Julia Aerzte zum Verlieben Band 61

sondern fasziniert beobachtete, wie sich ihre weichen rosigen Lippen bewegten. Dazu die Leidenschaft in ihrer Stimme und die Aufregung, die sich in ihren leuchtenden Augen widerspiegelte.
    Er fühlte sich wie ein noch nicht lange trockener Alkoholiker, dem man ein Glas Whisky unter die Nase hielt.
    Pure Versuchung.
    Josh hätte fast mit dem Finger ihre Lippen berührt, um den Redefluss zu stoppen, und sie dann geküsst, lange und verführerisch …
    Da merkte er, dass sie aufgehört hatte zu reden, und versuchte, ihre letzten Worte einzufangen, bevor sie endgültig aus seinem Bewusstsein verschwanden.
    „Ich verstehe nicht ganz, was das mit meiner Abteilung zu tun hat“, sagte er vorsichtig.
    „Albert hat mir ein Angebot gemacht, das ich nicht ablehnen konnte.“
    „Welches?“
    „Er wird alle geeigneten Medikamente und Instrumente spenden, die das St. Piran entbehren kann. Darüber hinaus will er seine Kollegen der umliegenden Krankenhäuser ansprechen, um sie für das Projekt zu gewinnen. Und er gibt sein Okay für eine Wohltätigkeitsveranstaltung im Namen des St. Piran, bei der Spenden für die Transportkosten gesammelt werden.“
    „Das ist wirklich ein großzügiges Angebot.“ Aber Albert hatte ausgesehen wie die Katze, die den Sahnetopf ausgeleckt hat. „Was bekommt er dafür?“
    „Mich“, sagte sie. „Ich habe zugesagt, die nächsten Wochen hier zu arbeiten, damit ein großes Vorhaben über die Bühne gehen kann. Albert fehlte noch ein Kinderarzt, der das Ganze fachlich begleitet.“
    Josh war froh, dass er bereits an der Wand lehnte. Jetzt verstand er auch, warum Megan so nervös gewesen war. Sie hatte gewusst, dass ihm die Sache nicht schmecken würde.
    „Meinst du die Schaffung neuer Räume für Triage und Beobachtung bei Kindernotfällen?“
    Sein Wunschtraum seit Langem schon. Auf kleine Kinder, vor allem wenn sie verletzt und verängstigt waren, musste die hektische Atmosphäre in der Notaufnahme mit den fremden Gerüchen und Geräuschen, dem Stöhnen oder den Schreien der Verletzten bedrohlich wirken. Manchmal war es gar nicht nötig, die Kleinen stationär aufzunehmen, aber sie mussten eine Zeit lang zur Beobachtung dableiben.
    Kindgerecht und freundlich gestaltete Zimmer, die dennoch so ausgestattet waren, dass lebensrettende Maßnahmen vorgenommen werden konnten, würden seine Notaufnahme in erheblichem Maße aufwerten.
    „Ja.“ Endlich blickte Megan ihn an. „Ich konnte nicht Nein sagen. Ich habe es versucht, Josh, aber es ging nicht.“
    Wirklich?
    Vielleicht wollte sie ihn ja bestrafen …
    Megan wiederzusehen hatte sein seelisches Gleichgewicht empfindlich erschüttert. Die Grundfesten seines neuen Lebens hatten Risse bekommen, seit sie in seinem Haus und so nahe bei seinen Kindern gewesen war. Natürlich war sie nicht mehr in seinem Haus, aber er spürte ihre Gegenwart. So sehr, dass es ihn den ganzen Tag verfolgt hatte, bis er schließlich widerstrebend Ritas Angebot, auf die Zwillinge aufzupassen, annahm. Damit er flüchten konnte. Nicht nur, um seine Mutter zu besuchen, sondern um dort Halt zu finden, wo sich die andere Hälfte seines Lebens abspielte.
    Im Krankenhaus, bei der Arbeit.
    Wie sollte er es ertragen, wenn Megan ihm hier jeden Tag über den Weg lief? Über Wochen?
    Wollte sie ihm das unter die Nase reiben? Ihm mit ihrer Anwesenheit Tag für Tag zeigen, dass er im Leben die falschen Entscheidungen getroffen hatte?
    Josh hielt ihren Blick fest, suchte nach einer Bestätigung dafür. Er wurde überrascht.
    Er las Furcht in ihren Augen.
    Wovor sollte sie Angst haben?
    „Ich könnte noch einmal mit Albert reden“, sagte sie leise. „Falls es für dich ein Problem ist, meine ich.“
    Plötzlich wurde ihm klar, warum sie befangen war. Sie wollte genauso wenig in seiner Nähe arbeiten wie er in ihrer. Weil sie nicht sicher war, ob sie es konnte.
    Das wiederum bedeutete, dass sie noch etwas für ihn empfand. Gefühle, die er zurückgewiesen hatte, als er sich entschied, an seiner Ehe festzuhalten und für seine Kinder da zu sein.
    Aber er war nicht mehr verheiratet.
    Würde das etwas ändern? Josh hatte keine Antwort darauf.
    Und wenn er versuchte, es herauszufinden? Wenn es die einzige Möglichkeit war, sich nicht für den Rest seines Lebens zu fragen, was mit Megan Phillips hätte sein können?
    Natürlich konnte er selbst mit Albert sprechen. Aber diese Lieferung nach Afrika musste Megan unglaublich viel bedeuten, wenn sie sich dafür in diese verletzliche Position