Julia Aerzte zum Verlieben Band 61
Dröhnen einer Propellermaschine erklang.
„Okay, auf geht’s.“ Neena befestigte Schlauch und Beutel am zweiten Katheter und stellte die Tropfgeschwindigkeit ein. Dann griff sie nach dem Transportformular und vermerkte genau, welche Behandlung die Verletzten erhalten hatten. „Ihr zwei bringt die beiden Männer zum Flugfeld. Dr. Stavrou und ich kümmern uns um die anderen Verletzten.“
„Dr. Stavrou?“, fragte der Sanitäter, während sein Kollege Mak half, den Patienten auf die Trage zu heben.
„Mak Stavrou – Pete und Paul, zwei von vier Sanitätern hier vor Ort“, stellte Neena knapp vor.
„Vertritt er Sie, wenn Sie im Mutterschaftsurlaub sind?“
„Nein. Ich erkläre es Ihnen später.“
Die Leute würden noch früh genug erfahren, warum Mak Stavrou hier war. Und er würde schnell herausfinden, dass nicht jeder die Erkundungstrupps willkommen geheißen hatte oder mit der Versuchsanlage besonders glücklich war.
Und wenn sie wüssten, welchen Verdacht sie hatte, würde erst recht niemand glücklich sein. Die Leute hier beschützten die, die in ihrer Mitte lebten, und sie selbst gehörte definitiv dazu.
Neena unterdrückte ein Seufzen. Von allen behütet zu werden, war oft nicht einfach für sie. Auch wenn die Menschen es nur gut meinten …
„Sehen wir uns die beiden Leichtverletzten an“, sagte sie zu Mak, der sich gerade mit dem Vorarbeiter unterhielt.
„Sie sind in der Kantine. Ich bringe Sie hin“, erklärte der Vorarbeiter, als Mak Neena den Verbrennungskoffer abnahm. Dabei streiften seine schlanken, warmen Finger ihre Hand. „Sie sind nur leicht verletzt“, fuhr der Mann fort.
Neena folgte ihnen, ein wenig verwirrt, weil ihre Haut nach der flüchtigen Berührung immer noch prickelte.
„Als sie ihre Kameraden aus der Gefahrenzone zogen, strömte noch immer heißer Wasserdampf durch das Leck, aber es sind wohl nur oberflächliche Verbrennungen“, hörte sie den Vorarbeiter sagen.
Er hatte recht, wie sich gleich darauf herausstellte. Rasch waren die drei Männer versorgt.
„Lassen Sie den Verband bis Montag auf den Wunden, dann kommen Sie in die Praxis. Wir sehen uns alles an und verbinden neu, falls notwendig“, erklärte Mak ihnen.
Die Männer bedankten sich überschwänglich bei ihm, und Neena musste sich ein Lächeln verkneifen. Für die rauen Burschen des Outbacks war es selbstverständlich, dass der Arzt das Sagen hatte und nicht die Ärztin.
„Sieh zu, dass du ein Junge wirst“, murmelte sie und tätschelte liebevoll ihren Bauch, als sie auf dem Rückweg zum Wagen waren. „Männer haben’s einfach leichter im Leben.“
2. KAPITEL
Sieh zu, dass du ein Junge wirst?
Neenas gemurmelte Worte gingen Mak im Kopf herum, als sie die Baustelle wieder verließen.
„Wissen Sie schon, ob es ein Junge oder ein Mädchen wird?“, fragte er.
Neena wandte den Blick nicht von der Straße. „Ich will es nicht wissen …“, begann sie, aber weiter kam sie nicht.
Der Wagen prallte plötzlich gegen ein Hindernis, geriet ins Schleudern, und die Airbags wurden ausgelöst. Mak versank in einer weißen Wolke.
„Was zum Teufel …?“
Der leise Fluch verriet Mak, dass seine Begleiterin bei Bewusstsein war. Noch während er sich bemühte, sich vom Airbag zu befreien, hörte er, wie sie die Fahrertür öffnete.
„Alles in Ordnung?“, erkundigte sie sich. „Können Sie Arme und Beine bewegen? Sind Ihre Füße frei?“
Mak bewegte Füße und Beine. Der Fußraum war zwar kleiner geworden, aber es war nichts eingeklemmt.
„Ich bin bei Bewusstsein und habe keine Schmerzen, bin also vermutlich okay, und ja, meine Füße sind frei. Was war das? Gesehen habe ich nichts.“
„Wir haben ein Kamel gerammt. Man hatte mir erzählt, dass sich eine Herde in der Gegend herumtreibt, aber ich wollte es nicht glauben. Sie halten sich eher weiter westlich auf, in der Gegend von Alice Springs und in den Wüsten Westaustraliens. So wie es aussieht, war das Tier bereits tot. Ihre Seite hat am meisten abbekommen, der Kotflügel ist eingedellt und die Tür auch. Ich bezweifle, dass sie sich öffnen lässt. Hier ist ein Messer, können Sie damit den Airbag zerschneiden? Ich rufe den Abschleppwagen an.“
Sie drückte ihm das Messer in die Hand, und gleich darauf hörte er sie telefonieren. Als er schließlich aus dem Wagen gekrochen war, beleuchtete der intakte Scheinwerfer auf der Fahrerseite eine gespenstische Szene. Neena kniete neben dem großen leblosen Kamelkadaver und versuchte das
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