich zu beruhigen. Doch der Gedanke an Erin in Verbindung mit dieser schrecklichen Krankheit bohrte sich wie ein glühender Pfeil in sein Bewusstsein. Als Reaktion darauf oder aus Protest oder aus schierer Wut schleuderte er die Haarbürste in den dunklen Raum, hörte, wie sie an der Wand abprallte und in zwei Teilen auf den Boden fiel. Als er sich dann auch noch die Zehen an einem seiner beiden Stühle stieß, fing er an, lauthals zu fluchen.
„Er hat fast die ganze Nacht geschlafen“, berichtete Davion, während Erin den Verband an Tadeos Händen wechselte. „Er ist nur ein paar Mal aufgewacht, hat nach Adam gefragt, und ist gleich wieder eingeschlafen.“
„Und Pabla? Hat sie Tadeo noch nicht besucht?“
„Das wird sie nicht“, erklärte Davion im Brustton der Überzeugung.
Die Brandwunden sahen besser aus, als Erin zu hoffen gewagt hatte. Der Junge war wirklich ein kleiner Glückspilz. Wenn man von seiner Pflegemutter absah. „Warum wird Pabla nicht kommen?“
„Na ja, sie hat Tadeo nur aufgenommen, weil sonst niemand da war. Aber der Junge bedeutet ihr nichts. Sie kümmert sich ja kaum um ihn. Pabla Reyes ist eine gemeine Person, die für niemanden ein gutes Wort übrig hat. Meine Mutter hatte sie mal als Bedienung in der Bar angestellt, und
Weitere Kostenlose Bücher