Julia Aerzte zum Verlieben Band 61
liegen dürfen.“ Sie legte den Beutel beiseite und ging los, um einen neuen zu holen.
Megan blickte ihr verblüfft nach. „Willst du den etwa wegwerfen?“
„Muss ich. Ist vor einem Monat abgelaufen.“
„Aber man sieht doch, dass es in Ordnung ist.“ Sie hielt den Beutel gegen das Licht. „Klar und sauber. Das Zeug hält sich ewig, ist doch nur Salzwasser. In Afrika würden wir es ohne zu zögern verwenden.“
„Davon haben wir noch mehr.“ Anna hängte den frischen Beutel an den Infusionsständer. „Und nicht nur Kochsalzlösung. Ich wette, bei jeder Inventur fallen Hunderte von Kanülen und Spritzen an, die das Haltbarkeitsdatum überschritten haben. Hey, vielleicht sollten wir alles nach Afrika schicken …“
„Keine schlechte Idee. Ehrlich gesagt … sie ist sogar brillant! In meiner Klinik wären sie hellauf begeistert, wenn sie einen solchen Schatz an Vorräten ergattern könnten.“
„Man könnte auch Spenden sammeln“, mischte sich Claire in die Unterhaltung ein. „Hier in der Gegend gibt es viele Großmütter wie mich, und wir backen liebend gern für einen guten Zweck.“
„Oh, das kann ich nicht von Ihnen verlangen …“
Claire hob gebieterisch die Hand. „Kein Wort mehr, Liebes. Ich habe hier gelegen und mir den Kopf zerbrochen, wie ich Ihnen jemals danken kann, dass Sie mir das Leben gerettet haben. Jetzt weiß ich es. Und ich würde gleichzeitig den armen Kleinen in Afrika helfen. Perfekt.“
Da war es wieder, dieses Wort. Perfekt. Seltsam, dass es ihr jedes Mal einen Stich versetzte, wie von einer hauchfeinen Nadelspitze.
„Am besten redest du mit Albert White darüber“, schlug Anna vor. „Du brauchst die Genehmigung des Krankenhausleiters. Ich werde Luke fragen, mit wem du noch sprechen könntest. Wie wäre es, wenn du auch andere Krankenhäuser mit ins Boot holst? Du könntest Dutzende von Kisten füllen.“
Ihr Vorschlag kam Megan vor wie ein Geschenk des Himmels. Auch weil sie sich mit etwas anderem beschäftigen konnte, das sie von ihren Gedanken an Josh ablenkte.
Als sie kurz darauf an die Tür des Direktors klopfte, war sie Feuer und Flamme für ihr neues Projekt wie schon lange für nichts mehr.
Josh O’Hara verließ auf dem Weg zu seiner Mutter den Fahrstuhl und traute seinen Augen nicht. Nie hätte er erwartet, Megan Phillips und Albert White zu sehen, die sich gerade die Hände schüttelten, als hätten sie miteinander das Geschäft ihres Lebens gemacht.
„Josh!“, begrüßte ihn Albert bestens gelaunt. „Ich habe gehört, dass es deiner Mutter besser geht. Das ist sehr erfreulich.“
„Ja, ich bin auch froh.“ Josh sah Megan an. Bildete er sich nur etwas ein, oder wich sie seinem Blick aus?
„Du arbeitest heute doch wohl nicht?“, fuhr Albert tadelnd fort. „Ben meinte, er hätte für Vertretung gesorgt.“
„Ich besuche nur meine Mutter.“
„Ganz allein? Wo sind die Knirpse?“
„Eine von Mums Freundinnen aus der Großmuttergruppe passt auf sie auf. Sie ist allerdings schon Urgroßmutter. Du erinnerst dich bestimmt an Rita – die Sekretärin der Säuglingsintensivstation, die vor einer Weile in Rente gegangen ist?“
Albert zog die Brauen hoch. „Wer nicht?“
„Ich weiß. Aber sie ist netter geworden, seit sie nicht mehr arbeitet. Ihr Enkel Colin geht in dieselbe Kindergruppe wie meine Zwillinge. Wie auch immer …“
„Ja, ja. Ich muss weitermachen. Megan wird dir die guten Neuigkeiten verkünden.“
Verwundert blickte Josh dem Krankenhausleiter nach. „Irre ich mich, oder hat er sich buchstäblich die Hände gerieben?“
„Wahrscheinlich.“ Megan biss sich auf die Unterlippe.
„Worüber habt ihr gesprochen? Es sah aus, als hättet ihr ein Geschäft besiegelt.“
„Hmm.“ Noch immer vermied sie es, ihn direkt anzusehen.
Er seufzte stumm. Was immer es sein mochte, er hatte das dumpfe Gefühl, dass es sein Leben komplizierter machen würde.
Wie ein Reh auf der Flucht betrachtete Megan den Fahrstuhlknopf. Josh lehnte sich gegen die Wand. Um den Knopf zu erreichen, müsste Megan um ihn herum greifen.
„Ist es so ein großes Geheimnis?“
Seufzend atmete sie aus. „Nein. Ich schätze, du wirst es sowieso bald erfahren. Anna hatte da eine Idee …“
Er hörte zu, als sie ihm von dem Plan erzählte, medizinische Ausrüstung für ihre Klinik in Afrika zu sammeln. Eine großartige Idee, das musste er zugeben, aber irgendwann ertappte er sich dabei, dass er die Worte, die aus ihrem Mund kamen, kaum noch aufnahm,
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