Julia Aerzte zum Verlieben Band 61
heute Abend alles ein paar Kilometer weiter in Baranock.“
Verdutzt sah der Mann sie an. „Baranock ist zweihundert Kilometer entfernt. Das nennen Sie ein paar Kilometer ?“
Neena musste lächeln. „Zweihundert Kilometer sind bei uns ein Katzensprung. Einige der Eltern leben noch einmal hundert Kilometer weiter entfernt, fahren aber trotzdem hin, damit ihre Kinder teilnehmen können.“
„Aber Sie sind nicht dabei“, betonte Mak völlig unnötig. Ihr Lächeln brachte ihn durcheinander, er verspürte einen seltsamen Druck im Magen. Vielleicht lag es aber auch an der Hitze.
„Jemand muss ja auf den Laden hier aufpassen und sich um hilflos herumirrende Ärzte kümmern. Also, wenn Sie sich ausweisen können, dürfen Sie hereinkommen und bei mir übernachten. Morgen suchen wir dann eine Unterkunft für Sie.“
„Habe ich richtig gehört, dass du einen Fremden hier übernachten lassen willst?“
Beim Klang der krächzenden Stimme, die aus dem dämmrigen Flur drang, unterbrach Mak die Suche nach seinem Ausweis und blickte auf.
„Hast du deine Lektion immer noch nicht gelernt, Mädchen?“
Das Mädchen drehte sich um. Ein kleiner rundlicher Mann kam den Flur entlang.
„Ned, mein guter Schutzengel“, sagte sie lächelnd. „Komm, ich möchte dir den neuen Arzt vorstellen.“
„Neue Ärzte lassen die Leute vorher wissen, dass sie kommen, und tauchen nicht unangemeldet mitten in der Nacht auf“, erwiderte der kleine Mann, der nun im Licht stand. Er hatte einen gebräunten kahlen Schädel, ein zerknittertes Gesicht und blassblaue Augen, mit denen er Mak misstrauisch musterte.
„Ich habe Dr. Singh bereits erklärt, dass sie eine E-Mail bekommen haben muss, und dass ich eine Stunde lang vergeblich versucht habe, eine Unterkunft in der Stadt zu finden. Hier sind mein Arztausweis vom St. Christopher Hospital in Brisbane – zurzeit bin ich allerdings auf Studienurlaub – und mein Führerschein. In meinem Gepäck befindet sich auch noch ein Schreiben von Hellenic Enterprises.“
Die Frau streckte die Hand aus, um die Ausweise zu nehmen, aber es war Ned, der die Fragen stellte.
„Und was steht da drin?“
„Eigentlich geht es Sie nichts an, aber wenn Sie es unbedingt wissen müssen: Hellenic Enterprises ist gewillt, für die Kosten eines weiteren Arztes und vielleicht auch einer Krankenschwester aufzukommen, wenn der Bedarf da ist.“
„Das fällt denen aber spät ein“, grummelte Ned. „Bedarf besteht schon länger. Ihre Leute sind seit einem Jahr hier.“
„Aber jetzt werden es noch mehr, Ned, da können wir Verstärkung gebrauchen“, meinte die junge Ärztin, wandte sich dann aber an Mak. „Was müssen Sie von uns denken? Wir unterziehen Sie hier einem richtigen Verhör! Kommen Sie bitte herein. Morgen wird Ned herumtelefonieren, ob jemand Ihnen privat ein Zimmer vermietet.“
„Was Sie anscheinend nicht vorhaben“, meinte Mak und folgte ihr über die Veranda in den herrlich kühlen Hausflur.
Sie drehte sich um und zog die sanft geschwungenen dunklen Augenbrauen hoch. „Was habe ich nicht vor?“
„Mir ein Zimmer zu vermieten.“
„Nein, das wird sie bestimmt nicht“, fuhr Ned auf, der ihm an den Fersen klebte.
„Für die Nacht können Sie ein Bett haben. Morgen unterhalten wir uns weiter.“ Mit einer anmutigen Handbewegung bat Neena Mak in den mit Rattanmöbeln gemütlich ausgestatteten Wohnraum. Halbhohe Bücherregale zogen sich an einer Wand entlang, und in einer Ecke sah er ein Klavier, auf dem mehrere gerahmte Fotografien standen. Auch hier war es angenehm kühl, obwohl Mak keine Klimaanlage summen hörte.
„Bitte, setzen Sie sich“, sagte seine Gastgeberin. „Haben Sie schon etwas gegessen? Ned kann Ihnen Toast oder ein Omelett machen, vom Mittag ist auch noch Hackbraten übrig.“ Sie blickte Ned an. „Dr. Stavrou möchte vielleicht ein Sandwich, Ned. Und einen Tee oder Kaffee oder vielleicht etwas Erfrischendes.“
Der rundliche Mann musterte ihn immer noch argwöhnisch wie ein Wachhund.
„Eine Tasse Tee und ein Sandwich wären großartig“, sagte Mak, „und auch der Hackbraten hört sich verlockend an, aber Sie müssen meinetwegen nicht aufbleiben. Wenn Sie mir die Küche zeigen, helfe ich mir selbst.“
„Nicht in meiner Küche“, grollte Ned und verschwand im Flur.
Neena wollte jedoch offenbar mehr über ihren unverhofften Besucher erfahren. „Sie sagten etwas von Studienurlaub, warum sind Sie dann hier? Sicher wollen Sie sich nicht mit den Problemen
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