Julia Ärzte zum Verlieben Band 51
schockiert. Natürlich hatte er gewusst, dass sie vielleicht noch eine Weile brauchen würde, um sich von der Fehlgeburt zu erholen. Doch da war noch etwas anderes gewesen. Es war ihm so vorgekommen, als würde sie ihn verabscheuen.
Tag für Tag hatte sie sich weiter von ihm entfernt und sich in ihre Arbeit gestürzt. Und Niall hatte seine Hoffnung, dass die Zeit die Wunden heilen würde, bald begraben müssen.
Stattdessen war die Kluft zwischen ihnen immer tiefer geworden. Und heute war sie geradezu unüberwindlich.
6. KAPITEL
„Komm, Daddy“, drängte Ella. „Die Sendung mit Robina fängt gleich an.“
Niall schaltete den Fernseher ein und setzte sich auf das Ledersofa. Am Montag nach dem Wohltätigkeitsdinner hatte Richard Christchurch angerufen. Einer seiner Gäste hatte kurzfristig abgesagt. Deshalb hatte er Robina gebeten, für diesen einzuspringen. Da ihr Agent ebenfalls für einen Auftritt in Richards Show gewesen war, hatte sie schließlich zugesagt.
Ella kuschelte sich gerade rechtzeitig an Niall, um Robinas Auftritt im Studio mitzuerleben. Gemeinsam schauten sie zu, wie Robina stehen blieb und in die Kamera lächelte. Sie sieht wirklich aus wie ein Fernsehstar, dachte Niall stolz. Sie trug ein langes, eng anliegendes Kleid im afrikanischen Stil und eine schlichte goldene Kette, die ihren schönen Hals zur Geltung brachte. Durch ihre Größe überragte sie ihren Gastgeber um ein paar Zentimeter. Sie sah hinreißend aus.
Richard Christchurch bot ihr einen Stuhl an, und sie nahm Platz. Sie wirkte kühl und gelassen, während sie wartete, bis der Applaus nachließ.
„Robina“, begann Richard, „für die wenigen Zuschauer, die Sie noch nicht kennen: Könnten Sie uns etwas über Ihre Arbeit erzählen?“
„Ich moderiere eine wöchentliche Sendung namens Fokus Leben “, erwiderte sie. „Dabei wird in jeder Ausgabe ein anderes medizinisches Thema ausführlich behandelt.“
„Sind Sie nicht ein bisschen zu jung, um medizinische Ratschläge zu verschiedenen Themen zu geben?“
Robina lächelte. Ihre perfekt geformten weißen Zähne strahlten, was einen reizvollen Kontrast zu ihrer kupferfarbenen Haut bildete. Niall liebte ihr Lächeln. Es war das Erste, was ihm an ihr aufgefallen war. Mit diesem Lächeln konnte sie einen ganzen Raum erhellen.
„Ich arbeite mit einem Team von Experten zusammen“, erklärte Robina. „Meistens geben sie die Antworten. Denn Sie haben vollkommen recht: Es wäre schlicht unmöglich für mich, selbst Expertin auf jedem Gebiet zu sein, über das wir berichten. Ich bin nur dazu da, den medizinischen Fachjargon für die Zuschauer in leicht verständliche Worte zu bringen. Häufig können wir als Patienten ja gar nicht die richtigen Fragen stellen, wenn wir nicht alles verstehen, was der Arzt uns sagt.“
Nach einem kleinen Einspieler zu ihrer Arbeit wandte sich Richard wieder Robina zu. „Bevor wir über Ihre nächsten Projekte und Ihre Bücher sprechen, erzählen Sie uns doch ein bisschen über sich. Wer ist die Frau hinter der Moderatorin?“
„Ich komme aus Südafrika“, antwortete sie lächelnd. „Meine Mutter ist Britin und arbeitet als Journalistin. Mein Vater gehörte zum Volk der Xhosa und war Rechtsanwalt und politischer Aktivist. Er ist vor fünf Jahren gestorben.“
„Waren Sie nicht ursprünglich auch Journalistin? Wie kam es dazu, dass Sie Medizinerin geworden sind?“
„Ich wurde in den Sudan geschickt, um eine Reportage über ein Flüchtlingscamp zu machen“, gab Robina zurück. „Die Bedingungen dort waren grauenvoll, absolut unerträglich. Man konnte so wenig tun. Trotzdem gab es ein Team von Ärzten, Krankenschwestern und anderen Einsatzhelfern, die unglaubliche Arbeit leisteten. Ich habe drei Wochen mit ihnen verbracht. Dann wusste ich, dass die Medizin der richtige Weg für mich war. Ich wollte etwas tun, nicht bloß über solche Dinge berichten.“
„Aber jetzt sind Sie hier und arbeiten als hoch bezahlte Fernsehmoderatorin. Damit stehen Sie als Ärztin nicht gerade an vorderster Front, oder?“
Autsch, dachte Niall. Er hatte schon die ganze Zeit befürchtet, dass Christchurch nicht nur ein nettes Plauderstündchen mit Robina abhalten wollte.
„Nein“, meinte sie ruhig. „Aber nach meinem Studium habe ich an einem ähnlichen Einsatzort wie dem Sudan gearbeitet. Und eins wurde mir klar: Bildung und Information sind das Wichtigste dabei. Ärzte tun in diesen Situationen, was sie können. Doch das ist im Grunde nicht mehr als ein
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