Julia Aerzte zum Verlieben Band 61
und Klimaanlagen, die rund um die Uhr in Betrieb waren, kaum noch versorgen. Die Gemüter waren allgemein gereizt. Aggressives Verkehrsverhalten, Hitzschlag und Dehydrierung griffen um sich.
Selbst für eine Stadt, wo jeden Sommer große Hitze herrschte, waren die Temperaturen extrem. Außerdem war es erst Frühling, und auf der anderen Seite der Welt kämpfte man mit einer neuen Grippe-Epidemie und einem späten Wintereinbruch.
Nat freute sich geradezu darauf, ins St. Auburn Hospital zu kommen und dort von kühler Luft empfangen zu werden. Alles war besser als ihre kleine enge Bude, die der Makler großartig „Stadthaus“ genannt hatte, in einem absolut windstillen Vorort, der unter der sengenden Sonne glühte.
Bald würde das allerdings auch keinen Unterschied mehr machen, da es so aussah, als müsste Nat zum Ende des Monats ausziehen.
Im achten Stockwerk betrat sie den überfüllten Lift. Dort hatte sie ein weiteres Hitzeopfer auf die Station gebracht und war nun auf dem Rückweg in die Notaufnahme. Da der Knopf fürs Erdgeschoss bereits gedrückt war, dachte sie an den Anruf, den sie von ihrem Makler erwartete. Heute sollte sich herausstellen, ob sie eine Mietverlängerung bekam oder nicht.
Erst als der Aufzug sich nach und nach leerte und sie dadurch mehr Platz hatte, bemerkte sie die anderen Passagiere. Zwei weitere stiegen im vierten Stock aus, und plötzlich war außer ihr nur noch eine andere Person übrig. Ein hochgewachsener Mann hinter ihr. Rasch warf Nat einen Blick über die Schulter.
Mit ironisch hochgezogenen Brauen sah Alessandro Lombardi sie an. Verflixt. Seitdem sie ihm vor zwei Wochen mehr oder weniger vorgeworfen hatte, ein miserabler Vater zu sein, hatte sie ihn nur kurz und aus der Ferne gesehen. Heute trug er ein blassgelbes Hemd und dazu eine elegante apricotfarbene Krawatte. Das Stethoskop hing ihm lässig um den Nacken.
Er sah verdammt gut aus, und sofort meldeten sich ihre Hormone. Während sich die Tür langsam schloss, drehte Nat sich wieder um und drückte mehrmals auf den Knopf zum Erdgeschoss, wobei ihr Herz heftig klopfte.
Ein Lächeln huschte über Alessandros Lippen, als er auf ihren Rücken schaute. Der blonde Pferdeschwanz hing über ihren Uniformkragen. Seit ihrem Ausbruch neulich hatte er sie nicht mehr aus der Nähe gesehen, aber er hatte oft genug von ihr gehört. Julian redete ständig von ihr, sodass sie schon in Alessandros Träumen vorkam.
Er stellte sich neben sie. „Guten Tag, Nat.“
Sie atmete tief durch, um sich zu beruhigen. „Dr. Lombardi.“ Doch sie drehte sich nicht um. Stattdessen drückte sie noch einige Male auf den ‚E‘-Knopf. Wieso war dieser blöde Aufzug so unendlich langsam?
„Achtung, sonst machen Sie ihn noch kaputt.“
Sie bemerkte den belustigten Unterton in seiner Stimme. Aber bei der Hitze heute und dem drohenden Rausschmiss aus ihrer Wohnung war sie dazu überhaupt nicht in Stimmung. Deshalb schlug sie noch einmal kräftig auf den Knopf.
Da kam der Lift quietschend und ruckartig ganz zum Stehen, sodass Nat stolperte und gegen Alessandro prallte.
„Porca vacca!“ , fluchte er halblaut.
Dann fasste er mit einer Hand ihren Ellbogen, und die Lichter gingen aus. Es dauerte ein paar Sekunden, ehe sie sich rührten.
Alessandro erholte sich zuerst. „Sind Sie okay?“
Seine große Hand fühlte sich auf ihrem Arm warm an, und für einen Augenblick lehnte Nat sich spontan an ihn. Ihr Herz pochte wie wild, während sie überlegte, was das größere Problem war: in einem Lift festzustecken oder mit Alessandro Lombardi eingesperrt zu sein.
„Sie wissen ja“, meinte Nat, die sich rasch seinem Griff entzog. „Wenn man eine Fremdsprache lernt, kriegt man immer als Erstes die Schimpfwörter mit.“
Alessandro lachte. „Ich bekenne mich schuldig.“
Sein leises Lachen wirkte seltsam bei einem Mann, der bisher nicht im Entferntesten einen fröhlichen Eindruck gemacht hatte. Aber der Klang schien sie in der Dunkelheit einzuhüllen und vermittelte ihr ein Gefühl der Sicherheit.
Eine Lampe flackerte und ging wieder an, und Alessandro rechnete damit, dass der Lift mit einem erneuten Ruck starten würde. Da jedoch nichts geschah, blickte er zu Nat herunter, die erwartungsvoll zur Decke schaute. Ihr blumiger Duft stieg ihm in die Nase, und als sie den Blick von der Decke abwandte und Alessandro ansah, spürte er den starken Impuls, ihr mit dem Finger über die Wange zu streichen.
Schnell trat er einen Schritt zurück. Die
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