Julia Aerzte zum Verlieben Band 61
kam prompt, auch ohne dass sie gefragt hätte.
„Natürlich würde er es niemals offen zugeben.“ Claires Stimme senkte sich zu einem Flüstern. „Aber er ist sehr einsam, das können Sie mir glauben.“
Langsam holte Megan tief Luft. Einsam? Mit zwei wundervollen Kindern und seiner Mutter, die abends auf ihn warteten? Mit dem Beruf, den Kollegen am Krankenhaus? Er kam nie in ein leeres Haus. Und hatte er nicht selbst gesagt, dass sein Leben perfekt sei?
Josh O’Hara braucht nicht einsam zu sein! dachte sie verstimmt. Er kann jede Frau haben. Damals, als sie ihm zum ersten Mal begegnete, war er ein begabter junger Arzt, der als notorischer Frauenheld galt. Ihre Kommilitoninnen beteten ihn an. Dass er sie, einen naiven Bücherwurm im letzten Studienjahr, überhaupt beachtet hatte, grenzte an ein Wunder. Und dass er ihr in einer leidenschaftlichen Nacht zeigte, wie erfahren er im Bett war, das hätte ihr sowieso niemand geglaubt.
Als sie ihn ein paar Tage später im Kreis seiner supercoolen Freunde wiedersah und Josh sie völlig ignorierte, da wurde ihr bitter bewusst, dass sie nur eine weitere Kerbe in seinem Bettpfosten gewesen war.
Was hatte sich seitdem geändert? Josh sah immer noch atemberaubend gut aus. Auf diese unfaire Weise, die manche Männer mit dem Alter noch attraktiver machte. Er strahlte ein unerschütterliches Selbstbewusstsein aus, was Megan nicht weiter erstaunte, da seine Notfallabteilung überall in den höchsten Tönen gelobt wurde. Josh war ein Alphatier, wie sie sich in den Chefetagen großer Konzerne tummelten, und seinem irischen Charme konnte niemand widerstehen. Beste Voraussetzungen, eine Frau zu erobern.
Wenn es ihm also an weiblicher Gesellschaft mangelte, warum unternahm er nichts dagegen?
Und warum berührte es sie mehr, als gut für sie war, dass er einsam sein könnte?
Weil sie sich trotz der neuen Wege, die sie in ihrem Leben eingeschlagen hatte, auch allein fühlte? Hatte sie wirklich geglaubt, dass sie die Leere, die Josh in ihrem Herzen hinterlassen hatte, je wieder füllen würde?
Megan verdrängte den Gedanken. Es ging sie nichts an, ob Josh einsam war oder nicht. Sie nahm all ihre Willenskraft zusammen und konzentrierte sich auf das, was sich vor ihren Augen abspielte.
Der Schlauch am intravenösen Zugang füllte sich mit Blut, weil der Infusionsbeutel leer war. Megan drückte auf den Klingelknopf.
„Ihre Infusion ist durchgelaufen“, sagte sie zu Claire. „Und ich muss jetzt gehen.“
Statt einer Krankenschwester betrat Anna Davenport kurz darauf das Zimmer.
„Hey …“ Sie lachte auf. „Du hast gerufen?“
„Wir brauchen zwar keine Chefärztin, um die Kanüle zu ziehen oder einen Beutel aufzuhängen, aber gut, dass du da bist. Dann kann ich dir gleich deine Schlüssel zurückgeben.“
„Und? Konntest du den Wagen nutzen?“ Anna warf einen Blick auf die festgeklebte Nadel in Claires Handrücken.
„Oh ja! Vielen, vielen Dank. Ich bin viel in Penhally Bay herumgefahren, um Handwerker zu suchen, die mir mein Cottage in Ordnung bringen. Bei den Preisen, die sie verlangen, tränen dir die Augen, aber immerhin haben der Klempner und der Elektriker versprochen, gleich morgen anzufangen.“
„Fantastisch.“ Prüfend betrachtete Anna den Monitor neben Claires Bett. „Sieht alles gut aus“, sagte sie zu ihrer Patientin. „Trotzdem möchte ich dich noch eine Weile am Tropf lassen. Betrachte es als Versicherungspolice gegen mögliche Komplikationen.“ Sie sah sich um. „Wo ist denn … Ah, da hinten.“ Sie ging zu dem Instrumentenwagen in der Ecke, blickte aber, während sie eine Schublade aufzog, über die Schulter zu Megan. „Wenn sie morgen anfangen, dann hast du immer noch keine Unterkunft, oder?“
„Für die nächsten Tage jedenfalls nicht.“
„Leistest du mir wieder Gesellschaft?“
„Gern.“ Das Cottage der Davenports lag am Meer, und das war für Megan mindestens genauso verlockend wie die Aussicht auf Annas Gesellschaft. „Und natürlich koche ich heute. Ich hole gleich meinen Mietwagen ab und kaufe ein.“
„Ach …“ Claire hatte aufmerksam zugehört. Jetzt lächelte sie strahlend. „Dann sind Sie ja ganz bei uns in der Nähe, Liebes. Sie müssen unbedingt zum Tee kommen, wenn ich wieder zu Hause bin.“
Anna kam mit einem Beutel Kochsalzlösung zurück und wollte ihn anstelle des leeren aufhängen, zog ihn jedoch mit einem frustrierten Ausruf zurück.
„Das Verfallsdatum ist abgelaufen. Das Ding hätte gar nicht im Wagen
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