Julia Ärzte zum Verlieben Band 52
hatte Dienst.“
Es war Montagmorgen. Lily hatte anscheinend Dienstschluss. Sie trug ihre Schwesternkleidung und sah tüchtig und kompetent … und zum Anbeißen hübsch aus. Das Leben auf der Farm scheint ihr gut zu tun, dachte Luke. Sie hatte sogar etwas Farbe bekommen. Ob sie auf einem von Toms Pferden reitet? Allein, ohne dass jemand in der Nähe war? Und falls ihr nun etwas passierte? Er wollte fragen, ahnte aber, dass er dann Ärger bekommen würde.
„Hey“, holte Tom ihn aus seinen Gedanken. „Willst du sehen, wie ich laufen kann?“
„Klar.“ Er beobachtete, wie sein Onkel das Gehgestell zur Tür bewegte, es losließ, den Handlauf packte und stolz, wie Oskar den Weg bis zur Stationszentrale zurücklegte.
Lily klatschte rhythmisch in die Hände, um ihn anzufeuern. Sie lächelte, aber Luke, der neben ihr stand, bemerkte, wie bewegt sie war. Sie kennt ihn erst seit einer Woche, dachte er erstaunt, und sie lässt sich von ihm zu Tränen rühren.
„Ist das nicht wundervoll?“, flüsterte sie.
Ja. Und du auch.
„Tom fühlt sich wohl hier“, sagte sie leise, als sein Onkel sich langsam auf den Rückweg machte. „Er hat Freunde gefunden. Bist du sicher, dass er Einzelgänger ist?“
„Wenn nicht, dann hat er sich gut getarnt.“
„Vielleicht ist er nur sehr geschickt darin, seine Bedürfnisse zu verbergen. Morgen habe ich frei“, sagte sie gleich darauf zu Tom. „Wenn die Physiotherapeutin einverstanden ist, wollen wir dann nach Coogee fahren? Eine herrliche kleine Bucht mit schneeweißem Sand, keine zwanzig Minuten von hier. Du könntest deine Krankengymnastik in der Meerwanne absolvieren. Das macht bestimmt Spaß!“
Spaß? Luke glaubte sich verhört zu haben. Für Spaß war Tom noch nie zu haben gewesen.
Doch sein Onkel wirkte durchaus angetan. „Meerwanne?“
„Felstümpel“, erklärte sie. „Dort gibt es jede Menge, groß genug und nicht zu tief. Soll ich dich um zehn abholen?“
„Ohne Hilfe kommst du nicht ins Wasser. Ich fahre mit“, bot Luke spontan an.
„Du sollst dir meinetwegen keine Umstände machen.“ Und da war er wieder, der knurrige Tonfall, den Luke so gut kannte.
„Kein Problem, ich kann mir die Zeit freischaufeln.“
„Das ist wirklich nicht nötig“, mischte sich Lily ein. „Tom und ich schaffen das schon. So, und jetzt muss ich los. Mein Bettchen ruft.“ Sie gab Tom einen Kuss auf die Wange, was dieser zu Lukes Verwunderung wie selbstverständlich hinnahm. „Ich habe seit Jahren nicht so gut geschlafen wie auf deiner Farm“, fügte sie hinzu. „Der Abschied wird mir schwerfallen.“
„Warum bleibst du nicht?“, antwortete Tom, und Luke kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. „Ich meine … irgendwo musst du dich ja niederlassen, oder?“
„Ich gehe zurück nach Lighthouse Cove.“ Es klang ein wenig traurig. „Aber trotzdem danke für das nette Angebot.“
Als sie das Zimmer verließ, blickte Tom ihr bedauernd nach. „Tu etwas!“, murrte er. „Das Mädchen ist ein Schatz. Willst du sie wirklich gehen lassen?“
„Was soll ich machen? Es ist ihre Sache.“
„Blödsinn. Es ist unsere Sache. Ich habe mich ein Mal zum Idioten gemacht, und du hattest auch kein glückliches Händchen mit dieser selbstsüchtigen Frau, die du geheiratet hast. Aber diesmal … Ich müsste vierzig Jahre jünger sein, ich schwöre dir, ich …“ Er stieß sich vom Handlauf ab und bekam sein Gehgestell nur knapp zu fassen. „Lass mich“, wehrte er ab, als Luke ihm helfen wollte. „Wenn du schon was tun willst, dann kümmere dich um Lily!“
8. KAPITEL
Dienstagmorgen um zehn Uhr betrat Lily das Krankenhaus, um Tom abzuholen.
Sie mochte den alten Mann inzwischen richtig gern.
So viel dazu, ein Niemand zu sein, dachte sie auf dem Weg zur Reha-Station. Sie war nach Sydney gekommen, um die Anonymität der Großstadt zu genießen, und was war daraus geworden? Innerhalb kurzer Zeit gehörte sie fest zum Team des Harbour, hatte sich mit Tom angefreundet und war Lukes Geliebte … jedenfalls für alle anderen.
Und das war der springende Punkt, alles beruhte auf einer Täuschung. Und doch fühlte sie sich auf eine Art aufgehoben, die sie nie zuvor erfahren hatte. Bisher war Tratsch giftig und verletzend gewesen. Hier im Sydney Harbour fühlte er sich anders an, wie eine … Lebensart, mit der die Menschen hier ausdrückten, dass sie dazugehörte. Sie hatten sie in ihre Mitte genommen, und Lily fühlte sich auf seltsame Weise geborgen.
In Lighthouse Cove war
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