Julia Aerzte zum Verlieben Band 60
Beschützerinstinkt erwachte. „Ich kann dich nicht den ganzen Tag allein hier sitzen lassen. Du brauchst mehr Ruhe als ich.“
Ja, ja, wegen der Milch. Aber sie sprach es nicht aus. Warum deshalb streiten? „Bella und Lexi werden auch hier sein. Sie achten schon darauf, dass ich mich bewege, und werden mich sicher nicht verhungern lassen. Und da du deine OP-Termine in dieser Woche verschoben hast, darfst du hier gern wieder die Nachtschicht übernehmen.“
Finn lachte. „Vielen Dank.“
Aber ihr Angebot war verlockend. Er steckte seit fast sechsunddreißig Stunden in denselben Klamotten. Und wenn Ava Gladys nicht überredet hätte, sie in seine Wohnung zu lassen, hätte er immer noch keine Schuhe an. Eine frische Zahnbürste und Zahnpasta hatte er von einer der Krankenschwestern bekommen.
Er blickte auf Isaac hinunter und zögerte. Wenn nun irgendetwas passierte, während er weg war? Sein kleiner Sohn lag nicht umsonst auf der Intensivstation – auch wenn sein Zustand zurzeit stabil war.
„Ich rufe dich sofort an, wenn etwas ist.“ Evie ahnte, was in ihm vorging. „Versprochen.“
„Okay. Danke.“
Kurz vor drei Uhr war er wieder da.
Finn hatte gegessen, geduscht und wie ein Stein geschlafen. Zwei Stunden länger als geplant. Er machte schnell einen Abstecher in die Stadt, um etwas zu erledigen, was er schon vor Wochen hätte tun sollen. Anschließend fuhr er seinen Wagen in die Garage von Kirribilli Views und ging zu Fuß zum Krankenhaus. Es war ein herrlicher Tag, und außerdem konnte er dabei in Ruhe planen, wie es weitergehen sollte.
In der Kantine holte er zwei Becher Kaffee und ein paar Snacks für heute Abend.
„Hi“, sagte er gut gelaunt, als er Isaacs Zimmer betrat.
Evie wechselte dem Kleinen gerade die Windel. „Puh“, meinte sie zu Finn. „Ich hätte nie gedacht, dass mich eine volle Windel glücklich macht!“
Aber bei einem Frühchen war ein funktionierender Darm wirklich ein Grund zum Feiern.
Finn hielt den Atem an. Ihre Augen leuchteten, und ihre Wangen waren sanft gerötet. Warum hatte er so lange gebraucht, um zu begreifen, wie sehr er sie liebte? Jetzt musste er nur an sie denken, und ihm floss das Herz über!
Er lachte. „Braver Junge.“
Lexi schüttelte den Kopf und erklärte sie beide für verrückt.
Während Evie den Kleinen versorgte, blieb Finn neben ihr stehen, sprach leise mit seinem Sohn, der von Zeit zu Zeit ungnädig über die Störung die Augen öffnete, bevor sie ihm gleich wieder zufielen.
Als Isaac in seinem Bettchen lag, reichte Finn Evie einen Kaffee und überließ seinen Lexi. Die Schwestern erzählten ihm, wie der Tag verlaufen war, einschließlich der guten Neuigkeit, dass die Sauerstoffgaben weiter reduziert worden waren.
„Du bist genau richtig gekommen“, meinte Evie zu Finn. „Ich wollte gerade Milch abpumpen gehen. Du kannst solange Lexi unterhalten.“
Finn blickte auf. „Lexi, macht es dir etwas aus, eine Weile allein hierzubleiben? Ich wollte mit deiner Schwester reden.“ Er sah zu Evie hinüber. „Wenn es dir recht ist.“
Sein intensiver Blick machte sie atemlos. Bei dem Trubel der letzten Tage hatte sie fast vergessen, wie tief sie sich in diesen blauen Augen verlieren konnte. Es war wie eine zärtliche Berührung, die sie am ganzen Körper spürte.
Evie fragte sich, ob es ihr peinlich wäre, wenn Finn ihr beim Abpumpen zusah. Es war ja nicht so, dass er sie noch nie nackt gesehen hatte. Du meine Güte, wir haben Isaac gezeugt! Dennoch zögerte sie. Er hatte sie bereits in die Mutterschublade gesteckt – das würde ihn darin doch nur bestärken.
Lexi besaß feine Antennen. „Ach, Finn, lass doch die arme Frau mit ihren tropfenden Brüsten in Ruhe ihre Arbeit machen. Ich beiße nicht, und sobald sie fertig ist, sucht ihr euch ein schönes Plätzchen, wo ihr ungestört reden könnt – ohne das Saugen und Schmatzen einer Milchpumpe als Begleitmusik. Ich bleibe solange bei eurem kleinen Schatz.“
Evie war sichtlich erleichtert, dass ihre Schwester sich einmischte. Finn merkte es, und im Grunde war er Lexi dankbar. Was hatte er sich gedacht? Ein Krankenhauszimmer mit einer gurgelnden Milchpumpe war wirklich nicht das richtige Ambiente für das, was er vorhatte.
„Gute Idee.“ Er lächelte. „Danke.“
Eine Dreiviertelstunde später suchten Finn und Evie sich einen Nischentisch in Pete’s Bar. Hier war es um diese Tageszeit ruhiger als in der Kantine, wo ständig jemand zu ihnen gekommen wäre, um ihnen seine
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