Julia Aerzte zum Verlieben Band 61
ein paar Wochen nicht mehr dort gewesen, kann also nichts darüber sagen. Vorher befanden sich alle Rohre im Freien.“ Sie konzentrierte sich auf die Straße. „Denken Sie an Inhalationsschäden? Die kann es aber auch draußen geben, wenn man dicht am Rohr steht …“
„Sicher.“
„Kann man bei Verbrühungen im Gesicht davon ausgehen, dass auch innere Verletzungen bestehen?“
Es gefiel Mak, dass sie mitdachte. „Ja. Wir sollten auf jeden Fall sofort intubieren, denn wenn durch den heißen Dampf inneres Gewebe geschädigt wurde, schwellen die Atemwege zu …“
„Und dann könnte eine Intubation später nicht mehr möglich sein“, ergänzte Neena. Sie genoss es, sich mit Mak auszutauschen, auch wenn sein plötzliches Auftauchen sie immer noch ein wenig irritierte.
War er wirklich nur zu ihrer Verstärkung gekommen? Oder gab es noch andere Gründe?
Hatte Theos Mutter ihn geschickt, die kühle, förmliche Helen Cassimatis, die sie nur von E-Mails und Briefen kannte?
Neena wagte einen Blick zu ihm hinüber und sah, dass er gedankenverloren aus dem Seitenfenster schaute.
Er war ein umwerfend gut aussehender Mann, aber …
Griechischer Name, griechischer Konzern …
Im Grunde hatte sie damit gerechnet, dass es nicht bei E-Mails bleiben würde. Theo hatte sich oft beschwert, wie sehr seine Familie ihn einengte. Doch auch wenn er wahrscheinlich übertrieben hatte, schien seine Mutter nicht zu den Frauen zu gehören, die die Flinte schnell ins Korn warfen. Im Gegenteil, sie würde wohl nichts unversucht lassen, um ihr Ziel zu erreichen.
Zuerst hatte sie Neena finanzielle Hilfe angeboten, dann vorgeschlagen, dass sie nach Brisbane ziehen könnte, wo sie und ihr Kind besser versorgt sein würden als im Outback. Im nächsten Brief stellte ihr die Familie eine mietfreie Unterkunft in Brisbane in Aussicht.
Und all das, damit die Familie Zugriff auf ihr Kind bekam! Dieselbe Familie, die Theo hervorgebracht hatte – einen charmanten, gut aussehenden und intelligenten, aber auch verhätschelten und verwöhnten Kerl, der es gewohnt war, stets seinen Willen zu bekommen. Wie an dem Abend, als sie in letzter Minute in Panik geraten war und Nein gesagt hatte. Theo hatte weitergemacht, als gehörte es zum Spiel dazu, dass die Frau sich ein bisschen sträubte.
Die Erinnerung daran schlug Neena auf den Magen, wie immer. Sie atmete tief durch, um den Druck zu mildern, und konzentrierte sich auf die Fahrbahn.
Schnurgerade erstreckte sich die Straße vor ihnen bis zum Horizont, ein schmales einspuriges Asphaltband. In der Ferne leuchteten die Lampen der Baustelle.
Schnell kamen die Lichter näher, wurden heller in der dunklen Nacht.
Wenig später hielt Neena neben dem Lagerbüro. Im Rückspiegel sah sie das blitzende Blaulicht des Krankenwagens. Sie sprang aus dem Auto, zerrte ihre Arzttasche vom Rücksitz und eilte in den hell erleuchteten Container.
„Wir haben sie mit sauberen Laken zugedeckt, wie Sie am Telefon gesagt haben, die Klimaanlage ausgeschaltet und jedem eine geringe Dosis Morphin gegeben“, empfing sie ein besorgt aussehender Mann.
Neena stellte ihre Tasche auf den Boden und öffnete sie. Mak kniete sich neben sie und dankte ihr im Stillen für ihre weise Voraussicht. Verbrennungsopfer kühlten schnell aus. Außerdem befanden sich die Körper im Schockzustand und brauchten Wärme.
„Nehmen wir jeder einen?“, fragte er knapp, als sie ihm den Sekretabsauger und den Endotrachealtubus reichte.
„Absaugen, intubieren und dann Flüssigkeit zuführen“, murmelte sie, mehr zu sich selbst.
„Großlumige Katheter in beide Arme“, sagte er.
Sie nickte. Das würde die Flüssigkeitszufuhr beschleunigen.
Noch während sie mit den Patienten beschäftigt waren, kamen die Sanitäter herein.
„Wir haben Spezialkompressen für Brandwunden dabei“, sagte der eine. „Sollen wir die Wunden damit abdecken?“
Abdecken oder nicht? Immer wieder stand Neena bei Brandverletzungen vor dieser Frage. Sie wandte sich an Mak, weil er über mehr Erfahrung verfügte.
„Sie werden zwar in eine Spezialklinik ausgeflogen, aber erst müssen sie zum Flugzeug transportiert werden. Da besteht die Gefahr einer Infektion. Decken wir sie besser ab“, sagte er und legte geschickt den zweiten Venenzugang. „Ist das Ringer-Lösung in dem Beutel?“
Neena nickte stumm und konzentrierte sich darauf, die Kanüle in den Arm ihres Patienten zu schieben.
„Da kommt der Flieger“, rief einer der Sanitäter, als über ihnen das
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